Am Donnerstag endete die Vernehmung von Carsten S. vor dem Oberlandesgericht in München. Foto: dpa

Mehr als 26 Stunden lang wurde Carsten S. im NSU-Prozess vernommen. Er belastet vor allem den Mitangeklagten Wohlleben. Dessen Verteidiger wollen die Aussage für unverwertbar erklären.

München - Im NSU-Prozess hat das Gericht nach acht Verhandlungstagen die Vernehmung des Angeklagten Carsten S. beendet. Der 33-Jährige hatte zugegeben, den untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe eine Waffe besorgt zu haben - höchstwahrscheinlich jene Pistole der Marke „Ceska“, mit der die Terroristen neun Menschen ermordeten.

S. ist der bislang einzige der fünf Angeklagten, der vor Gericht ausgesagt und Fragen beantwortet hat. Der Mitangeklagte Holger G. verlas im Prozess um die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) lediglich eine Erklärung. Die anderen Angeklagten wollen nicht aussagen.

Die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben widersprachen am Donnerstag der Verwertung der Aussage gegen ihren Mandanten. Nach Darstellung von Carsten S. hatte Wohlleben ihn zum Kontaktmann zu dem untergetauchten Trio gemacht. Wohlleben habe ihm auch gesagt, wo er die Waffe besorgen solle, und ihm das Geld dafür gegeben.

26 Stunden Vernehmung an acht Verhandlungstagen

S. hatte sich jedoch geweigert, Fragen der Verteidiger Wohllebens zu beantworten, solange dieser nicht selbst aussage. Deshalb dürfe die Aussage nicht gegen seinen Mandanten verwendet werden, meinte Wohllebens Anwalt Olaf Klemke. Wohllebens Verteidigerin Nicole Schneiders forderte, den - gerichtlich mehrfach bestätigten - Haftbefehl aufzuheben.

Carsten S. war nach eigenen Angaben noch im Laufe des Jahres 2000 - nach der Waffenlieferung - aus der rechten Szene ausgestiegen. Am Donnerstag wurde er nur kurz von den psychologischen Sachverständigen befragt. Dabei ging es vor allem um die Rolle der Hauptangeklagten Zschäpe innerhalb der mutmaßlichen Terrorgruppe. Hierzu konnte S. allerdings nicht viel sagen, da er sich nur an ein gemeinsames Treffen mit den Dreien erinnern kann. Insgesamt dauerte seine Vernehmung an acht Verhandlungstagen mehr als 26 Stunden.

Die Verteidiger Zschäpes gaben am Donnerstag noch eine Stellungnahme zur Erklärung des Angeklagten Holger G. ab. Dessen Angaben in der Hauptverhandlung könne im Hinblick auf die gegenüber Zschäpe erhobenen Vorwürfe „kein Beweiswert zukommen“, sagte Verteidiger Wolfgang Stahl.

Weitere Zeugen sollen kommende Woche vernommen werden

G. sei bei seinen Ausführungen „an der Oberfläche“ geblieben und wolle keine Nachfragen beantworten. Dies wirke sich auf den Beweiswert aus. „Um die Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten G., aber auch um die Glaubwürdigkeit seiner Person selbst überprüfen zu können, ist das Gericht und sind die übrigen Verfahrensbeteiligten aber darauf angewiesen, die Angaben von Herrn G. hinterfragen zu können.“

Das Gericht lehnte am Donnerstag ältere Anträge der Verteidigungen Wohllebens und Zschäpes auf Einstellung des Verfahrens wegen angeblicher Vorverurteilungen erwartungsgemäß ab. In der kommenden Woche soll der Prozess mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt werden.