Yahoo’s Headquarter in Sunnyvale, Kalifornien, der Konzern hat Millionen Nutzer – die soll er für US-Behörden ausgespäht haben. Foto: AP

Yahoo steht unter Spionageverdacht: Nach Medienberichten soll der US-Internetkonzern in gigantischem Stil die E-Mails seiner Nutzer für die US-Sicherheitsbehörden ausgespäht haben.

Washington - Yahoo soll für US-Behörden die Maileingänge seiner Nutzer ausgespäht haben. Der Internetkonzern nannte die Berichte am Mittwoch zwar „irreführend“, wies sie aber auch nicht vollständig zurück. Den Berichten zufolge soll Yahoo mit einem eigens auf Anordnung der Behörden entwickelten Programm sämtliche eingehende Mails auf den Konten seiner Nutzer überprüft haben.

Der Konzern beteuerte, dass er jede Anfrage der Behörden nach Nutzerdaten „eng“ auslege. Das in den Berichten beschriebene Programm zum Scannen von Mails „existiert in unseren Systemen nicht“, hieß es in einem knappen Statement.

Der Konzern hatte schon vor zwei Wochen für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, als er zugeben musste, im Jahr 2014 Opfer eines großangelegten Hackerangriffs geworden zu sein. Die Kriminellen erbeuteten nach Angaben des Unternehmens eine halbe Milliarde Nutzerdaten - von E-Mail-Adressen über Telefonnummern bis hin zu Passwörtern.

Die jetzigen Berichte könnten den Konzern noch weiter in die Bredouille bringen. Denn Yahoo-Chefin Marissa Mayer soll der Anordnung der Behörden nachgekommen sein, ohne Widerstand zu leisten. Zudem könnten die angeblichen Spionageaktivitäten des Konzerns alle bisher bekannten Dimensionen sprengen. Laut den Berichten ist es möglicherweise das erste Mal, dass ein Unternehmen auf Anfrage der Behörden sämtliche eingehende E-Mails in Echtzeit ausgewertet hat. Bisher wurde nur bekannt, dass Konzerne bereits abgespeicherte Mails oder eine kleinere Zahl von Nutzerkonten in Echtzeit durchforstet haben.

FBI oder NSA stecken möglicherweise dahinter

Es ist zudem womöglich das erste Mal, dass ein Unternehmen auf Anweisung der Behörden eine spezielle Spionage-Software entwickelt hat. Nach welchen Informationen die Sicherheitsbehörden suchten und ob Yahoo dann tatsächlich Informationen aus dem Mailverkehr seiner Nutzer an die Behörden weiterreichte, ist allerdings unklar. Die Anordnung an den Konzern soll den Berichten zufolge im April 2015 ergangen sein und entweder von der Bundespolizei FBI oder vom Geheimdienst NSA gekommen sein, dessen weltweite massive Spähaktivitäten von dem Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enthüllt worden waren.

Das US-Amt für die Koordination der Geheimdienste, dem auch die NSA untersteht, wollte die Berichte nicht näher kommentieren. Die Behörde mache keine Angaben zu „spezifischen Techniken“ für das Sammeln von Geheimdienstinformationen, hieß es in einer Erklärung. Allerdings betonte die Behörde, dass die Geheimdienste „nicht wahllos die E-Mails oder Telefonanrufe normaler Leute überprüfen“.

In Irland, wo Yahoo seinen europäischen Sitz hat, erklärte die Datenschutzbehörde, sie werde ihre Untersuchungen zum Hackerangriff auf Yahoo nun auf die Berichte über angebliche Spähaktivitäten des Konzerns ausweiten. „Jegliche Form der Massenüberwachung, die in die Grundrechte von EU-Bürgern eingreift“, wäre ein Anlass zur erheblicher Sorge, erklärte die Behörde.

Andere große US-Internetkonzerne wie etwa Facebook, Microsoft oder Twitter versicherten unterdessen, dass sie keinerlei ähnliche Anweisung der US-Sicherheitsbehörden erhalten hätten wie angeblich Yahoo. Sollte eine solche Anordnung ergehen, „würden wir uns dagegen wehren“, erklärte Facebook.