Treibende Kraft beim Thema Normenkontrollrat fürs Land: Staatsminister Klaus-Peter Murawski. Foto: dpa

Gesetze und Vorschriften bringen immer wieder einen hohen bürokratischen Aufwand in den Verwaltungen und Kosten für Bürger und Unternehmen mit sich. Aber tut das auch immer not? Ein Normenkontrollrat soll diese Frage ab Januar 2018 für alle Neuregelungen beantworten und Alternativen aufzeigen.

Stuttgart - Die grün-schwarze Landesregierung will unnötige Bürokratie eindämmen und, wo möglich, abbauen. Dazu plant sie, ein unabhängiges Gremium einzusetzen, das in Zukunft alle rechtlichen Neuregelungen auf deren wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen hin bewerten soll. Vor allem Folgekosten in den Verwaltungen sowie für Bürger und Unternehmen sollen dadurch vermieden werden. Der Chef der Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski, stellte die Eckpunkte für den sogenannten Normenkontrollrat unter der Woche beiden Regierungsfraktionen vor. Am 30. Mai sollen sie vom Kabinett bereits beschlossen werden. Er hoffe, dass das Gremium spätestens Anfang Januar 2018 die Arbeit aufnehmen könne, sagt Murawski im Gespräch mit unserer Zeitung.

Auf Bundesebene gibt es den Nationalen Normenkontrollrat bererits seit 2006. Durch seine Arbeit seien in den vergangenen zehn Jahren zwölf Milliarden Euro Bürokratiekosten eingespart worden, heißt es. Dass die Sache nun auf Landesebene vorankommt, liegt vor allem an den Grünen. Staatsminister Murawski gilt als Impulsgeber. Er entwickelte in Anlehnung an das Modell des Bundes ein Konzept für einen Normenkontrollrat in Baden-Württemberg und soll selbst „Koordinator Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung“ der Landesregierung werden. Damit wandert das Thema Bürokratieabbau vom Innen- wieder ins Staatsministerium.

Kontrollgremium soll Nebeneffekte identifizieren

Den Plänen zufolge sollen alle Ressorts künftig verpflichtet sein, dem Normenkontrollrat ein geplantes Gesetz mit Benennung der Folgekosten und des Zwecks vorzulegen, bevor es ins Kabinett kommt.

Das unabhängige Beratungs- und Kontrollgremium stellt dann Kosten und Nutzen gegenüber und prüft, ob die Neuregelung tatsächlich dem beschriebenen Zweck dient und inwieweit sie Nebeneffekte auf ökonomischer, sozialer oder ökologischer Ebene verursacht. „Uns ist wichtig, dass der Normenkontrollrat eine ganzheitliche Betrachtung der Gesetzesvorhaben vornimmt“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Andreas Schwarz.

Am Ende sollen die Bürokratie-Kontrolleure immer eine Stellungnahme ab geben und, falls erforderlich, eine Alternative vorschlagen, um den drohenden bürokratischen Aufwand zu senken. Neue Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften erhalten damit eine Art Preisschild. Ein Vetorecht soll der Normenkontrollrat allerdings nicht erhalten. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart betont, dass er allein bei der „korrekten Ermittlung des Aufwands für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung“ helfen solle. Der Rat dürfe eine Norm nicht politisch bewerten.

Zwar kann der Normenkontrollrat auf Anregung auch bereits bestehende Gesetze unter die Lupe nehmen. Der Fokus seiner Arbeit soll aber auf Neuregelungen liegen. Staatsminister Murawski sagt dazu: „Es ist schon viel gewonnen, wenn es künftig keinen Bürokratieaufbau gibt.“

Besetzung des Normenkontrollrats ist noch offen

Das unabhängige Beratungs- und Kontrollgremium soll aus sechs Mitgliedern besteen – drei Frauen und drei Männern – und auf ehrenamtlicher Basis arbeiten. Die Besetzung ist noch offen. Das Vorschlagsrecht für den Vorsitz hat die CDU. Als Favoritin für den Posten galt zunächst die frühere Amtschefin des Finanzministeriums und Ex-Kanzlerin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Gisela Meister-Scheufelen. Aus CDU-Fraktionskreisen heißt es nun aber, das sei noch lange nicht sicher. Klar ist dagegen: Die Kontrolleure sollen aus möglichst unterschiedlichen Bereichen kommen, etwa aus der Kommunalverwaltung, der Wirtschaft, der Rechtswissenschaft und der Zivilgesellschaft.

Staatsminister Murawski erhält als Bindeglied zwischen der Landesregierung und dem Normenkontrollrat einen zusätzlichen Sitz in dem Gremium – allerdings ohne Stimmrecht. Bei Themen der digitalen Verwaltung soll sich der Rat zudem mit dem IT-Beauftragten des Landes, Stefan Krebs, austauschen und ihn bei Bedarf hinzuziehen.