Der „No Kings Day“ kontert Militärparade: Am 14. Juni wollen weltweit Menschen gegen Trump protestieren. Wie sehen die „Democrats Abroad“ im Südwesten die Vorgänge in den USA?
In Zeiten drastischer Haushaltskürzungen auf Kosten von Bildung, Klimaschutz und Gesundheit schenkt US-Präsident Donald Trump sich selbst zum Geburtstag rund 45 Millionen US-Dollar aus dem Staatshaushalt. So viel kostet die Militärparade, die er am Samstag, 14. Juni, in Washington veranstaltet – schließlich wird man nur einmal 79 und das US-Heer zugleich 250 Jahre alt.
No Kings Day: 1500 Kundgebungen geplant
Der „No Kings Day“ indes will dem US-Präsidenten am selben Tag einen Strich durch die kostspielige Rechnung machen. „In Amerika halten wir nichts von Königen“: Unter diesem Motto schufen die US-Gründervater die amerikanische Demokratie, nun treibt die Gruppe „No Kings“ mit ihrem Slogan Trumpgegner auf die Straßen.
Ihr Bestreben „Keine Throne, keine Kronen, keine Könige“ eint verschiedene Anti-Trump-Bewegungen wie „Indivisible“ oder die 50501-Initiative. Gemeinsam haben sie 1500 Kundgebungen in allen 50 US Bundesstaaten, sogar auf Hawaii und Alaska, angekündigt, zudem soll es weltweite Solidaraktionen geben.
Hierzulande veranstaltet Indivisible zusammen mit den„Democrats Abroad“ Kundgebungen in Freiburg, Frankfurt, Hamburg und München.
Protestwelle gegen Machtmissbrauch
Die internationale Protestwelle ist nicht nur eine Reaktion auf Trumps Militärmarsch, der so manche an das autoritäre Gebaren von Russlands Diktator Putin erinnert. Sie versteht sich auch als eindeutige Antwort auf Trumps fragwürdige Machtdemonstration in Los Angeles. Dort protestiert die Bevölkerung seit Tagen gegen ausländerfeindliche Abschieberazzien der US-Einwanderungsbehörde ICE. Trump schickte daraufhin die Nationalgarde und Marineinfanterie in den Stadt – gegen den Willen von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom.
Einsatz der Nationalgarde ein Streitfall vor Gericht
Nun sind die Auseinandersetzungen von den Straßen in die Gerichtssäle geschwappt: Das Bezirksgericht in San Francisco hat den Einsatz der Nationalgarde mittlerweile als rechtswidrig erklärt und unterbunden. Die Begründung: Trump habe seine Befugnisse überschritten.
Doch ein Berufungsgericht kippte die Entscheidung wiederum und gab Trump das Kommando über die Nationalgarde vorerst zurück.
Trump bezeichnet Demonstranten als „Tiere“
Der US-Präsident rechtfertigt sein Vorgehen, indem er die größtenteils friedlichen Proteste gewalttätige Ausschreitungen nennt und die Demonstrierenden als „Tiere“ bezeichnet.
Auch für den „No Kings Day“ habe Trump bereits angekündigt, den Protesten mit ‚great force’ – mit aller Kraft – zu begegnen: „Trump versucht einen Notstand zu inszenieren, um Gesetze auszuhebeln, die das Recht auf Protest schützen“, erzählt Sasha Arrington besorgt. Die US-Amerikanerin engagiert sich bei den „Democrats abroad Stuttgart and Southwestern Germany“.
„Democrats abroad Stuttgart“ – wie sie die Lage sehen
Unsere Redaktion wollte von der Organisation wissen: Wie blicken Amerikanerinnen und Amerikaner im Ausland auf die Vorgänge in ihrem Heimatland? Und was unternehmen eigentlich die Demokraten dagegen?
Sasha Arrington arbeitet als Lehrerin in Stuttgart, gebürtig kommt sie aus Los Angeles. Sie hat Familie dort, die sie im Juli mit ihren Kindern besuchen möchte. Bekannte hätten ihr angesichts der aktuellen Unruhen davon abgeraten. Sie könnte als aktives Mitglied der „Democrats abroad“ Probleme bei der Ein- und Ausreise bekommen. „Es ist absurd, dass ich deswegen Angst haben muss“, sagt sie.
