In diesem Gebäude hatte im Dritten Reich die Gestapo ihre Zentrale. Foto: dpa

Das Haus der Geschichte hat erstmals die Konzeption fürs Hotel Silber vorgestellt. Wenn die stadtgeschichtliche Ausstellung zum Nationalsozialismus öffnet, sollen die Besucher ganz nah dran sein an den Schreibtischtätern, aber auch an den Opfern.

Das Haus der Geschichte hat erstmals die Konzeption fürs Hotel Silber vorgestellt. Wenn die stadtgeschichtliche Ausstellung zum Nationalsozialismus öffnet, sollen die Besucher ganz nah dran sein an den Schreibtischtätern, aber auch an den Opfern.

Stuttgart - Das Hotel Silber, ehemals Sitz der Gestapo in der Dorotheenstraße, ist voller denkwürdiger Stätten, die an den Nazi-Terror erinnern. Im ersten Obergeschoss standen einst die Schreibtische der Schergen, die Beobachtungen von Denunzianten notierten und mit leichten Federstrichen das Leben zahlreicher Menschen auslöschten. „Dort können wir uns anhand von Akten, Briefen, Dokumenten den Schreibtischtätern nähern und Bezüge zu den Opfern herstellen“, sagt Paula Lutum-Lenger. Die Ausstellungsleiterin des Hauses der Geschichte und dessen Leiter Thomas Schnabel haben am Freitag ein Konzept für den Lern- und Gedenkort vorgestellt.

Im Erdgeschoss, wo sich der Veranstaltungsraum befindet, sollen sich Fenster in die Vergangenheit öffnen, zum Beispiel darauf, als Georg Elsers Verwandte den kleinen Neffen des Inhaftierten in der ehemaligen Loge des Hotelportiers abgaben – wo er, als die Eltern in Sippenhaft kamen, vergessen wurde. Oder auf Eugen Bolz, der am 19. Juni 1933 von der Politischen Polizei Stuttgart verhört und in Schutzhaft genommen wurde. Oder auf die Geschichte des Gebäudes. Darüber hinaus soll dort Raum für aktuelle politische und gesellschaftliche Diskussionen sein. Im Untergeschoss, wo es Verwahrzellen gab, soll Platz sein für Wechselausstellungen, die von den Mitarbeitern des Projekts Hotel Silber erarbeitet werden. Möglicherweise können in der Bauphase weitere Exponate freigelegt werden: „Es gibt Hinweise auf eine Wendeltreppe, über die Menschen in den Keller gestoßen wurden“, sagt Paula Lutum-Lenger.

Ziel sei, „den terroristischen Alltag und die Vorgeschichte des Nazi-Terrors“ zu beleuchten, sagt Thomas Schnabel. Und man will darstellen, was es für die Bevölkerung, Opfer wie Täter, bedeutete. „Wir freuen uns, allmählich von den Debatten um die Ausstellungsfläche wegzukommen“, sagt Schnabel. 600 Quadratmeter Ausstellungsfläche – unter Einbeziehung des zweiten Obergeschosses – wären zwar schöner gewesen, aber Schnabel ist zuversichtlich, dass man auch unter den jetzigen Gegebenheiten „Attraktives, Anregendes“ erreichen könne. Der Stuttgarter Gemeinderat hatte die Ausweitung der Ausstellung auf das zweite Stockwerk aus Kostengründen mehrheitlich abgelehnt. Nach aktueller Beschlusslage werden Stadt und Land jeweils zur Hälfte einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 500.000 Euro geben, außerdem finanziert das Land Mietkosten von 250.000 Euro.

Das jetzige Konzept sei Stadt und Land vorgestellt und „allgemein begrüßt“ worden, die Initiative Hotel Silber trage es mit, so Schnabel. Am 28. Januar und am 5. Februar gebe es zwei weitere Treffen, um das Konzept abzustimmen. Eröffnung soll Ende 2016, Anfang 2017 sein.