Die Schülerbeförderung ist künftig in den Händen von Privatunternehmen. Foto: Horst Rudel Foto:  

Wenn das neue Schuljahr beginnt, bleiben die Kleinbusse der DRK-Ortsgruppe Nürtingen-Kirchheim in der Garage stehen. Die Rot-Kreuzler sind im Bieterwettstreit um die Schülerbeförderung leer ausgegangen.

Nürtingen - Wenn die nahezu 1000 Schülerinnen und Schüler nach den Sommerferien auf die Kleinbusse warten, die sie in ihre im Landkreis Esslingen verteilten Sonderschulen fahren, dann werden sie sich an das eine oder andere neue Gesicht am Steuer gewöhnen müssen. Der Kreisverband Nürtingen-Kirchheim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der in den vergangenen 40 Jahren die Schülerbeförderung im Auftrag des Landkreises Esslingen organisiert hat, hat in der Ausschreibung den Kürzeren gezogen. Den lukrativen Auftrag, der eine Gültigkeit von fünf Jahren und ein Volumen von vier Millionen Euro hat, haben andere an Land gezogen. Die 70 Beschäftigten, die die Kinder bisher im DRK-Auftrag gefahren haben, verlieren ihren Job.

„Das ist ein schmerzhafter Einschnitt für uns. Wir müssen den Kindertransport einstellen“, bestätigt Klaus Rau, der Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands. Während seiner Einschätzung nach die meist im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung angestellten Fahrer von der erfolgreicheren Konkurrenz, der Stuttgarter Sonnenschein OHG, dem Esslinger Busunternehmen Schlienz, dem Schülerverkehr Kraft aus Frickenhausen und Allmendinger Reisen aus Göppingen, umworben sein dürften, schmerzt den DRK-Kreisverband der Verlust von rund 50 000 Euro Einnahmen pro Jahr.

Die gemeinnützigen Anbieter sind außen vor

Auch der zweite gemeinnützige Anbieter, die Regionalgruppe Esslingen der Johanniter-Unfall-Hilfe, ist nicht mehr zum Zuge gekommen. Die Johanniter hatten, wie auch das DRK, bei der Ausschreibung vor vier Jahren noch einen nennenswerten Anteil am Kuchen abbekommen. Damals war allerdings schon der DRK-Kreisverband Esslingen, der ebenfalls seit Jahren von der zuvor freihändigen Vergabe der Aufträge profitiert hatte, über den Tellerrand gefallen. „Damit ist kein gemeinnütziges Unternehmen mehr im Geschäft“, stellt Rau fest.

Auch wenn es an der Rechtmäßigkeit der Vergabeentscheidung nichts zu rütteln gäbe, sei die Entwicklung hin zu den Privaten bedenklich. „Die Einnahmen aus dem Fahrgeschäft haben einen Beitrag zur Deckung jener Bereiche geleistet, in denen wir traditionell draufzahlen“, sagt Rau, der als Beispiel die DRK-Kleiderkammer, die Tafelläden, die Selbsthilfegruppen und die Vorhaltungen für den Katastrophenschutz nennt.

Fahrer auf dem Absprung

Zu allem Unglück hat Rau derzeit auch noch alle Hände voll zu tun, um die bestehenden Verpflichtungen überhaupt mit Anstand zu erfüllen. „Ich kann es keinem Fahrer verdenken, wenn er sich schon jetzt anderweitig orientiert“, sagt der Geschäftsführer. Die Klemme, in der der Kreisverband steckt, lässt sich auf der Homepage ablesen. Dort sucht das DRK „ab sofort“ Fahrer und Begleitpersonen für die Beförderung behinderter Schüler. Die Stellen auf geringfügiger Beschäftigungsbasis sind „zunächst befristet bis zum 31. Juli 2019“ ausgeschrieben.

„Bei einem Auftragsvolumen von mehr als 100 000 Euro sind wir verpflichtet, öffentlich auszuschreiben“, sagt Peter Keck, der Sprecher der Landkreisverwaltung. Das Gesamtpaket sei in zehn Lose gestückelt worden, um auch kleineren und mittleren Unternehmen eine Chance zu geben. Seinen Worten zufolge sind, obwohl die gemeinnützigen Anbieter nicht zum Zuge gekommen sind, weiterhin bewährte Unternehmen im Boot. „Die waren alle bisher schon dabei, nur in geringerem Umfang. Die Qualität ist gewährleistet“, sagt Keck. Die Sonnenschein OHG würde die Nürtinger Bodelschwingh-Schule bedienen, Schlienz die Esslinger Rohräckerschule anfahren und Kraft und Allmendinger die Verbundschule in Dettingen/Teck versorgen.