Immer in Bewegung: Die Nürtinger Tänzerin, Choreografin und Filmemacherin Zejnep Stauch-Demirova. Foto: Gaby Weiß

Die Nürtinger Powerfrau Zejnep Stauch-Demirova ist deutsche Meisterin im Hip-Hop. Hier spricht sie darüber, wie man ein Vorbild wird – und warum sie mit Michael Jackson aufgetreten ist.

Ob Stars aus der Rap- und Breakdance-Szene oder Jugendliche aus Hip-Hop-Kursen an den Jugendhäusern in Wendlingen und Nürtingen – sie alle finden in der Choreografin und Tanztrainerin Zejnep Stauch-Demirova ein aufmerksames Gegenüber: „Wir arbeiten miteinander. Aber sie erzählen mir auch von sich, und ich höre zu.“ Sie hat immer ein offenes Ohr für die Sorgen anderer, und mehr als einmal konnte sie in schwierigen Zeiten helfen: „Das macht mich glücklich. Wir sind einen Weg zusammen gegangen und gemeinsam gewachsen.“

 

Die 53-Jährige aus Nürtingen ist für viele ein Vorbild – als Tänzerin „Lady Nep“, als Künstlerin, als Koordinatorin des Ganztagsbildungsangebots an den Nürtinger Realschulen – und als Powerfrau, die anpackt und dabei auch noch jede Menge Spaß hat.

Tod des Vaters war ein schwerer Schlag für Zejnep Stauch-Demirova

Egal, was Zejnep Stauch-Demirova macht – sie sieht immer den Menschen: „Ich bemerke seine Gefühle, und ich sehe, was er braucht. Ich glaube an die Liebe, die Gott uns gegeben hat, wie er uns bestimmte Gaben geschenkt hat.“ Wobei sie in jüngster Zeit schmerzhaft erfahren musste, dass auch ihre Kräfte endlich sind. Als ihr Vater starb, brach für sie eine Welt zusammen: „Er war mein Häuptling, mein Seelenverwandter, mein Bro, mein Berater, mein Zuhause.“

Nach seinem Tod musste sie sich zum ersten Mal eingestehen: „Ich bin leer, ich weiß nicht mehr weiter. Ich musste lernen, dass ich mich erst einmal um mich selbst kümmern muss.“ Und das hat sie auch ihren zahlreichen Followern auf Social Media sehr offen mitgeteilt, um ihnen zu zeigen, dass auch sie keine übermenschliche Energie besitzt: „Man darf auch Schwäche zeigen.“

Zejnep Stauch-Demirova stammt aus dem heutigen Nord-Mazedonien

Zejnep Stauch-Demirova produziert neue Videoclips, unterstützt durch ihren Produzenten Bogdan Vlasceanu. Foto: Gaby Weiß

Schon als Dreijährige tanzte Zejnep Stauch-Demirova im heutigen Nord-Mazedonien im klassischen Ballett. Als sie mit fünf Jahren nach Deutschland kam, die Familie anfangs in einer Einzimmerwohnung in Wolfschlugen lebte, vermisste sie das Tanzen sehr. Nachdem ihr Vater sie zu einem Schnupperkurs im Ballett angemeldet hatte, überzeugte sie auf Anhieb mit Talent und Können: „Ich durfte gleich mit den Älteren mittanzen, ich war bei allen Aufführungen vorne mit dabei, und ich musste keine Kursgebühren bezahlen. Die hätten wir uns damals auch gar nicht leisten können.“

Nach Jahren des Balletttrainings wollte sie mit zehn Jahren etwas Neues: „Ich wollte im Tanzen das Gefühl von Freiheit ausleben, ich wollte die strengen Formen und das Eingesperrtsein in tänzerische Vorgaben nicht mehr.“ Im Nürtinger Jugendhaus fand sie Jungs, die Breakdance und Hip-Hop machten: „Sie haben die Moves vorgemacht, ich hab’s nachgemacht, und sie haben mich in ihre Gruppe aufgenommen – als Jüngste und als einziges Mädchen in dieser Männerdomäne.“

Auftritte mit Michael Jackson und DJ Bobo

Nur zu gerne erinnert sie sich zurück: „Zwei Jahre später haben wir in Stuttgart in der Königstraße Kartons auf den Boden gelegt und getanzt. Ich war klein und zierlich, hatte lange dunkle Haare mit Zöpfchen. Und die Leute waren begeistert und haben uns jede Menge Geld gegeben.“ Davon konnte sich die Truppe die ersten Jogginganzüge für ihre Auftritte leisten. Aber Zejnep Stauch-Demirova wollte mehr und krönte ihre Karriere als Tänzerin mit sechs deutschen Hip-Hop-Meistertiteln im Einzel und sieben in der Gruppe. Bis heute sitzt sie bei Wettbewerben in der Jury.

