Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe (zweite von links) zwischen ihren Anwälten Anja Sturm (links) und Wolfgang Heer (dritter von links) im Gerichtssaal in München (Bayern). Foto: dpa

Jahrelang konnte die NSU-Terrorzelle unbehelligt von der Polizei morden. Nun werden neue Vorwürfe laut: Der Präsident des Thüringer Landeskriminalamtes soll 2003 Ermittlungen gezielt gestoppt haben.

Jahrelang konnte die NSU-Terrorzelle unbehelligt von der Polizei morden. Nun werden neue Vorwürfe laut: Der Präsident des Thüringer Landeskriminalamtes soll 2003 Ermittlungen gezielt gestoppt haben.

Erfurt/München - Die Vorwürfe klingen ungeheuerlich: Der heutige Präsident des Thüringer LKA soll 2003 Ermittlungen gegen die NSU-Terrorzelle gestoppt haben. Im Münchner Prozess sagt die frühere Nachbarin von Beate Zschäpe aus.

Bei der Aufarbeitung der NSU-Mordserie sind schwere Vorwürfe gegen den heutigen Chef des Thüringer Landeskriminalamtes, Werner Jakstat, laut geworden. Wie das ARD-Politmagazin "Report Mainz" am Dienstag berichtete, soll er 2003 die Fahndung nach dem rechtsextremen Terrortrio verhindert haben. Dabei stützt sich das Magazin auf Aussagen eines LKA-Beamten. Eine Stellungnahme der Behörde zu den Vorwürfen gab es nicht.

Im konkreten Fall geht es um die Aussage eines Zeugen, der den untergetauchten Terroristen Uwe Böhnhardt an einer Ampel in Jena erkannt haben will. Der Mann sei Böhnhardts Klassenkamerad gewesen und habe ihn eindeutig identifiziert. Jakstat habe die Ermittler damals angewiesen, den Zeugen zu befragen, der Sache aber nicht weiter nachzugehen, berichtete der LKA-Beamte dem Magazin. "Es wurde explizit gesagt: Kriegen Sie da nichts raus."

Die Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren 1998 abgetaucht, nachdem ihre Bombenwerkstatt in Jena aufgeflogen war. Im September 2003 - kurz nach den Hinweisen von Böhnhardts ehemaligem Schulfreund - war das Ermittlungsverfahren eingestellt worden. Vorige Woche hatte Jakstat vor dem Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages ausgesagt, die Ermittler seien Ende der 1990er, Anfang der 2000er Jahre intensiv bemüht gewesen, das Trio zu fassen.

Im Münchner NSU-Prozess sagte am Dienstag eine ehemalige Nachbarin der Hauptangeklagten Zschäpe aus, die bis kurz vor deren Verhaftung häufig und regelmäßig Kontakt zu ihr hatte. "Sie war für mich da die Hauptperson in meinem Leben, der ich alles anvertrauen kann", sagte Heike K., die in Zwickau im selben Haus wie die drei mutmaßlichen Neonazi-Terroristen lebte. "Zu diesem Zeitpunkt war das meine beste Freundin."

Allerdings schilderte die 46-Jährige die Beziehung vor dem Oberlandesgericht als einseitig: Man habe immer nur über ihre Probleme geredet, Lisa - unter dem Namen war Zschäpe in der Polenzstraße bekannt - habe dagegen eigentlich nichts Privates erzählt. Und sie habe auch nie gefragt.

Einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl wies das Oberlandesgericht inzwischen als unbegründet zurück. Die Anwälte des Angeklagten Ralf Wohlleben hatten die Befragung eines Ex-V-Manns durch eine Nebenklagevertreterin kritisiert, die lediglich auf der Basis handschriftlicher Notizen Vorhalte aus Ermittlungsakten machte.

Der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) wird die Ermordung neun türkisch- und griechischstämmiger Einwanderer und einer deutschen Polizistin zwischen 2000 und 2007 zur Last gelegt.