Diesmal will das Gericht alles richtig machen: Die Presseplätze für den NSU-Prozess werden verlost, und ausländische Medien kommen in einen Extra-Topf.

München - Es wird eine exklusive Verlosung, und sie findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt: Nur ein Notar, ein Protokollführer und ein einzelner Zeuge werden dabei sein, wenn am 29. April bestimmt wird, welche Medien beim NSU-Prozess einen Platz im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts München bekommen.

Nachdem der Streit um die Journalistenplätze den Prozess um die Morde des „Nationalsozialischen Untergrunds“ (NSU) zu überschatten drohte, wird nun das gesamte Akkreditierungsverfahren wiederholt. Diesmal werden die 50 begehrten Plätze im Saal A 101 des Strafjustizzentrums an der Nymphenburger Straße verlost.

Zunächst hatte das Gericht die Plätze nach der Reihenfolge der Anmeldungen vergeben. Türkischen Medien gingen dabei leer aus, obwohl die Neonazi-Terroristen acht Menschen türkischer Herkunft getötet hatten.

Auch als eine türkische Zeitung Verfassungsbeschwerde eingelegte, hatte der Senat unter dem Vorsitzenden Manfred Götzl zunächst jede Korrektur abgelehnt: In einer acht Seiten langen Stellungnahme schrieb Götzl noch am 9. April, er habe sich „nicht in der Lage gesehen, eine sachgerechte und angemessene Differenzierung und Kontingentierung unter den verschiedenen Typen der in- und ausländischen Medien und Medienunternehmen vorzunehmen“. Das Gericht bewegte sich erst, als aus Karlsruhe die klare Anweisung kam, auch ausländischen - vor allem türkischen - Journalisten Plätze zu garantieren.

Komplizierter als die Ziehung der Lottozahlen

Nun geht es doch: Die Sache ist etwas komplizierter als die Ziehung der Lottozahlen, aber doch einfacher als eine Auslosung zur Fußball-WM. Es werden drei Gruppen gebildet, darunter Nachrichtenagenturen, fremdsprachige und deutsche Medien. Fest reserviert werden je ein Platz für Medien in griechischer und persischer Sprache und vier Plätze für Journalisten, die auf Türkisch berichten.

„Das Losverfahren ist ein rechtlich zulässiger und deshalb gangbarer Weg“, sagt der Dortmunder Professor für Medienrecht, Tobias Gostomzyk. Allerdings könnte die Differenzierung neue Konflikte bringen: „Je mehr Kategorien es gibt, desto größer ist das Konfliktpotenzial, weil sich diejenigen benachteiligt fühlen könnten, die gerade nicht berücksichtigt wurden.“ So gibt es weder Kategorien für freie Journalisten noch für Online-Medien. Sie haben deutlich geringere Chancen.

Neuer Ärger könnte auch von den Journalisten drohen, die in der ersten Runde unter den Glücklichen waren und nun ihren sicher geglaubten Platz verlieren. Ein freier Journalist hat bereits Verfassungsbeschwerde angedroht - die Chancen hierfür scheinen allerdings gering, da die Karlsruher Richter selbst eine komplette Neuvergabe für möglich erklärt hatten.

„Meiner Meinung nach hat sich das OLG sehr große Mühe gegeben“, lobt die Münchner Anwältin Angelika Lex. „Insgesamt denke ich, dass diese Verfügung in Ordnung ist. Es ist zu hoffen, dass auch die Umsetzung in ordnungsgemäßer Weise erfolgt.“ Lex vertritt die Witwe des in München ermordeten Kleinunternehmers Theodoros Boulgarides, der griechische Wurzeln hatte. Für die Angehörigen bedeute die Verschiebung des Prozesses eine zusätzliche Belastung. „Ich hoffe, dass das Verfahren sehr bald und ordnungsgemäß beginnen kann.“