Die CDU und mit ihr ihr Spitzenkandidat Armin Laschet hat nach den Prognosen von ARD und ZDF die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gewonnen. Foto: DPA

Es ist ein politisches Erdbeben - und eine Katastrophe für SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Die CDU wird stärkste Kraft in Nordrhein-Westfalen, Rot-Grün ist Geschichte. Gibt es in NRW zum ersten Mal eine große Koalition?

Düsseldorf - Die CDU hat nach den Prognosen von ARD und ZDF die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gewonnen. Die regierende rot-grüne Koalition musste am Sonntag schwere Verluste hinnehmen. Die AfD schaffte demnach klar den Einzug ins Landesparlament, die FDP verbuchte starke Zugewinne.

Die CDU hat der SPD damit die bislang schwerste Niederlage im Superwahljahr 2017 beigebracht. Gut vier Monate vor der Bundestagswahl erlitten die Sozialdemokraten am Sonntag im bevölkerungsreichsten Bundesland dramatische Verluste, Rot-Grün unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wurde abwählt. Nach den Prognosen vom frühen Sonntagabend deutete vieles darauf hin, dass es im Stammland der Sozialdemokratie nun zum ersten Mal eine große Koalition geben dürfte - unter Führung der CDU von Herausforderer Armin Laschet.

Erneute Wahlschlappe

Für SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ist dies ein neuer Tiefschlag. Die SPD muss nach den Wahlschlappen im Saarland und in Schleswig-Holstein im Heimatland von Schulz die dritte Niederlage in Folge einstecken. Noch vor wenigen Wochen hatte die SPD in NRW in Umfragen deutlich vorn gelegen. Für Kanzlerin Angela Merkel bedeuten die Aufholjagd und der Sieg der CDU in NRW hingegen starken Rückenwind für die Bundestagswahl im September. Die NRW-Wahl gilt als wichtigster Stimmungstest, da jeder fünfte Wähler bundesweit in dem Land zu Hause ist. Vor fünf Jahren war die SPD hier noch auf 39,1 Prozent gekommen, während die CDU mit 26,3 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in der NRW-Geschichte einfuhr.

Nach den 18-Uhr-Prognosen von ARD und ZDF liegt die CDU mit 34,5 Prozent deutlich vor der SPD mit 30,5 Prozent. Dahinter folgt die FDP mit 12,0 Prozent. Mit 7,5 Prozent zieht nach den Angaben erstmals die AfD in den Düsseldorfer Landtag ein. Die bislang an der Regierung beteiligten Grünen stürzen demnach auf 6,0 Prozent ab. Die Linkspartei musste bei 5,0 Prozent zittern, ob ihr dieses Mal der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingt.

Sollte es in NRW erstmals ein Sechs-Parteien-Parlament geben, zeichnet sich nach den Prognosen folgende Sitzverteilung ab: Die CDU holt demnach im neuen Landtag 66 Sitze, die SPD 58. Die Liberalen erringen 23 Mandate, die Grünen 11, die AfD 14 und die Linke 9. Die Wahlbeteiligung stieg laut ZDF auf 66 Prozent (2012: 59,6 Prozent).

Verschiedene Konstellationen möglich

Damit ist in Nordrhein-Westfalen rechnerisch in jedem Fall eine große Koalition, ein Ampel-Bündnis oder eine sogenannte Jamaika-Koalition möglich. Dreierbündnisse sind aber höchst unwahrscheinlich: Die Liberalen haben eine Ampel mit SPD und Grünen ausgeschlossen, die Grünen ein Jamaika-Bündnis mit CDU und FDP. Ob es sogar für eine eigene schwarz-gelbe Mehrheit von CDU und FDP reichen könnte, war am frühen Sonntagabend noch offen. Denkbar wäre dies, wenn die Linke den Sprung in den Landtag nicht schafft.

Die Liberalen erzielten in NRW unter Führung ihres Bundes- und Landesvorsitzenden Christian Lindner das beste Ergebnis seit über 50 Jahren. Die Grünen mussten im Superwahl 2017 zum dritten Mal in Folge Verluste hinnehmen. Die AfD ist nun in 13 von 16 Landtagen vertreten.

Sowohl SPD als auch CDU haben im Wahlkampf eine große Koalition nicht ausgeschlossen. Als Knackpunkte gelten die Themen Innere Sicherheit und Bildungspolitik. Die CDU dürfte sich auch gegen einen Verbleib von SPD-Innenminister Ralf Jäger im Kabinett aussprechen, der unter anderem wegen der Gewalt in der Kölner Silvesternacht und des Umgangs mit dem späteren Terroristen Anis Amri in der Kritik steht.

Schlag für Sozialdemokraten

Die Sozialdemokraten regierten mit einer Ausnahme seit gut 50 Jahren in NRW. Von 2005 bis 2010 gab es eine schwarz-gelbe Regierung unter CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. SPD-Kanzlerkandidat Schulz hatte sich im NRW-Wahlkampf stark engagiert, sich zugleich aber auf bundespolitischer Bühne zurückgehalten.

Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren hatte die SPD unter Hannelore Kraft mit 39,1 Prozent und 99 Sitzen noch deutlich vor der CDU (26,3 Prozent, 67 Sitze) gelegen. Als drittstärkste Kraft kamen die Grünen auf 11,3 Prozent (29 Sitze). Außerdem waren die FDP mit 8,6 Prozent (22 Sitze) und die Piraten (7,8 Prozent / 20 Sitze) vertreten. Die Linke verpasste 2012 mit 2,5 Prozent den Einzug in den Landtag deutlich.