Sie arbeitet mit großen Stars genauso zusammen wie mit Jugendlichen: Zejnep Stauch-Demirova (vorne rechts). Foto: Gaby Weiß

Nachdem sie sich in der Szene einen Namen gemacht hatte, wurden Plattenfirmen auf sie aufmerksam, und sie arbeitete als Tänzerin und Choreografin mit Stars wie dem Rap-Pionier Kurtis Blow, den Rödelheim-Hip-Hoppern, dem Schweizer DJ Bobo und Cosimo Citiolo, dem „Checker vom Necker“. Sie erarbeitete Choreografien für Models auf dem Laufsteg und für Videoclips von Playmates. Berühmtheit hin oder her, Zejnep Stauch-Demirova redet trotzdem immer Tacheles: „Ich sage ihnen deutlich, wenn etwas ihre Fähigkeiten überfordert. Und ich verspreche ihnen: Wir machen eine Choreografie, die zu Dir passt, die Du tanzen kannst. Sie wissen, dass ich für sie das Beste rausholen will, damit sie gut aussehen.“ Eines ihrer persönlichen Highlights war ein Auftritt mit Michael Jackson, wo sie für eine erkrankte Tänzerin einsprang: „Er hatte so eine unglaubliche Spiritualität auf der Bühne, einfach großartig.“

Zejnep Stauch-Demirova macht bei Ungerechtigkeiten den Mund auf

Die sozialen Medien, Musik, Tanz und Film nutzt Zejnep Stauch-Demirova nicht nur in eigener Sache, sondern auch, um ernste Themen anzusprechen. Sie schreibt Drehbücher und führt Regie bei Videos über Völkerverständigung, gegen Fremdenangst und für ein friedliches Miteinander. Für die internationale Kampagne „One Billion Rising“ setzte sie mit ihren Jugendgruppen tänzerisch ein Zeichen gegen die Gewalt an Mädchen und Frauen. Und mit einem Kurzfilm gegen Cyber-Mobbing ermutigte sie Betroffene, über ihre Probleme zu sprechen und sich Hilfe zu suchen. Den Mut, bei Ungerechtigkeiten den Mund aufzumachen, habe sie von ihrem Vater geerbt. „Das hat er mir beigebracht und vorgelebt. Das trage ich weiter.“

Tanzen als Lebensaufgabe

Disziplin
Tanz, egal ob klassisch oder modern, fordert sehr viel Disziplin und tägliches Training. „Das ist ein Ritual für mich und gehört zu meinem Tag wie das morgendliche Kaffeekochen. Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit fordere ich auch von den Jugendlichen in meinen Kursen“, erzählt die Nürtinger Hip-Hop-Expertin Zejnep Stauch-Demirova.

Inspiration
Auf der anderen Seite biete das Tanzen große Freiheit. „Tanzen bedeutet Rhythmus, Musikalität, Kreativität, Spaß und Lust am Leben. Das Tanzen hat mich in meinem Leben von vielen Dingen ferngehalten, die sicher nicht gut für mich gewesen wären. Und das Tanzen baut mich auf, wenn ich mal nicht so gut drauf bin“, sagt die Choreografin.

Fundament
Von ihrer klassischen Ballettausbildung profitiert Stauch-Demirova bis heute. In ihren Choreografien finden sich Elemente aus Ballett, Jazz, Hip-Hop, Breakdance und Modern Dance. „Wenn ich einen Beat höre, fließen die Ideen fürs Tanzen einfach so aus mir heraus“, ist sie dankbar. „Energie tanke ich in der Familie, bei Freunden und im Zwiegespräch mit Gott.“