Einige harte Urteile stehen im Abschlussbericht des Normenkontrollrats, den dessen Chef Johannes Ludewig nun Kanzlerin Angela Merkel übergab. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bürokratieabbau-Experten sehen in Wahlkampfplänen von Union und FDP eine „Scheindiskussion“.

Berlin - Im Wahlkampf spielt die schleppende Digitalisierung eine große Rolle, vor allem Union und FDP wollen sie mit der Schaffung eines Digitalministeriums beschleunigen. Im Wahlprogramm von CDU und CSU ist von einem „Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation“ die Rede. Diese Pläne, die unter anderem die SPD skeptisch beurteilt, sind nun auf offenen Widerspruch des unabhängigen Normenkontrollrats gestoßen, der das Kanzleramt in Fragen des Bürokratieabbaus berät. „Mit Blick auf die Digitalisierung der Verwaltung übersteigt der Symbolwert eines Digitalministeriums den Gebrauchswert“, heißt es im letzten Expertenbericht dieser Wahlperiode, der am Donnerstag präsentiert wurde. Es gebe dafür bisher „kein überzeugendes Modell“, „weder auf Ebene der Bundesländer noch im internationalen Vergleich“.

„Wir haben ein bisschen die Sorge, dass sich da eine Scheindiskussion entwickelt nach dem Motto ,Wenn wir ein Digitalministerium einrichten, dann haben wir die Digitalprobleme gelöst’ – und das ist eine Illusion“, sagt Hannes Kühn vom Normenkontrollrat. Entscheidend sei stattdessen, ob sich Bund, Länder und Kommunen auf ein Verfahren verständigen könnten, um in einem überschaubaren Zeitraum die anstehenden Probleme quer durch die öffentliche Verwaltung in Deutschland zu lösen. Dies könne beispielsweise im Kanzleramt oder einem existierenden Ministerium koordiniert und von einer neuen „Digitalisierungsagentur operativ vorangetrieben“ werden, wie es in einem Reformpapier heißt, das einen unzweideutigen Titel trägt: „Deutschland ist, denkt und handelt zu kompliziert.“