Wie soll der Neckarbereich künftig aussehen? Darüber gehen die Ansichten in Nürtingen auseinander. Foto: Horst Rudel

Im Streit um ein Hotel am Neckar rügt der Nürtinger Oberbürgermeister die Bürgerinitiative. Gleichzeitig will er aber auf die Hotel-Kritiker zugehen und nach einem Kompromiss suchen.

Nürtingen - Nach der Devise Zuckerbrot und Peitsche strebt der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich eine Lösung im Konflikt um den geplanten Bau eines Hotels am Neckarufer an. „Wir sind bemüht, die Situation zu entschärfen, damit es vielleicht eine gemeinsame Lösung gibt. Die Stadt ist gesprächs- und kompromissbereit, und das erwarte ich von der Bürgerinitiative auch“, sagte der Rathauschef in einer Gemeinderatssitzung am Dienstagabend.

Die Ankündigung eines Entgegenkommens war das Zuckerle, das Otmar Heirich jetzt reichte. Die Initiative „Nürtingen am Neckar“ hat ein Bürgerbegehren gegen den geplanten Verkauf von städtischen Flächen am Neckarufer an den Reutlinger Hotelier Hans-Joachim Neveling angestrengt. Der Investor möchte auf Höhe der Fischtreppe ein Hotel mit 82 Betten bauen. Zum Neckar hin ist auch eine Terrasse geplant sowie ein Biergarten nebenan. Die Initiative lehnt die Planung ab, weil sie die öffentliche Zugänglichkeit von Freiflächen am Neckar stark eingeschränkt sieht. Sie kämpft dafür, dass der von einer Mehrheit des Gemeinderats getroffene Beschluss zum Verkauf der Grundstücke aufgehoben wird.

Initiative fordert Neustart in der Ufer-Debatte

Später in der Sitzung packte Otmar Heirich während seiner Haushaltsrede dann die Peitsche aus. „Ich sehe mein Demokratieverständnis erheblich in Mitleidenschaft gezogen, wenn die im Herzen unserer kommunalen Demokratie, im Gemeinderat getroffenen Entscheidungen außerparlamentarisch ausgehebelt werden sollen“, sagte der Verwaltungschef mit Blick auf die Bürgerinitiative, freilich ohne diese direkt beim Namen zu nennen.

„Daher sehe ich auch Bürgerentscheide nicht als sonderlich hilfreich an, wenn es um die Weiterentwicklung unserer Stadt geht“, fügte der Oberbürgermeister der vor rund 20 Jahren von der Bertelsmannstiftung als bürgerorientierte Kommune ausgezeichneten Stadt hinzu. Der von der Initiative anvisierte Bürgerentscheid würde „Gräben aufreißen“, befürchtet der OB.

Für Donnerstag, 1. Februar, ist nun ein Gespräch zwischen ihm und Vertretern der Initiative angesetzt. „Unser Ziel ist die Rücknahme des Verkaufsbeschlusses“, bekräftigt der frühere Stadtrat und Mitbegründer der Initiative, Dieter Braunmüller. Wenn alles wieder auf Null gestellt sei, könne man sich gemeinsam weiter Gedanken über die Zukunft des Ufers machen. Der Siegerentwurf eines städtebaulichen Wettbewerbs sieht statt eines Hotels vier Wohnhäuser und Freiflächen am Neckar vor.

Zahl der Bürgerentscheide ist sprunghaft gestiegen

Laut eigenen Angaben hat die Initiative bisher rund 1300 Unterschriften gesammelt. Als Voraussetzung für einen Bürgerentscheid gelten rund 2100 Unterschriften. Das entspricht sieben Prozent der Nürtinger Wahlberechtigten. Vor zwei Jahren hat die Landesregierung die Hürden für Bürgerentscheide als Instrument der direkten Demokratie gesenkt. Die Zahl der Entscheide wuchs daraufhin um zwei Drittel.