Ein Bote bringt den NPD-Verbotsantrag der Länder zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Foto: dpa

Nach langer Vorbereitung haben die Länder den neuen Antrag für ein NPD-Verbot in Karlsruhe eingereicht. Dort zeigt man sich gelassen: Der Verbotsantrag werde wie jedes andere Verfahren behandelt.

Nach langer Vorbereitung haben die Länder den neuen Antrag für ein NPD-Verbot in Karlsruhe eingereicht. Dort zeigt man sich gelassen: Der Verbotsantrag werde wie jedes andere Verfahren behandelt.

Karlsruhe - Zehn Jahre nach dem gescheiterten ersten Anlauf haben die Länder einen neuen Antrag für ein NPD-Verbot auf den Weg gebracht. Die Unterlagen des Bundesrates kamen am Dienstag in Karlsruhe per Bote beim Bundesverfassungsgericht an. Die Länderkammer will auf diesem Wege ein Verbot der rechtsextremen Partei erreichen. Bundesregierung und Bundestag haben sich nicht angeschlossen.

In der mehr als 250 Seiten starken Antragsschrift versuchen die Autoren vor allem, Parallelen zwischen der Ideologie der NPD und den Nationalsozialisten des „Dritten Reiches“ aufzuzeigen. Hier gebe es eine „Wesensverwandtschaft“, die für sich schon ein Verbot rechtfertige, argumentieren sie.

Beim Verfassungsgericht hieß es, am Dienstag der Verbotsantrag werde wie jedes andere Verfahren auch behandelt. Der Antrag muss nach seinem Eingang zuerst ein Aktenzeichen bekommen, Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle wird dann den Richter bestimmen, der das Verfahren zuerst prüft. Nach der Geschäftsordnung ist das Verfassungsrichter Michael Gerhardt. Zuständig ist der Zweite Senat.

Ex-Verfassungsrichter Hans Hugo Klein geht davon aus, dass das Gericht das Verfahren vorantreiben wird: „Der Senat wird daran interessiert sein, in möglichst überschaubarer Frist zu einer Sachentscheidung zu kommen“, sagte er dem SWR am Dienstag.

Unterdessen forderte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die künftige Bundesregierung auf, sich an dem Verfahren zu beteiligen.

Die Mehrheit der Länder ist sich sicher, stichhaltiges Material für ein Verbot gesammelt zu haben. „Diese Antragsschrift hat der Partei praktisch den Schleier der angeblichen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie vom Gesicht gerissen“, sagte etwa Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Stahlknecht hatte das neue Verfahren gegen die NPD im April 2011 initiiert.

Die NPD wehrt sich gegen einen Vergleich mit der NSDAP

Auch aus Sicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) ist der Antrag solide. „Wir sind der Überzeugung, dass wir gutes Material zusammengetragen haben, unbelastetes Material, frei von V-Leuten, das testieren wir ja auch“, sagte Pistorius der dpa.

Der erste Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 gescheitert, weil der Verfassungsschutz damals auch in der Parteispitze Informanten hatte. Experten sehen den Antrag nach wie vor kritisch: Die Verbreitung verfassungswidriger Ideen allein reiche für ein Verbot nicht aus, sagte etwa Ex-Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier dem RBB-Inforadio. Es müsse auch eine aktive, aggressiv-kämpferische Haltung dazukommen. Auch Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) zeigte sich skeptisch: „Wir sehen ein großes Risiko beim Gang nach Karlsruhe“, sagte er dem hr1. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) kritisierte den Antrag in der „Bild“-Zeitung“ (Mittwoch) als „reine Symbolpolitik“.

Papier und Rhein verwiesen auch auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, der für ein Parteiverbot noch höhere Hürden errichtet hat. Demnach müsse die Partei die Politik des betreffenden Landes beeinflussen, sagte Rhein. Das könne man von der NPD aber nicht behaupten, auch wenn sie eine „rassistische Partei“ sei, die „abstoßende Positionen“ vertrete. Die NPD kann gegen ein Verbot in Straßburg klagen. Derzeit ist die Partei in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern im Landtag vertreten. Bei der Bundestagswahl im September kam sie auf einen Stimmenanteil von 1,3 Prozent.

Die NPD wehrt sich gegen die ihr attestierte „Wesensverwandtschaft“ mit der NSDAP. Sie strebe weder eine Parteidiktatur an noch wolle sie das Führerprinzip einführen, teilte die Partei am Dienstag mit.

Bislang wurden in der Geschichte der Bundesrepublik erst zwei Parteien verboten: 1952 die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).