Betsy Jordan und das Team vom Berliner Büro der CIA: Nina Rausch mit André Hennicke, Ulrich Thomsen, Artjom Gilz und Petra Schmidt-Schaller (von links) am „Wendezeit“-Set Foto: ARD//Volker Roloff

Nina Rausch kommt aus Ingersheim, lebt in Los Angeles, war in „Mad Men“ und „Orange is the new Black“ zu sehen und spielt nun im ARD-Wiedervereinigungs-Thriller „Wendezeit“ eine CIA-Agentin.

Stuttgart/Berlin - Nina Rausch kommt aus Ingersheim, lebt aber seit vielen Jahren in Los Angeles und hat in Serien wie „Orange is the new Black“ oder „Mad Men“ mitgespielt. Jetzt ist sie erstmals in einer deutschen TV-Produktion zu sehen – in dem Spionagethriller „Wendezeit“, der am Mittwoch, 2. Oktober, im Ersten zu sehen ist.

Frau Rausch, in „Wendezeit“ sind Sie Betsy Jordan – eine Amerikanerin.

Ja, ich darf eine Amerikanerin spielen. Und ich spreche Deutsch mit einem amerikanischen Akzent. Tatsächlich habe ich ein bisschen das Gefühl, dass ich gar keine Sprache mehr richtig kann. Wenn ich Deutsch spreche, klinge ich irgendwie amerikanisch, und in meinem Amerikanisch schimmert manchmal noch ein bisschen Deutsch durch. Ich frage mich manchmal, wo ich überhaupt hingehöre. Ich bin immer die Ausländerin.

Und wer ist diese Betsy?

Betsy ist CIA-Agentin, die Kollegin von Saskia Starke, die von Petra Schmidt-Schaller gespielt wird. Sie ist dieses typische All-American-Girl, das immer einen Spruch auf Lager hat, immer locker und fröhlich ist. Ach ja, außerdem ist Betsy schwanger.

Haben Sie sich, nachdem Sie seit 17 Jahren in Kalifornien leben, vielleicht selbst schon in so ein All-American-Girl verwandelt?

Die Figur passt schon ganz gut zu mir. Ich bin nach all den Jahren ganz schön amerikanisiert, glaube ich. „Wendezeit“ erzählt ja eigentlich eine ernste Geschichte, ist ein Spionage-Thriller. Ich darf da aber trotzdem ein wenig die Ulknudel spielen.

Sie haben bisher fast ausschließlich in den USA gedreht. Leitet „Wendezeit“ Ihre Rückkehr nach Deutschland ein?

Ja, ich bin gegenüber der deutschen Filmindustrie und Projekten in Deutschland mittlerweile sehr offen. Früher habe ich oft gesagt: In Deutschland drehen? Nein, will ich nicht. „Wendezeit“ war jetzt aber eine gute Gelegenheit, die deutsche Mentalität neu zu entdecken, vor der ich damals, als ich so 18 oder 19 war, davongerannt bin. Nach all den Jahren in den USA habe ich wieder ein Interesse an der deutschen Geschichte, an meiner deutschen Identität entwickelt. Wenn sich jetzt weitere Projekte in Deutschland ergeben, hätte ich nichts dagegen. Auch deshalb, weil ich historische Stoffe mag. Und Deutschland produziert diesbezüglich mittlerweile sehr spannende und großartige Projekte. Ich fand es jedenfalls sehr spannend, mich bei der Arbeit an „Wendezeit“ mit der deutschen Geschichte und dem Kalten Krieg auseinanderzusetzen.

Sie sind erst Mitte 30. Vom Mauerfall 1989 haben Sie wahrscheinlich nicht besonders viel mitbekommen.

Doch, ich weiß noch, dass ich am Tag als die Mauer fiel, den Geburtstag meiner Puppe gefeiert habe. Damals lief der Fernseher, und ich habe irgendwie gemerkt, dass meine Eltern anders waren, emotional aufgewühlt. Ich kann mich noch ganz grau an all diese Fernsehbilder von den Leuten, die auf der Mauer standen, erinnern. Und ich weiß, dass ich das geguckt habe, während ich Geschenke für meine Puppe Petra verpackt habe.

Die deutsch-deutsche Teilung scheint Sie zu beschäftigten. Um diese ging es auch in dem Kurzfilm „Crossing Fences“, den Sie produziert und in dem Sie die Hauptrolle gespielt haben.

Ja, wie gesagt, ich liebe historische Stoffe. Und ich schreibe inzwischen auch fleißig selbst Drehbücher. Mit einer britischen Freundin arbeite ich zum Beispiel an einer Geschichte über eine deutsche und eine britische Krankenschwester im Zweiten Weltkrieg, die Brieffreundinnen sind und feststellen, dass es auf beiden Seiten der Front eigentlich genau die gleichen Schicksale gibt.

Während „Wendezeit“ vom Fall einer Mauer erzählt, ist in dem Land, in dem Sie leben, ein Mann an der Macht, der wieder eine Mauer errichten will. Ist es für Sie als Ausländerin in den USA schwieriger geworden, seit Trump an der Macht ist?

Ich bin gerade dabei meine Green Card zu erneuern und der Prozess dauert schon länger als erwartet. Ich habe mir überlegt die US-Staatsbürgerschaft anzunehmen, da ich eben nur die Green Card habe. Und man weiß nie, was Trump als nächstes macht. Vielleicht zieht er ja als nächstes alle Green Cards ein. Ich hatte mir eigentlich schon überlegt, die doppelte Staatsbürgerschaft zu beantragen, als Obama noch Präsident war. Was mich jetzt ein bisschen zögern lässt, ist die Tatsache, dass ich eigentlich keine Urkunde ausgehändigt bekommen möchte, die Trumps Unterschrift trägt.

Kennen Sie überhaupt Menschen, die Donald Trump gewählt haben?

Nicht, dass ich wüsste. Als Trump-Wähler outet man sich in Kalifornien aber auch eher nicht.

Geht tatsächlich ein Riss durch die amerikanische Gesellschaft?

Das Land ist schon sehr gespalten. Amerika stand einst für mich für den Traum von Freiheit, dafür, dass alles möglich ist, für dieses „Yes, we can!“ Wenn die amerikanische Nationalhymne gespielt wurde, war das für mich immer ein sehr emotionaler Moment. Als ich aber vor einiger Zeit bei einem Konzert in der Hollywood Bowl war und vorab die Nationalhymne gespielt wurde, dachte ich auf einmal: Was da über Freiheit und Hoffnung gesungen wird, passt überhaupt nicht mehr zu dem Land, wie es jetzt ist.