Im NSU-Prozess haben die Verteidiger gegen die Aussage eines BKA-Beamten protestiert. Foto: dpa

Im NSU-Prozess haben die Verteidiger am Mittwoch Kritik an der Aussage eines BKA-Ermittlers geübt. Der Beamte trug als Zeuge offensichtlich auswendig gelerntes Aktenwissen vor.

München - Die Verteidiger im NSU-Prozess haben am Mittwoch die Zeugenaussage eines Polizeiermittlers scharf kritisiert. Der Beamte des Bundeskriminalamtes musste einräumen, dass seine Erkenntnisse im Wesentlichen nur aus Zusammenfassungen anderer Behörden stammten. Der Beamte gebe nur Aktenwissen wieder, „das ist ein verkappter Urkundsbeweis“, sagte Rechtsanwalt Olaf Klemke, der den wegen Beihilfe mitangeklagten Ralf Wohlleben verteidigt.

Der Anwalt der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, Wolfgang Stahl, sprach von „Copy and Paste“ beim BKA. Der „Nationalsozialistische Untergrund“ hat nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei Sprengstoffanschläge verübt.

Der 28 Jahre alte Beamte sollte Beweise dafür liefern, dass eine Gruppe sächsischer Neonazis um die inzwischen verbotene Organisation „Blood & Honour“ die drei Untergetauchten mit Waffen, Geld und einem Reisepass für eine Flucht nach Südafrika unterstützen wollte.

Drei Wochen auswendig gelernt

Der Zeuge hatte dazu zunächst einen längeren Vortrag präsentiert und aus dem Gedächtnis zahlreiche Details genannt, etwa Telefonnummern, Asservatennummern und Autokennzeichen. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass er das meiste aus Berichten von Geheimdiensten und Landeskriminalämtern herausgelesen und drei Wochen lang auswendig gelernt hatte. Die Aussagen des Beamten seien als Beweismittel untauglich, kritisierte Wohlleben-Verteidigerin Nicole Schneiders.

Erst mit mehrstündiger Verspätung vernahm das Gericht dann einen früheren V-Mann des bayerischen Verfassungsschutzes, der eine Neonazi-Gruppe in Kronach (Oberfranken) leitete und jahrelang enge Verbindungen zum „Thüringer Heimatschutz“ (THS) hielt, der Gruppe, der auch das NSU-Trio angehört haben soll. Der Anführer des THS, Tino Brandt, hatte den Mann bei einem früheren Prozesstermin als „Führungskameraden“ bezeichnet, der für ihn eine Art Vorgesetzter gewesen sei. Das schilderte dieser im Zeugenstand allerdings ganz anders. Brandt habe versucht, mit seiner Thüringer Gruppe nach Bayern zu expandieren. Das habe ihm nicht gepasst, es habe einen „Machtkampf“ mit Brandt gegeben.

Brandt sei ihm außerdem zu militant gewesen und habe einmal über „Schießübungen“ gesprochen. Er habe seine Gruppe außerdem immer wieder angestachelt, Gesetze zu brechen. Einmal hätten Brandts Leute grundlos eine Polizeistreife mit Bierflaschen beworfen, ein anderes Mal illegal ein Haus besetzt. In Bayern wäre so etwas nicht möglich gewesen, da hätte die Polizei durchgegriffen, so der Zeuge. Den Thüringern habe er immer geraten, sich an die Gesetze zu halten, behauptete er.

Zu seinem Werdegang sagte er, er habe früher zur Gruppe um den Hamburger Neonazi Christian Worch gehört.