Eine im Tunnel verlaufende Straße würde den Flächenverbrauch deutlich reduzieren, argumentieren die Befürworter dieser Variante. Die Landschaft bleibe größtenteils erhalten. Foto: Gottfried Stoppel/Gottfried Stoppel

Großes Lob einerseits, strikte Ablehnung andererseits: An der von vier Unternehmen ins Spiel gebrachten Variante eines im Tunnel geführten Nord-Ost-Rings scheiden sich im Waiblinger Gemeinderat die Geister.

Waiblingen - In „der Höhle des Löwen“ sei er schon vor vier Wochen gewesen, hat Rüdiger Stihl am Donnerstag bei der Gemeinderatssitzung im Waiblinger Bürgerzentrum auf Nachfrage berichtet. Gemeint hat er seinen Besuch im Fellbacher Gemeinderat, wo er die Pläne der Initiative Landschaftsmodell Nord-Ost-Ring vorgestellt hatte und wo dieses Straßenbauprojekt ganz allgemein auf keine Gegenliebe stößt.

Die Initiative Landschaftsmodell Nord-Ost-Ring ist ein Zusammenschluss von vier Unternehmen der Region – neben Stihl die Firmen Robert Bosch, Trumpf und Lapp Kabel. Sie macht sich dafür stark, statt des umstrittenen, knapp zwölf Kilometer langen und vierspurig ausgebauten Nord-Ost-Rings eine rund elf Kilometer lange, vierspurige Variante unter der Erde zu bauen. Diese Lösung, die rund 1,4 Milliarden Euro kosten soll, zielt laut Rüdiger Stihl auf „eine Versöhnung von Ökologie und Ökonomie“ ab.

Gegen offene Streckenführung

„Wir sind Gegner der offenen Streckenführung“, sagte Stihl – was wohl der einzige Punkt sein dürfte, dem man in Fellbach zustimmen würde. Doch während der Vorschlag einer überdeckelten Straße dort auf breite Ablehnung stößt, war das Echo im Waiblinger Rat sehr gemischt. Die Wortmeldungen reichten vom Lob in den höchsten Tönen bis zur völligen Ablehnung der Idee, die Rüdiger Stihl, ein Gesellschafter der Stihl Holding, als „einzig sinnvolle Option zur Lösung der drängenden Verkehrsprobleme“ pries. Einem vierspurigen oberirdischen Ausbau hatte man in Waiblingen zwar offiziell eine Absage erteilt, eine zweispurige Straße durch das Schmidener Feld könnten sich aber große Teile des Gemeinderats und der Oberbürgermeister Andreas Hesky vorstellen.

Die neue Variante fand große Zustimmung bei der CDU-Fraktion, die vor einiger Zeit eine Tunnellösung im kleineren Umfang angeregt hatte und Stihl nun ihre Unterstützung zusagte. Auch die FDP-Fraktion und die Fraktion Freie Wähler/Demokratische Freie Bürger signalisierten mehrheitlich Zustimmung – bis auf Volker Escher. Der Landwirt argumentierte, er könne sich nicht vorstellen, dass auf der über dem Tunnel liegenden Erdschicht noch Pflanzen gedeihen würden. An dieser Meinung änderten auch die Ausführungen des Bodenkundlers Karl Stahr von der Universität Hohenheim wenig. Dieser hatte erläutert, dass die verschiedenen Erdschichten getrennt abgetragen und gelagert und nach dem Bau wieder in richtiger Reihenfolge aufgebracht würden.

Ein „Relikt aus der Vergangenheit“

„Der Nord-Ost-Ring ist ein Relikt aus der Vergangenheit“, sagte Iris Förster von der Agtif Fraktionsgemeinschaft. Sie argumentierte, neue Straßen zögen neuen Verkehr an, und die Kohlendioxidbelastung durch den „gigantischen Betonverbau“ sei enorm. Tobias Märtterer von der Liste Grüne, Natur- und Tierfreunde (Grünt) lehnte den Nord-Ost-Ring ebenfalls ab: „egal, ob der oben gebaut oder tiefergelegt wird“. Er argumentierte, dass sich verkehrsmindernde Konzepte wie etwa mehr Homeoffice schneller umsetzen ließen.

Auch Roland Wied (SPD) brachte den Zeitfaktor ins Spiel. „Wir sollten uns nicht über Jahrzehnte mit Wolkenkuckucksheimen auseinandersetzen, sondern über Dinge sprechen, die wir auch realisieren können.“ Als Beispiele nannte er eine Erweiterung der Kapazität der Neckarbrücke oder eine Südumgehung für Hegnach.