Pressekonferenz zum Abschluss des NSU-Ausschusses. Foto: dpa

28 Sitzungen, 78 Zeugen, 1300 Aktenordner: Nach mehr als zwei Jahren schließt der NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart seine Arbeit ab. Er sollte Licht bringen in den Polizistenmord in Heilbronn - und hinterlässt einige offene Fragen.

Stuttgart - Als Konsequenz aus dem zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags fordern die beteiligten Parlamentarier mehr Prävention gegen die Gefahren rechtsextremer Musik an Schulen. Der Ausschuss habe durch Zeugen und Aussteiger aus der Szene einen tief gehenden Einblick in die Bedeutung rechtsextremistischer Musik gewonnen, teilten die Abgeordneten am Montag in Stuttgart mit. Die Musik sei zentrales Mittel der Szene zur Rekrutierung neuer Mitglieder. Es gehe um eine Einstiegsdroge, warnte Jürgen Filius, Grünen-Obmann im Ausschuss. Die „Stuttgarter Zeitung“ hatte zunächst über den Vorstoß berichtet.

SPD-Obmann Boris Weirauch berichtete von 180 rechtsextremistischen Bands bundesweit, 19 davon im Südwesten. „Wenn der Rechtsrock die Einstiegsdroge ist, sind die Rechtsrock-Konzerte die Opiumhöhlen des Rechtsextremismus“, warnte er. Man treffe Gleichgesinnte, habe auf abstoßende Art Spaß und die Veranstalter machten dazu noch gute Geschäfte. Viele Rechtsrock-Konzerte finden nach Aussage der Obleute im Ausland statt.

Die Parlamentarier stellen am Montag ihre Arbeitsergebnisse vor. In einer Beschlussempfehlung an den Landtag dringen sie neben der Bekämpfung des Rechtsrock auf ein wissenschaftliches Zentrum zur Erforschung des Rechtsextremismus’ und auf ein Waffenverbot für Rechtsextremisten.

2,4 Millionen Euro kostete der Ausschuss

Der NSU-Ausschuss in Stuttgart nahm im Juli 2016 seine Arbeit auf und versuchte in 28 Sitzungen die Bezüge des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) nach Baden-Württemberg zu durchleuchten. Der zweite Ausschuss zu dem Komplex sollte Fragen beantworten, die im ersten Ausschuss aus Zeitgründen oder wegen rechtlicher Hindernisse nicht beantwortet werden konnten. Den NSU-Rechtsterroristen werden zehn Morde zwischen 2000 und 2007 zugeschrieben, darunter an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn.

Grüne, CDU, SPD und FDP haben keine Zweifel daran, dass die NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Polizistin am 25. April 2007 ermordeten. Für die AfD gibt es weiterhin hingegen keine eindeutigen Beweise dafür.

In 121 Stunden wurden den Angaben des Ausschusses zufolge 78 Zeugen sowie 6 Sachverständige vernommen. Die 600 Aktenordner aus dem ersten NSU-Ausschuss seien auf 1300 angewachsen, was 60 Regalmeter entspreche, sagte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD). Dem Landtag wird nun ein 1100-seitiger Abschlussbericht vorgelegt, über den im Plenum am 20. Dezember debattiert werden soll. Der Ausschuss habe 2,4 Millionen Euro Kosten verursacht.

Ob der NSU im Südwesten Helfer hatte, bleibt ungeklärt

Rechtsextreme Musikgruppen spielten im Ausschuss ebenso eine Rolle wie mögliche Verwicklungen von Rockerbanden, dem Ku-Klux-Clan oder der Sauerlandgruppe in den NSU-Komplex. Die Frage, ob der NSU im Südwesten Helfer hatte, bleibt weiter offen. „Der Ausschuss hat nicht - das war eine der Hauptaufgaben - irgendwelche Feststellungen treffen können, dass es Helfer gab“, sagte Drexler zum Kiesewetter-Mord. Man habe keinen Nachweis gefunden, obwohl man jeden Stein umgedreht habe. Auch habe man keine Beweise für die Anwesenheit ausländischer Geheimdienste in Heilbronn gefunden.

Die Befürchtung, dass man möglicherweise in einen Abgrund blicke, habe sich nicht bewahrheitet, sagte der CDU-Abgeordnete Arnulf von Eyb. „Es gibt keine Vertuschung oder Verschleierung.“ Es gebe weder Anhaltspunkte von rechtsextremistischen Mördern aus den Reihen der Polizei noch gebe es strukturelles Behördenversagen in Baden-Württemberg. Die Ausschussmitglieder kritisierten aber eine schleppende oder fehlende Weitergabe von Informationen von Bundes- an Landesbehörden.