Hoch das Bein. Die Tanzlehrerin Mareli Schröter hat schon im zarten Alter von sechs Jahren in Durban Ballett getanzt. Foto: Horst Rudel

Die frühere Profitänzerin Mareli Schröter vermittelt in Nürtingen mit ihrem Programm Ladies Solo Dance etlichen Frauen Spaß und Selbstvertrauen. Alter oder Können spielen dabei keine Rolle.

Nürtingen - Der Song „This is me!“ aus dem Musicalfilm „The Greatest Showman“ spricht Mareli Schröter aus dem Herzen. „Ich war schon immer die Art von Mädchen, das ihr Gesicht versteckt hat. Ich hatte Angst der Welt zu sagen, was ich zu sagen hab’. Aber ich habe diesen Traum mitten in mir, werde ihn rauslassen, es ist an der Zeit“ – mit diesen Zeilen in der deutschen Übersetzung beginnt das Stück, das die frühere Profi-Tänzerin aus Südafrika gerade mit ihrer „Ladies Solo Dance“-Gruppe in einem Nürtinger Tanzsaal einstudiert.

Manche Frauen werden in ihrer Weiblichkeit neu gestärkt

Es ist diese Suche nach dem Kern der eigenen Persönlichkeit, dieses Aus-sich-Herausgehen, das die Tanzlehrerin und die Frauen in dem Kurs antreibt. „Jetzt habe ich herausgefunden, wer ich bin. Es gibt keine Möglichkeit es zurückzuhalten. Ich kann nicht verstecken, wer ich sein möchte. Das bin ich“ mit dieser Message endet das Stück „This is me!“

Tanz als Ausdrucksmittel und Bewegungsmöglichkeit – Mareli Schröters Angebot ist offen für alle. „Manche Frauen tanzen nur aus Spaß“ – und weil sie die Showtanz-Aufführungen, etwa mit Hüten, Spazierstöcken und Schals aufregend finden. Manche kommen, so Mareli Schröter, wegen des „körperlichen und geistigen Fitnessworkouts“. Und für einige sei der Solo Dance in der Gruppe „eine wertvolle und nötige Bestätigung ihres Selbstwerts und ihrer Weiblichkeit“.

Die Teenagerin wollte mit einem Zirkus auf und davon

Wechseljahre, Depression, Verlust des Partners, Empty-Nest-Syndrom – „es ist bewegend und ermutigend, wenn mir Frauen, denen eine Brust oder die Gebärmutter entfernt wurde, erzählen, dass ihnen Ladies Solo Dance sehr dabei geholfen hat, sich wieder weiblich zu fühlen“, sagt die Tanzlehrerin und Choreografin, die schon im zarten Kindesalter mit Ballett begonnen hat. Besonders auch in Gymnastik war die junge Mareli gut. „Ich war wagemutig und habe mich nie gescheut, Neues auszuprobieren“, erinnert sich die 66-Jährige, die damals noch Mareli Richards hieß.

Trapezkünstlerin wollte sie erst werden. Doch sie verfehlte dieses Berufsziel. „Mit 14 ging ich zu einem Zirkusdirektor und bat ihn inständig, mich aufzunehmen. Um ihn zu überzeugen, fing ich an zu tanzen und machte Radschläge und Salti. Er erklärte mir, dass das Mitreisen mit einem Zirkus quasi dasselbe wie eine Entführung wäre und ich besser schnell wieder nach Hause gehen sollte .“

Von der Go-go-Tänzerin zum Profi und zur Tanzlehrerin

Stattdessen wurde sie nach der Schule Go-go-Tänzerin. Das war Ende der 60er-Jahre, eine Zeit geprägt von Op-Art, Miniröcken und Discos. „Wir waren eine Gruppe von Mädchen, die auf einem Podest auf der Disco-Tanzfläche jeweils 20 Minuten lang tanzten. Begleitet wurden wir von bunten Lichtern und Stroboskoplampen, die zu ,Build me up Buttercup‘ aufblitzten.“

Mareli verließ Durban und ging nach London. „Mein Plan war es, Hippies kennenzulernen und in einem alten Bus durch Europa zu reisen.“ Mit Gelegenheitsjobs hielt sie sich über Wasser. Dann schloss Mareli eine Ausbildung als Tanzlehrerin ab. Sie unterrichtete in England, Irland, Südafrika und Namibia. Zudem tanzte sie bei TV-Shows, auf der Bühne und in Clubs. „Ich liebte einfach den Rausch der Aufführung“, sagt sie. Ihre letzte Show tanzte sie mit 56. „El Beso“ – eine von ihr selbst choreografierte Tangoshow. „Die Show lief sehr gut am Little Theatre in Kapstadt. „Mein Sohn war der Regisseur und meine Tochter die Haupttänzerin. Kann man sich noch etwas Besseres vorstellen? Das war der perfekte Moment, um meine Showtanz-Schuhe an den Nagel zu hängen.“

Das Tanzen und das Leben gelingt auch ohne Partner

Mit ihrem Mann Eddy, einem Deutschen, der in Südafrika gearbeitet hatte, zog sie nach Nürtingen. Viele Frauen wollen tanzen, war ihre Erfahrung, haben aber keinen Partner. Doch braucht es den? Mareli Schröter entwickelte einfach „Ladies Solo Dance“. Die Eleganz der Gesellschaftstänze und die frech-verführerischen Figuren der lateinamerikanischen Tänze reichert sie an mit Fun-Elementen von Pop bis Hip Hop. Es gibt unterschiedliche Gruppen und Leistungsniveaus, derzeit ist die Jüngste 37, die Älteste 82. Alle eint der Spaß am Tanzen, solo in der Gruppe. „Einen Partner zu haben ist gut, aber nicht lebensnotwendig“, das gilt für Mareli Schröter für den Tanz und das Leben ganz allgemein.