OB Frank Nopper sagt, er habe nicht „um Beifall heischen“ wollen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Über einen Internet-Post von OB Frank Nopper zu Tampon-Spendern im Rathaus wird in der Stadt heftig gestritten. Nicht er habe die Debatte ausgelöst, sagt der CDU-Politiker im Interview und kündigt an, er wolle nach der „Erhitzung“ auf Andersdenkende zugehen.

Der Streit über kleine weiße Kästen mit Hygieneprodukten in Frauen- und Männertoiletten des Rathauses ist so heftig, dass manche fürchten, die politische Kultur sei in Stuttgart in großer Gefahr. Der Oberbürgermeister von Stuttgart, Frank Nopper, bezieht Stellung zum Tampon-Streit im Rathaus.

 

Herr Nopper, im Streit über die Tampon-Spender vermissen Sie „Zwischentöne“. Haben Sie in Ihrem Facebook-Beitrag, der die Aufregung ausgelöst hat, womöglich die „Zwischentöne“ selbst vergessen? Bereuen Sie den Post?

Ich bereue den Post nicht, aber ich bedaure, dass die Diskussion eine so hohe Emotionalität, Erhitzung und Dimension erfahren hat. Um klarzumachen: Ich bin leidenschaftlich gegen Diskriminierung jedweder Art. Mir ging es nicht um Tampons in Herrentoiletten, ich war aus Gründen der praktischen Umsetzbarkeit gegen solche Hygieneartikel in öffentlich zugänglichen Toiletten jedweder Art. Nicht mein Post hat die Debatte ausgelöst, sondern die „Bild-Zeitung“, die geschrieben hat, ich hätte die Aufstellung eines Tampon-Spenders angeordnet.

Von einer Gegendarstellung von Ihnen in „Bild“, die man machen kann, wenn falsch berichtet wird, ist uns nichts bekannt. Die Entscheidung fiel im Gemeinderat, auch mit Stimmen der CDU. Gilt die Pflicht für Demokraten, mit Beschlüssen der Mehrheit zu leben, für einen Oberbürgermeister nicht?

Natürlich akzeptiere ich die Mehrheitsmeinung des Gemeinderats. Aber ich darf auch klarstellen, dass ich für eine andere Entscheidung plädiert habe. Zur Demokratie gehört auch, dass die Bürgerschaft weiß, wer für etwas und wer gegen etwas ist.

Dafür haben Sie auch viel Zuspruch erfahren. Freut Sie das? Fürchten Sie, dass die Nachricht „Tampons auf Männerklos“ zu Spott über Stuttgart führt?

Ich wollte zu keinem Zeitpunkt um Beifall heischen. Es ging mir allein darum, meine Position darzustellen. Die Ausstattung von öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Toiletten aller Art mit Hygieneartikeln ist nicht Aufgabe der kommunalen Daseinsfürsorge. Um das Thema nicht zu befeuern, habe ich Interviewanfragen von mehreren Fernsehsendern abgelehnt.

Dafür haben Sie das Thema über die sozialen Medien befeuert, was zu großer Verärgerung in der Rainbow-Community führt. Haben Sie nicht bedacht, dass Sie mit Ihrem Post Trans*menschen verletzen, um die es bei diesem Thema in erster Linie ja geht?

Meine Position richtet sich doch gar nicht gegen die Regenbogenfamilie. Meine Position ist vielmehr, dass nirgends Hygieneartikel hinkommen – in keine öffentliche Toilette welcher Art auch immer. Nichts liegt mir ferner, als irgendjemand auszugrenzen, zu beleidigen oder zu verletzen.

Kritiker sagen, der liberale und tolerante Geist vom Manfred Rommel geht unter Nopper verloren. Muss Stuttgart auf diese bundesweite Vorbildfunktion in Sachen Toleranz künftig verzichten?

Manfred Rommel war ein wichtiger Berater, Förderer und Unterstützer in meinem allerersten Backnanger OB-Wahlkampf. Er ist in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Ich habe mich mit ihm immer wieder über Toleranz, Liberalität und Duldsamkeit unterhalten. Er war stets ideologiefrei, pragmatisch und sparsam. Er hat sich bei großen Fragen für Toleranz entschieden – etwa bei der Beisetzung von RAF-Mitgliedern auf dem Dornhaldenfriedhof. Ich denke, auch wir sollten uns den zentralen Fragen von Toleranz zuwenden – etwa der Meinungsfreiheit in einer offenen und demokratischen Gesellschaft.

Sollte ein OB nicht integrativ sein wie ein Staatsoberhaupt? Wie wollen Sie die völlig zerstrittenen Gruppen der Stadtgesellschaft zusammenführen?

Ein Oberbürgermeister kann sich nicht wie der Bundespräsident aus den Fragen des politischen Tagesgeschäfts raushalten. Da der OB nicht allein repräsentative, sondern auch operative und kommunalpolitische Aufgaben hat, muss er sich auch positionieren. Dennoch sollte er auf Ausgleich bedacht sein und die verschiedenen Gruppen so weit wie irgend möglich zusammenführen. Ich bin gerne bereit, nach dieser überhitzten Debatte auf alle Andersdenkenden im Gemeinderat zuzugehen. Ich nehme weder in dieser Frage noch in allen anderen Fragen für mich in Anspruch, im Besitz der allein gültigen Wahrheit zu sein und gehe davon aus, dass auch andere diesen Anspruch nicht erheben.