Konstanze Krüger (rechts) und die Laborassistentin Andrea Dobler Foto: Ines Rudel

An der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt hat die Wissenschaftlerin Konstanze Krüger ein Labor eingerichtet, dass den Stress misst, dem Tiere ausgesetzt sind. Dazu reicht eine Speichel- oder Kotprobe.

Nürtingen - Geht es der Katze gut, freut sich der Mensch. Darüber herrscht Einigkeit unter Tierfreunden. Doch wann geht es der Katze gut? Oder dem Pferd, dem Hund, dem Rind? Kann es sein, dass sich der Mensch freut, derweil es dem Tier miserabel geht? Die Nürtinger Wissenschaftlerin Konstanze Krüger weiß die Antwort. Die Professorin für Verhaltensforschung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen hat einen Test entwickelt, mit dessen Hilfe sich der Stress messen lässt, dem ein Tier ausgesetzt ist.

„Das funktioniert, im Gegensatz zu den bisher bekannten Methoden, völlig stressfrei“, erklärt die studierte Veterinärmedizinerin und habilitierte Biologin. „Uns genügt der Speichel oder der Kot der Tiere. Anhand der Konzentration der darin enthaltenen Stresshormone können wir sowohl den kurzzeitigen als auch den langzeitigen Stress messen, dem die Tiere ausgesetzt sind“, sagt sie.

Eine Analyse kostet im Schnitt 25 Euro

Der um das Wohl seiner Lieblinge besorgte Tierbesitzer muss lediglich eine Speichel- oder Kotprobe nehmen und sie an das an der Nürtinger Hochschule neu eingerichtete „Non-invasiv Lab“ (NiL) schicken. Der direkte Eingriff, wie beispielsweise die immer mit Aufregung verbundene Blutentnahme, bleibt dem Tier erspart. Im Schnitt berechnet die HfWU für eine Laboranalyse rund 25 Euro.

Ihre Kundschaft sehen Krüger und ihr Laborteam weniger in den privaten Tierhaltern, als viel mehr in professionellen Pferdehaltern, Tierärzten und Wissenschaftlern. „Das Tierwohl im Nutztiersektor wird immer wichtiger und die Zahl der Pferdehalter in Deutschland wächst“, sagt die Wissenschaftlerin.

Sie weiß, wovon sie spricht. Nach der Assistenzzeit am Institut für Tieranatomie und Histologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München hat sie mit ihrem Mann eine Reitschule betrieben, bevor sie über die Universität Regensburg wieder in den Schoß der Wissenschaft zurückkehrte. Seit vier Jahren lehrt sie an der HfWU. Von Nürtingen aus unterhält Konstanze Krüger ein europaweites Expertennetzwerk und arbeitet eng mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien zusammen, wo mit Rupert Palme ein ausgewiesener Experte der Stressanalyse bei Tieren forscht.

Die Probe aus dem Supermarkt-Regal

Noch versteht das Non-invasiv Lab seine Dienstleistung nur als hilfreiche Handreichung für Tierbesitzer oder Landwirte, selbst wenn der Stresstest auch bei Goldhamstern und Kanarienvögel funktionieren würde. Doch schnell können die Arbeit der Nürtinger Wissenschaftlerin auch politische Dimensionen erreichen. Das wäre nämlich spätestens dann der Fall, wenn der angelaufene Pilotversuch die erhofften Ergebnisse bringt. „Wir arbeiten daran, den Stresspegel auch im Fleisch geschlachteter Tiere nachzuweisen“, sagt Konstanze Krüger.

Sollte das gelingen, dann könnten die Verbraucher mit relativ geringem Aufwand feststellen lassen, ob das Steak aus dem Supermarkt oder der beim Metzger erstandene Schinken von glücklichen Kühen und Schweinen stammt, oder ob die Tiere vor ihrem Tod, im Schlachthof oder gar schon zuvor im heimischen Stall, einem übermäßigen Stress ausgesetzt waren. „In einem halben Jahr können wir mehr dazu sagen“, sagt Konstanze Krüger.