Ein Esslinger Sanierer, der sich auf Baudenkmale spezialisiert hat, kauft und erneuert eines der ältesten Häuser in Nürtingen. Ursprünglich sollte das Haus abgerissen werden. Investor Tino Holzhäuser freut sich, dass noch so vieles im Urzustand ist.
Nach jahrelanger Ungewissheit erhält eines der ältesten Häuser in Nürtingen-Oberensingen eine neue Chance. Ein Esslinger Investor hat das ortsbildprägende Bauknechthaus aus dem 16. Jahrhundert gekauft, um es zu sanieren. Damit kann das Baudenkmal aus dem Jahr 1591 gerettet und zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden.
„Das ist ein Rohdiamant“, sagt Tino Holzhäuser strahlend über das stattliche Gebäude, dem man seine inneren Werte erst auf den zweiten Blick ansieht. Holzhäuser hat sich mit seinem Esslinger Unternehmen „Alte Bauten – Neues Wohnen“ ABNW GmbH auf die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude spezialisiert und dafür das Bauknechthaus erworben.
Trotz langem Leerstand ist der Zustand des Hauses gut
Neun Wohnungen, teilweise als zweigeschossige Maisonetten, mit 40 bis 80 Quadratmeter Fläche und eine Gewerbeeinheit möchte der Investor unterbringen. Modernen Komfort versprechen die Pläne, die vorgestellte Balkone auf der West- und Ostseite, Fußbodenheizung, Wärmepumpe und eine hochwertige Dachdämmung vorsehen.
Attraktiv dürfte auch der Wohnraum in dem mächtigen Dachstuhl werden, dem Holzhäuser mit Hilfe von innen liegenden Loggien und Dachgauben natürliche Beleuchtung verschaffen möchte. Nur wenige Balken müssen nach aktuellem Stand repariert oder ausgewechselt werden, ergänzt der Fachmann. Der Zustand des Hauses sei trotz des sehr langen Leerstands recht gut. Und dank vorgesetzter Gauben könnten die alten Balken in den Räumen attraktiv zur Geltung kommen.
Das Haus liegt zentral in Oberensingen
Das mehrgeschossige Gebäude an der Ecke Wendlinger Straße und Denkendorfer Weg gelegen, ist in seien Augen ein bauhistorischer Schatz, das wird bei der Begehung deutlich. „Vieles ist noch ursprünglich, das ist das Schöne“, sagt Tino Holzhäuser und verweist auf den original erhaltenen Dachstuhl, den Steinboden im vorderen Erdgeschoss und die Holztreppe ganz oben, wo jede Stufe einst jeweils aus einem ganzen Balken gehauen wurde.
Auffallend sei auch die große Raumhöhe, erklärt Holzhäuser. So etwas finde sich im 16. Jahrhundert nur in besonderen Gebäuden. Er wolle so viel wie möglich erhalten, und das Reparieren stehe vor Austausch, lautet die Maxime des Esslinger Unternehmers, der bei seinen Projekten nach eigenen Angaben den engen Schulterschluss mit dem Landesamt für Denkmalpflege mit Sitz in Esslingen praktiziert.
Sanieren günstiger als Neubauen
Auch im Nürtinger Fall soll der Originalzustand des Hauses wieder hergestellt werden, das vermutlich um 1743 in zwei Hälften geteilt wurde. Dank seiner Kubatur zählt das Bauknechthaus zu einem der größten Anwesen im alten Oberensinger Dorfkern.
Sanieren sei auch angesichts der aktuellen Baupreise günstiger als neu zu bauen, sagt Holzhäuser, der dank der steuerlichen Vorteile von einer großen Nachfrage nach Eigentumswohnungen in denkmalgeschützten Objekten spricht. Der Großteil seiner Kundschaft seien deshalb Anleger. Mit dem Umbau könne man frühestens in sechs Monaten beginnen, wenn die Mehrzahl der Wohnungen verkauft sei, vermutet Holzhäuser, der mit einer rund einjährigen Bauzeit rechnet.
Investor und Kommune üben den Schulterschluss
Bei der Besichtigung bedankte sich der Oberbürgermeister Johannes Fridrich beim Bürgerausschuss Oberensingen, der von Jürgen Geißler vertreten war, und dem Gemeinderat für die Abstimmung. Er sei dankbar, dass sich Holzhäuser dem Projekt angenommen und einen sehr langen Atem bewiesen habe.
Lange war die Zukunft des Gebäudes unklar, da seit den 1970er Jahren über eine Tunneltrasse zur Kanalisierung des Verkehrs in Oberensingen debattiert wurde, der das Haus hätte weichen müssen. Erst im Juli 2023 setzten der Bürgerausschuss Oberensingen und der Nürtinger Gemeinderat diesen Plänen angesichts massiver Kostensteigerungen auf zuletzt geschätzte 70 Millionen Euro ein Ende.