US-Bürger hat Angst um seine Familie
Angst hat auch Wy Ming Lin: „Ich mache mir Sorgen um meine Familie“. Der 31-Jährige US-Amerikaner mit chinesischen Wurzeln ist in einem der Immigrantenvietel von Brooklyn aufgewachsen. Er fürchtet, dass sich das harsche Vorgehen der Einwanderungsbehörde künftig auch gegen seine Mutter und ihre Verwandten richten könnte.
Lin selbst ist 2018 für seinen Master in Neurowissenschaften nach Tübingen gekommen, inzwischen ist er promovierter Psychologe und Vorsitzender der „Democrats Abroad Stuttgart and Southwestern Germany“. Eine Rückkehr in die USA schließt er seit Trumps Angriffen auf die freie Wissenschaft vorläufig aus.
17.000 US-Bürgerinnen und Bürger leben im Südwesten
Aktuell laufe es eher andersherum, beobachtet Sasha Arrington: Viele Amerikanerinnen und Amerikanern aus akademischen Kreisen würden überlegen, auszuwandern – auch nach Baden-Württemberg, wo es mehrere renommierte Forschungseinrichtungen gibt.
Schon jetzt leben laut „Democrats Abroad“ rund 25.000 US-Bürgerinnen und Bürger in Deutschland (Stand 2023). Die überwiegende Mehrheit von ihnen – 17.600 – wohnt in Baden-Württemberg, 2000 allein in Stuttgart.
Eine beträchtliche Anzahl, von der Wy Ming Lin hofft, sie gegen Trump mobilisieren zu können. Er appelliert: „Es gibt etwas, was Sie gegen Trumps antidemokratischen Kurs tun können: Alle US-Staatsbürgerinnen und Bürger, die sie kennen, an ihr Wahlrecht zu erinnern!“ Die nächste Präsidentschaftswahl sei zwar erst wieder 2028, aber schon in diesem Jahr fänden einige Kommunalwahlen statt.
„Die Wahlbeteiligung ist hier erfahrungsgemäß gering. Vor allem unter Amerikanerinnen und Amerikanern im Ausland“, berichtet Lin. Das müsse sich dringend ändern.
Was unternehmen die Demokraten?
Dafür brauche es auch eine aktivere Herangehensweise der Demokraten, räumt er ein. „Es wirkt, als würden die Demokraten der Trump-Regierung momentan nicht viel entgegensetzen.“
In der ersten Amtszeit von Trump hätten sich die Demokraten auf besonnene Beauftragte aus den republikanischen Reihen verlassen, meint Arrington: „Sie haben Trump in eine Richtung gelenkt, die den Interessen Amerikas diente.“ Diesmal gehe dieses Kalkül nicht auf: „Jetzt hat Trump Leute ernannt, die bereit sind, gegen die Verfassung zu verstoßen, um ihm zu gefallen.“
Die Auswirkungen dieser Verstöße müssten die Demokraten jeder einzelnen Amerikanerin und jedem einzelnen Amerikaner viel deutlicher vor Augen führen, findet Wy Ming Lin. Die Partei müsse den Leuten vermitteln, was die Pläne der Republikaner – etwa drastische Kürzungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung – konkret für sie bedeuten, für ihre Kinder oder kranken Angehörigen.
Politischer Wandel beginnt bereits auf lokaler Ebene
Um sich systematisch gegen Trumps autoritären Kurs zu wehren, seien die Proteste am No Kings Day ein wichtiger Anfang. „Wirklich etwas verändern können wir aber nur durch Wahlen“, glaubt Lin. Das gelte auch für die lokale Ebene.
Die Kommunalwahlen könnten maßgeblich dazu beitragen, Trumps hegemoniales Bestreben einzudämmen: „Kommunalpolitik hat die Macht, die schädliche Politik, die auf Bundesebene vorangetrieben wird, vor Ort zu stoppen.“