Wenn man Jahrzehnte in die Rentenkasse eingezahlt hat, sollte die Rente auskömmlich sein. So dürften viele Arbeitnehmer hoffen. Doch die Realität sieht oft anders aus. Vielen droht Altersarmut.
Millionen Menschen in Deutschland steuern trotz jahrzehntelanger Beitragszahlungen auf niedrige Renten zu.
Rund 6,91 Millionen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte würden mit ihrem aktuellen Verdienst nach 45 Jahren mit entsprechenden, konstanten Beitragszahlungen nur bis zu 1300 Euro Rente erhalten. Das zeigt die Regierungsantwort auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten und BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht.
Das Bundesarbeitsministerium weist allerdings darauf hin, dass die in der Fragestellung vorgegebene Annahme unrealistisch sei – nämlich ein über den gesamten Erwerbsverlauf unverändertes Lohnverhältnis.
Viele niedrige Renten Ostdeutschland
Die regionalen Unterschiede sind hoch. Nach einem kompletten Arbeitsleben in Vollzeit droht vor allem in Ostdeutschland vielen eine Rente unter 1300 Euro. Bundesweit wäre knapp jeder dritte Vollzeitbeschäftigte betroffen - im Osten fast jeder zweite.
Seit 2012 wird das reguläre Renteneintrittsalter stufenweise von 65 auf 67 Lebensjahre angehoben. Will man eine Altersrente für langjährig Versicherte beziehen, braucht man dazu 35 Beitragsjahre, für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte 45 Jahre.
Angehörige bestimmter Jahrgänge können ohne Abschläge vor ihrem 67. Geburtstag in Rente gehen, wenn sie 35 Jahre eingezahlt haben. Für alle, die 1964 oder später geboren sind, liegt das Renteneintrittsalter auch nach 35 Beitragsjahren bei 67 Jahren. Grundsätzlich früher ohne Abschläge in Rente gehen kann man nach einer Versicherungszeit von 45 Jahren.
Wagenknecht: SPD seit 20 Jahren für Rente verantwortlich
Laut der Regierungsantwort bleiben nach 40 Versicherungsjahren rund 9,3 Millionen Menschen unter 1300 Euro Rente, wenn sie immer so verdient haben wie heute.
Wagenknecht greift auf Basis der Zahlen indirekt den für die Rente verantwortlichen Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an. „Seit 1998 stellt die SPD mehr als 20 Jahre die für die Rentenpolitik zuständigen Minister“, betonte Wagenknecht. „Im Ergebnis erwartet jeden dritten Arbeitnehmer in Vollzeit eine Rente von weniger als 1300 Euro.“
Wagenknecht spielte auf ein Wahlkampfversprechen des damaligen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz an, das der SPD-Politiker im Bundestagswahlkampf 2021 ins Zentrum gerückt hatte. Scholz hatte mehr Respekt versprochen – und wurde dann Kanzler.
„Das ist eine Respektlos-Bilanz“
Wagenknecht sagte mit Blick auf die Renten: „Das ist eine Respektlos-Bilanz gegenüber der hart arbeitenden Mehrheit im Land.“ Es sei Zeit, dass die Sozialdemokraten die Verantwortung für die gesetzliche Rente nach der Bundestagswahl verlieren, „um sie nicht länger herunterwirtschaften zu können.“
Wagenknecht versprach, mit dem nach ihr benannten Bündnis solle eine Rentenversicherung wie in Österreich kommen, in die alle Berufstätigen einzahlten – auch Politiker. In Österreich lägen die Renten für langjährig Versicherte im Schnitt rund 800 Euro im Monat höher als in Deutschland.
Sozialleistungen im Alter
Wenn die Rente nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, können Rentner Sozialleistungen beantragen. In Deutschland beziehen so viele Rentner wie nie zuvor Grundsicherung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erhalten 3,4 Prozent der rund 21 Millionen Rentner Grundsicherung.
Steigt die Zahl der Rentner mit Grundsicherung?
Ja, und zwar deutlich. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis)waren in den ersten drei Monaten diesen Jahres 684 000 Rentner auf Grundsicherung angewiesen – 90 000 mehr als 2022. Dies entspricht im Jahresvergleich etwa einem Anstieg um 15 Prozent.
Besonders von Altersarmut betroffen sind demnach Frauen. Den Daten zufolge bezogen zuletzt sechs von zehn Rentnerinnen Grundsicherung.
Wie groß sind die Rentenunterschiede bei Männern und Frauen?
Nach mindestens 45 Versicherungsjahren erhalten die Deutschen im Durchschnitt eine monatliche Rente von 1543 Euro.
Der Unterschied zwischen Frauen und Männern beträgt demnach mehrere hundert Euro: Männer kämen nach 45 Versicherungsjahren auf eine Rente von durchschnittlich 1637 Euro und Frauen auf 1323 Euro pro Monat.
Die durchschnittlichen Renten im Westen und im Osten des Landes gehen dem Bericht zufolge ebenfalls auseinander: In Westdeutschland bekommen Männer und Frauen demnach nach 45 Jahren in der Rentenversicherung durchschnittlich 1605 Euro im Monat. Im Osten seien es hingegen nur 1403 Euro im Monat.
1000 Euro für jeden vierten Rentner
Auf weniger als 1000 Euro im Monat kommt der Berechnung zufolge etwa jeder vierte Rentenempfänger. Die durchschnittliche Brutto-Rente hierzulande lag laut dem Rentenatlas 2023 der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 bei 1728 Euro bei den Männern und 1316 Euro bei den Frauen.