Die Debatte über die vierspurige Trasse Nord-Ost-Ring Foto: Patricia Sigerist

Der neue Staatssekretär im Berliner Verkehrsministerium, Steffen Bilger, lässt keinerlei Zweifel an seiner Haltung.

Fellbach - Der bisherige Staatssekretär im Berliner Verkehrsministerium, Norbert Barthle aus Schwäbisch Gmünd, wechselt bekanntlich auf selber Ebene ins Entwicklungshilferessort. Sollte jemand speziell in Fellbach gedacht oder gehofft haben, dass dessen Nachfolger in Sachen Stuttgarter Nord-Ost-Ring einen anderen Kurs fahren könnte, so ist dies spätestens seit dem Wochenende vorbei.

Denn Steffen Bilger, seit wenigen Tagender neuer Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), bestätigte während einer Felder-Rundfahrt zur geplanten Trasse der neuen Schnellpiste zwischen dem Remstal und dem Raum Ludwigsburg nochmal die Position seiner Partei: „Die CDU ist persönlich für den Nord-Ost-Ring.“ Er selbst freue sich über den Austausch: „Wir müssen uns aufeinander zu bewegen, dazu gehört der Austausch mit den Bürgerorganisationen“, so Bilger. Verkehrspolitik sei „ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen. Innovationen in den Bereichen „Elektromobilität und auch im Personennahverkehr“ gehören laut dem Verkehrsexperten ebenso dazu, „wie der Ausbau und der Neubau von Straßen.“ Von einem vierspurigen Nord-Ost-Ring verspricht sich der 39-jährige Bilger „eine hohe Wirtschaftlichkeit.“

Landwirte sind verunsichert, Bürger besorgt

Die Debatte über die Straßenverbindung von der B 27 bei Kornwestheim zur B 14 bei Fellbach war eigentlich nicht mehr relevant – bis der aktuelle Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 im vergangenen Jahr aufgelegt wurde. Die Diskussion um die vierspurige Trasse ruft besorgte und verunsicherte Landwirte sowie Bürger auf den Plan, die sich nun mit zwei Verkehrsexperten aus der Region Stuttgart, den Bundespolitikern Matthias Gastel (Grüne, Wahlkreis Nürtingen) und Steffen Bilger (CDU, Wahlkreis Ludwigsburg), trafen.

Bei der Diskussionsrunde vor der anschließenden Felder-Rundfahrt beim Sonnenhof in Remseck erörterten Gastel, der Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags und ganz klar gegen den Nord-Ost-Ring ist, und Steffen Bilger, der sich für den Nord-Ost-Ring ausspricht, die Vor- und Nachteile des Projekts. Auch ging es darum, welche Alternativen eventuell möglich wären statt einer vierspurigen Straße, die nötig wäre, um die prognostizierten 70 000 Autos täglich zu verdauen.

Gastel hat sich immer wieder gegen den Nord-Ost-Ring eingesetzt

Eines der Probleme, die Gastel nannte, ist die lineare Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans und dass alternative Maßnahmen, wie die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, nicht mitgedacht wurden. „Die Trassenpreise steigen um 15 Prozent und die LKW-Maut sinkt um 15 Prozent. Es kann nicht sein, dass der falschen Politik Straßen hinterhergebaut werden.“ Gastel hat sich immer wieder gegen den Nord-Ost-Ring eingesetzt, zuletzt mit einem Antrag zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans. Der Antrag war jedoch von der Bundesregierung (CDU und SPD) abgelehnt worden.

Das Projekt Nord-Ost-Ring hat seinen Weg in den BVPW nicht über die Anmeldung des Landes, wie es üblich ist, gefunden, sondern wurde, so Gastel, „auf Anraten einzelner Mitwirkenden in den BVWP aufgenommen – jedoch mit geringer Priorität.“ Da auch in allen Bereichen der Verkehrsplanung Personalmangel herrsche, glaubt Gastel nicht an die Realisierung des Projektes: „Wenn das Personal knapp ist, dann setzt man dringende Projekte um.“ Es gebe ohnehin jede Menge Projekte, wie der Ausbau der B 27 oder der A 81, die mehr Leistungsfähigkeit bieten würden.

Für Gastel bietet der Nord-Ost-Ring „aus grüner Überzeugung keinen Beitrag zur Lösung des Verkehrsproblems, sondern schafft mehr Probleme“. Darunter nannte er den großen Flächenverbrauch, die entstehende Lärmquelle, das Zerschneiden der Landschaft und die Auswirkungen auf die Ökologie.

Diese Meinung unterstützten auch die anwesenden Landwirte und betroffenen Bürger. Eine „alternative Verkehrspolitik“ sei gefragt. Der von Bilger angesprochenen Untertunnelung standen sie mehr als skeptische gegenüber. „Aus den Augen, aus dem Sinn!“, kommentierte das Publikum und das sei doch „Augenwischerei!“ erzürnten sich einige Anwesende. Denn klar sei, dass auch die Untertunnelung die fruchtbaren Loss-Lehmböden unwiederbringlich zerstören würde.