Befürworter des Projekts erhoffen sich vom ersten Nationalpark des Landes im Nordschwarzwald einen Schub für den lahmenden Tourismus. Foto: dpa

Im Streit um geplanten Nationalpark Nordschwarzwald wird Bürgerprotest geprüft.

Stuttgart/Freudenstadt - Rainer Prewo, einst Oberbürgermeister von Nagold und Landtagsabgeordneter der SPD, hätte sich die Fahrt sparen können. Als er am Wochenende die Hauptversammlung des Waldbesitzervereins Nordschwarzwald im Kreis Freudenstadt besuchte, um dort für den von der grün-roten Landesregierung geplanten Nationalpark Nordschwarzwald zu werben, kam Prewo kaum zu Wort. Zwischenrufe, Beleidigungen – der Auftritt für den ehemaligen Kommunal- und Landespolitiker war ernüchternd, macht aber zugleich deutlich, wie verhärtet die Fronten im Nordschwarzwald sind.

Auf der einen Seite die Befürworter des Projekts, die sich vom ersten Nationalpark des Landes einen Schub für den lahmenden Tourismus erhoffen. Auf der anderen Seite die Gegner, die sich um die Zukunft der Holzwirtschaft, um die Expansionsmöglichkeiten ihrer Kommunen, um Beschränkungen für Tourismus und Sport fürchten.

Sind Protestschilder zulässig?

Und der Ton wird immer rauer, wie ein neues Beispiel belegt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Landratsämter im Nordschwarzwald jetzt schriftlich angewiesen, eine heikle Frage zu klären. Man möge ermitteln, so heißt es im Schreiben vom 10. Januar, ob die Fülle an Schildern – das Protestschild zeigt das Schlagwort Nordschwarzwald durchgestrichen mit einem roten Balken nach dem Vorbild Stuttgart 21 – aus bau-, naturschutzrechtlichen und ordnungspolitischen Gründen zulässig ist.

Eine Sprecherin des Landratsamtes Freudenstadt bestätigte den Auftrag gegenüber unserer Zeitung. Man habe mit den entsprechenden Baurechtsämtern der Kommunen inzwischen um die Prüfung gebeten. „Wir werden die Informationen zusammentragen“, sagte die Sprecherin der Kreisbehörde.

Das Regierungspräsidium hat als Antwortfrist den 15. Februar gesetzt. Dort wird der Prüfauftrag an die Landratsämter bestätigt. „Der Auslöser war ein anonymes Schreiben im Dezember vergangenen Jahres“, sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums am Montag. Die Person habe sich an der Flut der Schilder gestört, die mittlerweile an vielen Straßen zu sehen sind.

Vermutung: Grün-Rot will Protestschilder entfernen

Vermutung: Grün-Rot will Protestschilder entfernen

Daraufhin habe man die Baurechtsbehörden gebeten „zu prüfen, ob ein bauaufsichtsrechtliches Einschreiten notwendig“ sei. Im Klartext: Wo ist das Entfernen nötig? „Wir wollen uns einen Überblick verschaffen und werden dann über unser weiteres Vorgehen entscheiden“, so der Sprecher. Dabei spiele es für das Regierungspräsidium „keine Rolle, um welche Art von Plakaten es sich handle. „Wir wollen die freie Meinungsäußerung nicht einschränken“, beteuerte der Sprecher.

Dennoch sorgt der Vorgang inzwischen für heftige Diskussionen, weil in den vergangenen Wochen vor allem die Gegner massiv mobil gemacht haben. Kritiker des geplanten Nationalparks vermuten deshalb, dass Grün-Rot auf diesem Weg versuchen will, die Protestschilder entfernen zu lassen. Offenbar nehme die Landesregierung ihre Politik des Gehörtwerdens in diesem Fall nicht so ernst, wird gemutmaßt. Doch im Landwirtschaftsministerium weist man den Verdacht von sich. „Wir waren über die Aktion weder informiert, noch sind wir involviert“, sagte eine Sprecherin von Minister Alexander Bonde (Grüne) am Montag.

"Echter mitteleuropäischer Urwald"

Fakt ist: Der Landwirtschaftsminister, aber auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) haben sich immer wieder für die Einrichtung des ersten Nationalparks starkgemacht. „Wir brauchen ein Stück Natur, das sich ohne Eingriffe des Menschen entwickelt“, so Kretschmann. Von einem „solchen echten mitteleuropäischen Urwald“ mit einer Größe von 10.000 Hektar werde gerade der Tourismus profitieren.

Der Ministerpräsident hatte aber stets betont, der Nationalpark werde ein Beispiel sein für die Bürgerbeteiligung und des Gehörtwerdens. Die Landesregierung wolle das Projekt, „nicht über die Köpfe der Bevölkerung hinweg“, stattdessen würden die Bürger „eingebunden, befragt und gehört“.

So hatte auch der Landwirtschaftsminister argumentiert. Bonde will den Nationalpark, wie er im grün-roten Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, möchte eine Entscheidung aber erst treffen, wenn Ende des Jahres ein Fachgutachten vorliegt. Trotz der Proteste hält er an dem Ziel fest: „Der Nationalpark ist kein Selbstzweck. Es ist unser Ziel, der Natur ein Stück Fläche zurückzugeben.“