Der Ausschuss untersucht die Bezüge des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zum Südwesten. Foto: dpa

Phantombilder, die nicht veröffentlicht wurden, und ein Tatort, der noch am Abend mit Wasser gesäubert wurde: Der NSU-Ausschuss im Stuttgarter Landtag hat viele Fragen im Fall der ermordeten Polizistin Kiesewetter. Einige davon bleiben zunächst offen.

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft hält es für unwahrscheinlich, dass mehr als zwei Täter an der Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter beteiligt waren. Das Risiko, erwischt zu werden, steige mit jedem Mittäter. Es wäre schlicht dumm gewesen, wenn die mutmaßlichen Täter, die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, Helfer eingespannt hätten, sagte Staatsanwalt Christoph Meyer-Manoras am Montag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag. „Die Täter waren skrupellos und hinterhältig, aber nicht dumm“, meinte der ermittlungsführende Staatsanwalt.

Der Ausschuss untersucht die Bezüge des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zum Südwesten. Dem NSU werden zehn Morde zugerechnet - an neun Migranten und an der Polizistin Kiesewetter 2007 in Heilbronn. Es gibt Zweifel an der Annahme der Bundesanwaltschaft, dass Kiesewetter ein Zufallsopfer der Terrorzelle war und die NSU-Mitglieder Mundlos und Böhnardt als mutmaßliche Täter keine Helfer in Heilbronn hatten.

Zeugen hatten angegeben, mehrere flüchtende, zum Teil blutverschmierte Personen am Tattag in Heilbronn gesehen zu haben. Meyer-Manoras hält das für unplausibel. Auch für mutmaßliche Helfer des Mordes wäre es ein Leichtes gewesen, direkt vom Tatort mit einem Auto zu flüchten oder in Ruhe davonzuspazieren. Die „Blutflecken“ könnten auch Schweißflecken gewesen sein, meinte er mit Verweis auf sommerliche Temperaturen am 25. April 2007 in Heilbronn.

Im Januar soll der Abschlussbericht vorgelegt werden

Am Freitag will sich der Ausschuss mit der für diese Woche erwarteten Aussage des mutmaßlichen NSU-Mitgliedes Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht in München beschäftigen. Im Januar will das Gremium seinen Abschlussbericht vorlegen. Da viele Fragen offen bleiben, soll ein neuer Ausschuss nach der Landtagswahl im März eingesetzt werden.

Der damalige Einsatzleiter der Polizei auf der Heilbronner Theresienwiese wies am Montag Vorwürfe zurück, der Tatort sei schlampig abgesperrt gewesen. Die Absperrung im engeren Umfeld zum Polizeifahrzeug sei eine Entscheidung der Spurensicherung gewesen. Eine zweite, weiträumige Absperrung der Wiese sei ausgedehnt worden, als immer mehr Schaulustige und Journalisten aufgetaucht seien. Nach mehr als sechs Stunden seien die Maßnahmen aufgehoben worden, weil die Spurensicherung ihre Arbeit abgeschlossen hatte. Der Tatort sei am Abend des 25. April mit Wasser von Blutlachen gesäubert worden.

Meyer-Manoras verteidigte noch einmal sein umstrittenes Vorgehen, Phantombilder im Mordfall Kiesewetter nicht zu veröffentlichen. Die Bilder waren mit Hilfe von Kiesewetters schwer verletztem Kollegen Martin A. erstellt worden. Nach Auffassung des Staatsanwaltes ist aber unwahrscheinlich, dass sie wirklich einen Tatverdächtigen zeigen. Meyer-Manoras bezweifelte, dass sich Martin A. nach seinen schweren Hirnverletzungen überhaupt erinnern kann.

Kann der Zeuge sich erinnern oder nicht?

Die Polizei war hingegen der Meinung, dass die Bilder veröffentlicht werden sollten. Martin A. hatte unter anderem in einer Hypnosesitzung Angaben zum Tatgeschehen gemacht. Ob es sich dabei aber um tatsächliche Erinnerungen handelte oder ob Martin A. eventuell durch Angaben, die er den Medien entnahm, beeinflusst war, ist umstritten.

Auch Meyer-Manoras wollte nicht ausschließen, dass Martin A. sich erinnern kann. Aber das sei sehr unwahrscheinlich. „Nach meiner Überzeugung hat der Zeuge durch den psychologischen Druck, dem er ausgesetzt war, die Erinnerungen gefüllt. Er wollte helfen.“ Die Polizei sei daran interessiert gewesen, in dem Fall weiterzukommen. Mit traumatisierten Zeugen müsse man aber vorsichtig umgehen.