Die Bewohner halten an ihrem „emanzipatorischen Wohn-, Kultur- und Lebensprojekt“ Villa Galgenberg fest. Manche in der Stadt empfinden die Villa jedoch als eine Provokation und würden den „Schandfleck“ lieber heute als morgen loswerden. Foto: Horst Rudel

Die Rathausspitze bekommt die Bewohner der Villa Galgenberg nicht so einfach los. Das Mietverhältnis ist mittlerweile ein unbefristetes. Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Der Oberbürgermeister hofft auf eine einvernehmliche Lösung.

Nürtingen - Kleinbeigeben wollen die Bewohner der Nürtinger Villa Galgenberg nicht. „Wir bleiben alle und lassen uns nicht verarschen“, erklärt das als Verein organisierte linksalternative Wohnprojekt auf seiner Homepage im Internet. Gerichtet ist diese Ansage an das Nürtinger Rathaus, speziell an den Oberbürgermeister Otmar Heirich, der die Liegenschaften Galgenbergstraße 4 und 4a vor gut einem Jahr im Namen der Stadt gekauft hat.

Die Villa am Fuß des Galgenbergs liegt im Entwicklungsgebiet westlicher Neckar, in dem die Stadt längerfristig ein Nutzungskonzept aus Kultur, Wohnen und Gastronomie umsetzen möchte. Noch gibt es keine konkreten Planungen für das gebiet. Doch die linke Wohngemeinschaft hat an dieser Stelle aus der Sicht des Oberbürgermeisters, der in direkter Nachbarschaft zu der WG wohnt, keine Zukunft. Nicht wenige Stadträte sehen das genauso.

Der Mietvertrag gilt inzwischen unbefristet

Ruhestörung durch laute Musik, Hinterlassenschaften von Hunden auf Gehwegen und im Galgenbergpark werden der WG angekreidet. Die rund 20 überwiegend jungen Bewohner bestreiten solche Vorwürfe freilich und fühlen sich verleumdet.

Im Rathaus dachte man zunächst, mit dem Auslaufen des Mietvertrags zum Ende des vergangenen Oktober würde sich das Wohnprojekt von selbst erledigen. Doch dem ist nicht so. Denn die Befristung des Vertrags halte den gesetzlichen Anforderungen nicht stand, erklärt das Nürtinger Rathaus. Seit acht Jahren existiert die WG am Galgenberg. Während dieser Zeit sind die befristeten Verträge von der Vorbesitzerin der Villa immer wieder verlängert worden. Offenbar erwachsen den Bewohnern aus diesen früheren Vereinbarungen nun Ansprüche. „Es besteht ein unbefristetes Mietverhältnis“, stellt der Rathaussprecher Clint Metzger jedenfalls fest.

Rathaus schwebt Nutzung als Flüchtlingsunterkunft vor

Wie es nun weitergeht, ist unklar. „Kurzfristig könnte die Villa auch zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen“, zeigt Clint Metzger eine Nutzungsmöglichkeit auf. Dies würde allerdings voraussetzen, dass die Stadt mit den WG-Leuten eine Einigung erzielt. Doch die Fronten scheinen verhärtet. Beide Seiten kommunizieren seit einiger Zeit über ihre Anwälte miteinander. Zudem haben die Bewohner Otmar Heirich ein Hausverbot erteilt. Der Grund: Die WG nimmt es dem Oberbürgermeister übel, dass er die Villa öffentlich als „Ärgernis“ und „Schandfleck“ bezeichnet hat.

Trotz des Hausverbots führte Heirich am 11. Dezember eine städtische Delegation an, die die Villa besichtigte. „Der Besichtigungstermin verlief im Einvernehmen, ohne Disput oder Misstöne“, erklärt Clint Metzger. Die Bewohner hätten umfassend Zutritt gewährt, und „beide Seiten verhielten sich höflich“. Auf der Villa-Homepage gibt es dazu eine andere Lesart. Unter der Überschrift „Was willst du eigentlich mit unserem Haus?“ heißt es: „Diese gefühlte Hausdurchsuchung“ habe man „wohl oder übel“ über sich ergehen lassen müssen. „Bei diesem Besichtigungstermin benahm sich der Oberbürgermeister wie erwartet respektlos, zum Beispiel öffnete er einfach Türen (etwa zu privaten Schlafzimmern) oder versuchte, abgesperrte Türen zu öffnen“, klagt der Verein.

Stadt: Jeder Vertrag ist kündbar

Ungeachtet aller Meinungsverschiedenheiten sei die Stadt „weiterhin an einer einvernehmlichen Lösung interessiert“, versichert Clint Metzger. Eine Möglichkeit wäre ein Umzug der Wohngemeinschaft in ein Alternativgebäude, sofern sich ein solches finde und die WG zu einem solchen Schritt bereit sei. Aber was, wenn es keine Einigung gibt? „Die Kündigung eines Vertrages ist immer möglich“ – auch die eines unbefristeten, erklärt die Pressestelle des Rathauses. Zu welchen Bedingungen und Fristen „muss gegebenenfalls von einem Anwalt geklärt werden“. Wegen der Brisanz des Themas würde man aber „sicher ein gemeinderätliches Gremium an einer solchen Entscheidung beteiligen“, fügt die städtische Pressestelle hinzu.