Der angestrebte Aufstieg zum Massenhersteller mit dem neuen Model 3 verlief bisher deutlich holpriger als geplant. Foto: dpa

Die Kurskapriolen zeigen wieder einmal, dass Tesla ein Zockerpapier ist, kommentiert Harry Pretzlaff: Tesla-Chef Musk klagt über Spekulanten – heizt aber gezielt deren Fantasie an.

Stuttgart - Elon Musk geht gerne ungewöhnliche Wege. Dazu passt, dass der Gründer des Elektroautoherstellers Tesla über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt hat, das Unternehmen womöglich von der Börse zu nehmen. Die völlig überraschende Mitteilung, der weitere nebulöse Nachrichten folgten, hat einen so wilden Kursanstieg ausgelöst, dass der Handel mit der Aktie vorübergehend eingestellt werden musste. Denn zuvor war bereits bekannt geworden, dass der reiche Ölstaat Saudi-Arabien sich an Tesla beteiligt hat. Beginnt nun ein ganz neues Kapitel der Unternehmensgeschichte mit einem starken Partner an der Seite oder handelt es sich nur um eine Seifenblase, die bald wieder platzt? Wo will Musk so viel Geld auftreiben? Ist es nur ein Ablenkungsmanöver? Noch sind viele Fragen offen. Sicher ist nur eins: Die Kurskapriolen zeigen wieder einmal, dass Tesla ein Zockerpapier ist.

Eine kühne Wette und ein phänomenaler Aufstieg

Elon Musk hat mit einer kühnen Wette auf die Zukunft einen phänomenalen Aufstieg geschafft. Der Pionier aus dem Silicon Valley wollte einst den großen Autoherstellern zeigen, wie man Elektroautos baut, die als cool und sexy gelten und gern gekauft werden. Dabei war er mit teuren Wagen bisher erfolgreich. Musk ist es gelungen, Tesla zu einer Kultmarke aufzubauen. Dabei hat er immer wieder ausgetretene Pfade verlassen. Um den Kunden die Angst zu nehmen, mit dem Wagen liegen zu bleiben, hat er eine große Batterie in den Boden der Limousinen gepackt. Zugleich scheute er nicht die hohen Investitionen für den Aufbau eines eigenen Netzes von Ladestationen in Europa, mit dem die Kunden vom Nordkap bis Italien fahren können. Auch wagte es Tesla in Stuttgart, einen Ausstellungsraum im Dorotheenquartier zu eröffnen, während andere Autobauer günstigere Immobilien außerhalb des Zentrums wählen. All dies hat jedoch seinen Preis: Tesla schreibt seit der Gründung hohe Verluste und verbrennt immer mehr Geld.

Ist Musk ein kapitalistisches Wunderkind oder ein Hasardeur?

Die Kapitalgeber hat dies jedoch bisher nicht abgeschreckt. Denn Tesla begründet die Verluste mit hohen Investitionen für die weltweite Expansion und die Entwicklung weiterer Modelle. Viele Investoren spekulieren darauf, dass die Visionen Realität werden, obwohl Musk zum Gigantismus neigt – und sich die Frage stellt, wo die Grenze zwischen Mut und Übermut liegt. Denn Musk will nicht nur einen großen Elektroautohersteller aufbauen, sondern auch Menschen mit Raketen zum Mars fliegen. Obwohl alles andere als klar ist, ob Musk ein kapitalistisches Wunderkind ist oder ein Hasardeur, ist Tesla heute an der Börse höher bewertet als die US-Autoriesen General Motors und Ford. Das ist absurd und zeigt wieder einmal, dass solide Zahlen und Substanz heute an der Börse oft weniger zählen als eine gute Story. Für Anleger ist dies sehr riskant, wie sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat.

Bisher war Tesla nur ein kleiner Nischenanbieter

In den vergangenen Monaten sind jedoch auch Zweifel gewachsen, ob Musks Rechnung wirklich aufgehen wird. Denn bisher war Tesla nur ein kleiner Nischenanbieter. Der angestrebte Aufstieg zum Massenhersteller mit dem neuen Model 3 verlief bisher jedoch deutlich holpriger als geplant. Musk hat selbst von einer Produktionshölle gesprochen und auf kritische Fragen von Analysten unwirsch geantwortet. Dies zeigt, wie dünnhäutig der Milliardär mittlerweile geworden ist.

Musk klagt darüber, dass Spekulanten wilde Kursschwankungen auslösten und die Mitarbeiter von der Arbeit ablenkten. Doch in Wirklichkeit ist er nur aufgestiegen, weil er immer wieder die Fantasie von Spekulanten angeheizt hat. Natürlich würde es ihm gut passen, wenn Tesla keine Quartalsberichte mehr veröffentlichen müsste und er sich nicht der Kritik einer breiten Öffentlichkeit stellen müsste. Doch es ist fraglich, ob das Kapital dann noch so reichlich fließen würde wie bisher. Denn Verschwiegenheit kostet auch Vertrauen.