Ehrgeiz, Siegeswille, Konstanz: Eric Frenzel zählt zu den besten seines Fachs. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der 32-Jährige ist der erfolgreichste Kombinierer der Geschichte – und nach 16 WM-Medaillen und drei Olympiasiegen noch nicht müde. Bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf will er wieder zuschlagen.

Oberstdorf - Die Reiseplaner des Deutschen Ski-Verbandes (DSV) haben großen Wert darauf gelegt, dass sich die Athleten bei der Heim-WM in Oberstdorf wohlfühlen. Also buchten sie Zimmer im Fünf-Sterne-Hotel Franks, das viele Annehmlichkeiten zu bieten hat. Diese Woche schaute sogar ein Friseur vorbei. Eric Frenzel packte die Gelegenheit beim Schopfe, ließ sich die Haare schneiden. Und ist nun bereit, kurzen Prozess zu machen.

Frenzel ist der erfolgreichste Kombinierer der Geschichte. Und trotzdem keiner, der große Ansagen macht. „Ich will meine beste Leistung abrufen“, erklärt er in der kleinen Medienrunde auf dem Gehweg vor dem Teamhotel mit Blick auf den WM-Wettkampf an diesem Donnerstag (Großschanze ab 11 Uhr, 10-km-Langlauf ab 15.15 Uhr/ZDF), bei dem er Titelverteidiger ist. Ob das für eine Medaille reicht? „Wird man sehen.“

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Seit 2009 bei jeder WM eine Medaille

Es sind Sätze, die nichts über den wahren Eric Frenzel aussagen. Über seinen enormen Ehrgeiz. Seinen Siegeswillen. Seine Klasse. Seine Konstanz über Jahre hinweg. Seit 2009 holte er bei jeder WM eine Medaille, insgesamt sind es 16 (7 Gold/7 Silber/2 Bronze). Dazu kommen drei Olympiasiege (3/1/2) und fünf Erfolge im Gesamtweltcup. Mehr geht nicht? Und ob! Der Mann aus dem Erzgebirge ist 32 Jahre alt und dreifacher Familienvater, aber noch lange nicht müde. Nur die Prioritäten haben sich etwas verschoben.

Der letzte Erfolg im Gesamtweltcup liegt vier Jahre zurück, und es wird ziemlich sicher keiner mehr dazukommen. Frenzel spürt den Verschleiß, physisch wie psychisch. Die vielen Reisen, ständig neue Schanzen, dafür weniger Trainingseinheiten – der Weltcup-Stress zehrt an ihm. Weshalb die Großereignisse umso wichtiger werden. Dann gibt es eine konkrete Vorbereitung, genügend Probesprünge, den Druck, den sich jüngere Athleten machen. „All das hilft mir“, sagt Eric Frenzel, „deshalb geht mein Fokus eher in Richtung WM und Olympische Spiele.“ Auf Peking 2022. Und auch bei der Heim-WM in Oberstdorf hat er noch viel vor.

Jarl Magnus Riiber gilt es zu schlagen

Frenzel ist gut in Form. Beim Wettbewerb von der Normalschanze wurde er auch deshalb Vierter, weil die Skier in der Loipe nur mittelprächtig liefen. In der Staffel war der Routinier klar der stärkste Deutsche. Das macht Hoffnung für die beiden ausstehenden Wettbewerbe – Einzel und (Zweier-)Teamsprint von der Großschanze. Frenzel sagt es nicht, aber zumindest einen Titel will er gewinnen. Das Problem: Dafür muss er Jarl Magnus Riiber schlagen, der in Oberstdorf viermal Gold holen könnte.

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„Der gegenseitige Respekt ist groß“, sagt Frenzel über seinen legitimen Thronfolger als König der Kombinierer. Und trotzdem nahm er sich das Recht heraus, den Norweger nach dessen Erfolg im Auftaktwettbewerb zu kritisieren: „Er hat sich beim Laufen versteckt, zurückgehalten, abgewartet und es auf die letzten Meter angelegt. Als Gesamtweltcup-Sieger hat er die nötige Souveränität, er könnte auch selbst etwas investieren, mal vorneweglaufen. Meine Herangehensweise wäre das nicht.“

Er will noch einmal beweisen, was er draufhat

Dass Frenzel so deutlich wird, wenn es um den großen Rivalen geht, zeigt nicht nur den Anspruch, den er hat – vor allem an sich selbst. Sondern auch seine Entschlossenheit. Er will noch einmal beweisen, was er draufhat. Am liebsten im direkten Duell mit Jarl Magnus Riiber. Aus Sicht von Hermann Weinbuch ist nicht ausgeschlossen, dass es dazu kommt. „Es steckt enorm viel in meiner Mannschaft, wir können etwas“, sagt der Bundestrainer, „und Riiber muss hier bei der WM brutal kämpfen. Es geht bei ihm nicht mehr so spielerisch und selbstverständlich wie vor einem Jahr. Er ist nicht unantastbar.“

Oder anders ausgedrückt: Es ist Zeit für einen Schnitt. Nicht nur beim Friseur im Teamhotel.