Jimmy Carter war 2010 in Nordkorea – als Privatmann, nicht als ehemaliger US-Präsident. Foto: AP

Verbale Provokationen und militärische Muskelspiele lassen die Situation auf der koreanischen Halbinsel von Tag zu Tag gefährlicher werden. Für einen Ausweg aus der Krise gibt es drei Handlungsmöglichkeiten, analysiert Politik-Redakteur Christian Gottschalk.

Stuttgart - An militärischen Drohgebärden und verbalen Muskelspielen in und um Nordkorea ist derzeit wirklich kein Mangel. Der Diktator aus Pjöngjang testet abwechselnd Raketen sowie Bomben mit atomarer Sprengkraft, der Präsident der Vereinigten Staaten schießt Salven von Warnungen, Mahnungen und Zurechtweisungen hinterher. Donald Trump droht mit Optionen, die er bei realistischer Betrachtung nicht hat. Nordkorea baut an einer Atombombe, das Ziel sollte darin bestehen, dieses Vorhaben zu stoppen. Dafür gibt es im Grunde drei Handlungsmöglichkeiten.

Da ist zunächst einmal ein Militärschlag. Es ist schon strittig, ob die US-Luftwaffe überhaupt dazu in der Lage ist, alle nordkoreanischen Raketensilos mit einem Mal auszuschalten. Ganz sicher ist es aber unmöglich, das hoch gerüstete Militär Nordkoreas mit einem Schlag kampfunfähig zu machen. Dass sich Kim Jong Un bei einem Angriff zur Wehr setzen würde ist mehr als wahrscheinlich. Tausende von Panzern, Geschossen, biologischen und chemischen Waffen würden in der nur wenige Kilometer hinter der Grenze liegenden südkoreanischen Hauptstadt Seoul ein Blutbad anrichten. Wenn Donald Trump dies nicht in Kauf nehmen will, dann ist die militärische Karte keine Option.

Weitermachen wie bisher ist nicht das Schlechteste

Möglichkeit zwei besteht darin, so weiterzumachen wie bisher. Seit dem Ausstieg Nordkoreas aus dem Atomwaffenkontrollprogramm 1993 ist das Land unter Beobachtung der Weltgemeinschaft. Seit dem Atombombentest 2006 gibt es vermehrt Sanktionen der Vereinten Nationen. Diese werden verschärft, gelockert und wieder verschärft. Wenn das Ziel darin besteht, Nordkorea von seinem Atomprogramm abzubringen, war dieser Weg offenbar nicht sonderlich erfolgreich.

Es gehört zu den reflexhaft geäußerten Einwänden, dass die Sanktionen nicht so greifen wie gewünscht, weil sie von China unterlaufen werden. Das hat sich in der jüngsten Vergangenheit zwar geändert. China, der wichtigste Handelspartner Nordkoreas, ist deutlich auf Distanz zu Kim Jong Un gegangen. Gleichwohl ist der Einwand nicht völlig falsch. Doch für Peking ist die Lage ungleich komplizierter als für Washington. China teilt das Interesse des Westens an einer von Nuklearwaffen befreiten koreanischen Halbinsel. Ein Zusammenbruch des nordkoreanischen Regimes wäre jedoch eine geopolitische Katastrophe. US-Truppen an der chinesischen Landgrenze wären für China in etwa so bedrohlich, wie es in den 60er-Jahren sowjetische Raketen auf Kuba für die USA waren.

Gegenüber China braucht es Partnerschaft, keinen Druck

Dennoch sollte China verstärkt in die Sanktionspolitik eingebunden werden. Druck und die Drohung mit Handelskriegen ist dabei jedoch nicht sinnvoll. Sehr viel wichtiger wäre eine chinesisch-amerikanische Zusammenarbeit, bei der sich die USA zur klaren Zurückhaltung für den Fall bekennen, dass die koreanischen Staaten zusammenwachsen sollten. Diese zweite Variante ist besser als ein Militärschlag, auch wenn selbst bei einer Zustimmung Chinas keinesfalls gesagt ist, dass die Sanktionen die gewünschte Wirkung entfalten. Es lohnt daher ein Gedanke auf Möglichkeit drei zu verschwenden: direkte Gespräche.

Die USA und Nordkorea unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Als die ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton das Land besuchten, waren sie bereits außer Dienst. Die Überlegung, dass die Supermacht USA im direkten Kontakt zu klären versucht, was Nordkorea eigentlich will, sollte mehr als ein Gedankenspiel werden. Eine harte Sanktionslinie und die Vorbereitung solcher Gespräche schließen sich nicht aus, sie ergänzen sich. Nordkorea hat die USA zum Erzfeind erklärt – und giert nach deren Anerkennung. Kim Jong Un ist ein Diktator, der Menschenrechte verachtet. Trotzdem ist es besser, mit ihm zu reden, als Wege zu wählen, die in die Katastrophe münden.