Das Gebiet rechts von den Gleisen soll zu einem attraktiven Viertel werden. Foto: Jens P. Knittel

Doppelt so viele Architektenbüros als gedacht wollen Entwürfe für das Entwicklungsgebiet erarbeiten.

Nürtingen - Die Resonanz ist beachtlich und übertrifft die Erwartungen der Nürtinger Stadtverwaltung bei weitem. 55 Bürogemeinschaften haben sich im Rathaus registrieren lassen, um am Wettbewerb Bahnstadt teilzunehmen. Ziel des Wettbewerbes ist es, aus dem Gebiet um den Bahnhof Nürtingen einen zentraler Anlaufpunkt für die Bevölkerung zu schaffen. Auf 8,5 Hektar soll ein lebendiges Nebeneinander von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Einkaufen mit Impulsen für die gesamte Stadt entstehen. Zudem soll der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) von seinem jetzigen Standort auf die Parkplatzfläche nördlich des Bahnhofs – das ehemalige Güterbahnhofareals – verlegt werden.

Die Mitarbeiter vom Stadtplanungsamt hatten gehofft, dass sich mindestens 25 Bürogemeinschaften bewerben. Dass es nun mehr als doppelt so viele sind, sei sehr erfreulich, wie die Stadtplanerin Heidrun Eissele erklärt: „Es zeigt das große Interesse an diesem Areal. Viele Bewerber, auch über die lokalen Grenzen hinaus, haben erkannt, was für attraktives Gebiet das im Nürtinger Zentrum ist.“

Jugendliche sollen bei Entwürfen mitreden können

Der Wettbewerb befindet sich jetzt in der ersten Phase, die am 28. März endet. Bis zu diesem Zeitpunkt erstellen die Bürogemeinschaften eine städtebauliche und freiraumplanerische Konzeption, also einen groben Entwurf. Nach Abschluss der ersten Phase entscheiden Preisrichter über das „Weiterkommen“ der einzelnen Bürogemeinschaften.

10 bis 15 Büros werden von den Fachleuten des Preisgerichts ausgesucht, damit diese ihren Projektentwurf detailliert und intensiv in der Leistungsphase zwei aufarbeiten. Fachpreisrichter sind hierbei Stadt- und Landschaftsplaner, und die Sachpreisrichter sind hauptsächlich Gemeinderäte aus den unterschiedlichen Fraktionen. „Das Besondere hierbei ist, dass wir sogar zwei Mitglieder des Jugendrates dabei haben“, sagt Heidrun Eissele weiter. Dadurch könne auch die Jugend in Nürtingen an das langfristige Projekt Bahnstadt gebunden werden.

Kommunalpolitiker sprechen von einer „Jahrhundertchance“

Diese zweite und damit letzte Wettbewerbsphase endet am 11. August. Erst danach wird das Preisgericht endgültig über die Preisträger entscheiden. Im Anschluss werden die Wettbewerbsarbeiten öffentlich ausgestellt. Geldpreise gibt es für die drei Erstplatzierten, sowie für zwei Büros, die eine Anerkennung für ihre Arbeiten erhalten werden.

An die Entwicklung der Bahnstadt knüpfen die Kommunalpolitiker große Hoffnungen. Von einer „Jahrhundertchance“ und einem „Leuchtturmprojekt“ ist des Öfteren die Rede. Es geht darum, das, so der Oberbürgermeister Otmar Heirich, „insgesamt heruntergekommene“ Bahnhofsumfeld neu zu ordnen und städtebaulich aufzuwerten. In dem Gebiet gibt es Gewerbebrachen und Wohnhäuser, die nicht im besten Zustand sind. Unter anderem sollen auch die Verkehrsbeziehungen verbessert werden, um die Bahnstadt an das Nürtinger Zentrum anzubinden.

Einzelhandel soll angesiedelt werden

Um für die Planungen freie Hand zu haben, hat die Stadt verschiedene Flächen gekauft. Bei dem wichtigen ehemaligen Güterbahnhofgelände (Gleis-13-Areal) kam sie allerdings nicht zum Zug. Die Stuttgarter Immobilienfirma Objektgesellschaft Neue Weinsteige kaufte das Gleis 13 vor rund fünf Jahren der Bahn-Tochter Aurelis ab. Die Stadt, die ebenfalls in Verhandlungen stand, hatte damals das Nachsehen.

Der Gemeinderat reagierte auf die Situation mit einer Veränderungssperre. Mit diesem Instrument schob sie dem privaten Investor einen Riegel vor. Die Firma Neue Weinsteige konnte ihre Pläne, auf dem Gleis 13 Einzelhandel anzusiedeln, nicht umsetzen. Die Sperre wurde schließlich verlängert, und der Investor bewirtschaftet den ehemaligen Güterbahnhof bisher notgedrungen als öffentlichen Parkplatz.

Stadt einigt sich mit Investor

Indessen sind beide Seiten aufeinander angewiesen. Sollten sie sich nicht einigen, dann kann die Stadt auch nicht wie geplant den ZOB auf das Gleis 13 verlegen. Auf dem jetzigen ZOB sollen nach dem Willen der Stadt Einzelhandelsflächen entstehen. Als eine Option steht ein Flächentausch zwischen der Stadt und der Objektgesellschaft – ZOB gegen Gleis 13 – im Raum. Inzwischen sind sich die Stadt mit dem Investor Sandro Camilli von der Neuen Weinsteige „über einen Flächentausch einig“, teilt die Stadt mit. Um Einzelheiten zu nennen, sei es aber noch zu früh.

Aus ehemaligem Bahngelände wird attraktiver Wohnraum

Esslingen
Die „Neue Weststadt“ steht für Aufbruch. Als nach 10 Jahren Verhandlungen mit diversen Bahntöchtern endlich feststand, dass der ehemalige Esslinger Güterbahnhof überplant werden kann, hat sich die Stadt intensiv mit der Nachnutzung beschäftigt. Der gesellschaftliche Wandel hat dazu geführt, dass nun auf dem knapp 20 Hektar großen Gelände nicht – wie zunächst geplant – überwiegend Gewerbeflächen, sondern vor allem hochwertiger Wohnraum entsteht. Rund 500 Wohnungen werden gebaut. Die ersten Tiefgaragen entstehen gerade. Zudem wird die Hochschule von der Flandernstraße in die Weststadt verlagert.

Plochingen
Die Stadt am Eisenbahnknotenpunkt der Stuttgarter und der Tübinger Linie hat die Anlagen an ihrem Güterbahnhof für ein großes städtisches Projekt genutzt. Auf der Fläche baute sie zunächst eine neue Wache für die Feuerwehr. Ihr war der alte Platz in der Marquardt-Straße zu eng geworden. Dann hatte es die Stadt geschafft, nach langen Verhandlungen die württembergische Blasmusikakademie nach Plochingen zu holen, die in unmittelbarer Nachbarschaft steht. Gerade ist das Gebäude des alten Güterbahnhofs abgerissen wordne. Die jetzt frei gewordene Fläche soll zunächst als Baufeld für die Blasmusikakademie dienen.