Südkoreas Vereinigungsminister und Delegationsleiter Cho Myoung Gyon (links) und sein nordkoreanischer Amtskollege Ri Son Gwon geben sich in Panmunjom, Südkorea, die Hand. Foto: KOREA POOL via Yonhap/AP

Im Grenzort Panmunjom soll das Eis auf der Koreanischen Halbinsel gebrochen werden. Erst einmal geht es um eine Olympia-Teilnahme Nordkoreas im Süden, dann sollen schwierige Themen folgen. Die Erwartungen sind eher niedrig.

Seoul - Das Muster ist bekannt: Auf die Provokation folgt ein Dialogangebot, um Zugeständnisse herauszuschlagen. So kam der Vorstoß des nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong Un zu einer neuen Annäherung an den Süden zum Jahreswechsel nicht völlig überraschend. Trotzdem weckt er die Hoffnung, dass das Säbelrasseln aus Pjöngjang nachlässt und die gefährlichen Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel weniger werden - zumindest vorerst.

Im Grenzort Panmunjom begegneten sich die Delegationen unter Führung des südkoreanischen Wiedervereinigungsministers Cho Myoung Gyon und des Nordkoreaners Ri Son Gwon, einem Hardliner, zuständig für die Beziehungen zu Seoul. Dabei ging es zunächst vor allem um eine Olympia-Teilnahme Nordkoreas bei den Winterspielen im Februar in Südkorea.

Die Tür zu dem Treffen stieß Machthaber Kim mit seiner Neujahrsrede auf, in der er sich für eine nordkoreanische Olympia-Delegation offen zeigte. Zugleich allerdings erneuerte er seine Drohgebärden gegen die USA und verwies auf einen „Atomknopf“ auf seinem Schreibtisch.

Südkorea ergreift Strohhalm

Beobachter bewerteten die widersprüchlichen Signale als Versuch, einen Keil zwischen die Partner Südkorea und USA zu treiben, den internationalen Rückhalt für Sanktionen gegen Nordkorea zu schwächen und Zeit für das eigene Atomprogramm zu gewinnen.

Nichtsdestotrotz ergriff Südkorea den Strohhalm und reagierte auf Kims Rede mit dem Gesprächsangebot. Auf den Vorschlag von Präsident Moon Jae In, der sich die Wiederannäherung auf der Halbinsel auf die Fahnen geschrieben hat, ging wiederum dann Kim ein.

Selbst US-Präsident Donald Trump hat die Gespräche als einen guten Start bezeichnet und seine Hoffnung auf Bewegung zum Ausdruck gebracht. An die Adresse Kims jedoch schickte er ebenso die Warnung, er habe selbst einen „Atomknopf“ - und der sei noch viel größer und mächtiger.

Vielleicht gemeinsamer Einmarsch bei Olympia

Südkorea stellte zunächst das Thema Olympische Winterspiele in den Mittelpunkt. Prompt kündigte Nordkorea an, eine Delegation nach Pyeongchang zu entsenden, woraufhin Südkorea vorschlug, die Teilnehmer beider Seiten könnten bei Eröffnung und Abschluss der Spiele gemeinsam auftreten.

Moons Regierung verspricht sich von der Teilnahme nordkoreanischer Sportler an den Spielen in Pyeongchang vom 9. bis 25. Februar ein augenfälliges Gegengewicht zu den Feindseligkeiten der vergangenen Jahre. Möglich, dass die Südkoreaner beim Treffen an der Grenze nun einen gemeinsamen Einmarsch der Teilnehmer beider Länder vorschlagen.

Auch ein gemeinsames Eishockeyteam der Frauen könnte auf der Liste stehen. Ähnliche Schritte gab es während früherer Tauwetterzeiten auf der Koreanischen Halbinsel schon bei anderen internationalen Sportwettbewerben - diesmal würden die Signale nach einem Jahr voller Drohungen aber wohl besondere Aufmerksamkeit erregen.

Dass sich keine nordkoreanischen Athleten für die Winterspiele qualifiziert haben, soll dabei keine Hürde sein. Das Internationale Olympische Komitee erklärte bereits, es habe die Meldefrist für eine Teilnahme verlängert und unterstütze das Qualifikationsverfahren für nordkoreanische Sportler.

Südkorea möchte Familientreffen wieder ermöglichen

Erst nach dem Thema Olympia wollte Südkorea schwierigere politische und militärische Knackpunkte aufs Tapet bringen. Doch was weitere Schritte zur Verbesserung der Beziehungen angeht, so zweifeln Beobachter an greifbaren Fortschritten.

Moons Regierung möchte beispielsweise die Begegnung von Familien wiederaufnehmen, die im Krieg der beiden Koreas getrennt wurden. Außerdem erhofft sie sich Maßnahmen zum Abbau der Spannungen in der Grenzregion. Dafür könnte Pjöngjang einfordern, dass für Nordkorea lukrative, derzeit auf Eis liegende gemeinsame Projekte wiederbelebt werden. Oder auch, dass die jährlichen gemeinschaftlichen Militärübungen von Südkorea und USA ausgesetzt werden, die Nordkorea als Vorbereitung für eine Invasion verteufelt.

Darauf kann der Süden überhaupt nicht eingehen, um nicht die Beziehung zu seinem Hauptverbündeten USA aufs Spiel zu setzen, der wiederum nach mehr Druck auf Nordkorea ruft. Trump hat zwar zugestimmt, die anstehenden Frühjahrsübungen zu verschieben. Verteidigungsminister James Mattis hat aber betont, dabei handele es sich nur um eine praktische Notwendigkeit wegen der Olympischen Spiele, nicht um eine politische Geste.

Nach den Winterspielen könnten die Spannungen also wieder zunehmen, glauben Analysten. Wenn das Militärmanöver beginnt und Nordkorea vermutlich mit neuen Raketentests antwortet, könnte das Tauwetter schon wieder vorbei sein.