Nikolas Löbel ist der neue Chef der Jungen Union im Südwesten. Foto: dpa

Nikolas Löbel, der neue JU-Chef im Südwesten, prescht selbstbewusst vor und kritisiert die alte Riege.

Singen - Der Mannheimer Jura-Student Nikolas Löbel ist neuer Vorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg. Der 25-Jährige erhielt am Samstag beim Landestag in Singen 174 von 210 Stimmen. Das entspricht 82,8 Prozent. Löbel folgt dem Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger, der fünf Jahre lang die CDU-Jugend im Südwesten geführt hatte. Bilger hatte nach seiner Wahl zum Chef des CDU-Bezirks Nordwürttemberg sein Amt zur Verfügung gestellt.

Der Mannheimer Stadtrat Löbel warf der CDU-Spitze um Kanzlerin Angela Merkel kurz vor dem Bundesparteitag in Leipzig einen „Ausverkauf unserer Werte und Überzeugungen“ vor. „Zur Zeit komme ich mir in der CDU wie auf einem türkischen Basar in Ankara vor.“ Er zählte die „Kehrtwenden“ bei der Wehrpflicht, der Atom- und Tarifpolitik auf. Es könne nicht sein, dass die CDU im Bundestag behaupte, der Mindestlohn sei ein Markenzeichen der CDU. „Was zu viel ist, ist zu viel.“

Oettinger will von den Jungen mehr Frechheit

EU-Kommissar Günther Oettinger riet der Parteijugend, sich stärker gegen die ausufernde Staatsverschuldung zu stemmen. „Ihr müsst bei dem Thema frecher werden.“ Trotz sprudelnder Steuereinnahmen kämen der Bund und viele Länder ohne Schulden nicht mehr aus. Oettinger kritisierte auch die geplante Steuersenkung der schwarz-gelben Bundesregierung, die nur dem inneren Frieden der Koalition diene. „Sechs Milliarden Euro Steuersenkung bringen noch keine sechs Prozent bei der Wahl.“

Löbel wies darauf hin, dass die Landtagswahl am 27. März auch für die Junge Union eine tiefe Zäsur gewesen sei. „Bisher waren wir der natürliche Regierungsnachwuchs.“ Deshalb sei die JU aus Rücksicht auf die CDU-geführte Regierung oft mit angezogener Handbremse gefahren. Nun müsse die CDU-Jugend bei der Mutterpartei „Adrenalinstöße“ auslösen. „Die Junge Union muss lauter werden.“ Landtagsfraktionschef Peter Hauk ermunterte die CDU-Jugend zum Widerspruch. „Wir brauchen mehr Querdenker in der Partei.“

Kritik an Tanja Gönner

Heftige Kritik übte Löbel an Ex-Umweltministerin Tanja Gönner (CDU), die jüngst erklärt habe, sie wolle keine Hinterbänklerin im Landtag sein. „Bei allem Respekt vor ihren Leistungen muss auch ihr klar gemacht werden, dass auch sie und ihre Art zu regieren am 27. März abgewählt wurde.“ Die Südwest-CDU müsse künftig gemeinsam die grün-rote Koalition angreifen. „Für Egoismen ist kein Platz mehr. Wer sich nicht integrieren will, dem werden wir als Junge Union die rote Karte zeigen.“

Löbel prangerte die Bildungspläne der grün-roten Regierung als „Wünsch-Dir-Was-Politik“ an. Die Gemeinschaftsschule sei grün-rote „Bildungsideologie“. Wirtschaft- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) sei ein „Minister der Tatenlosigkeit und Steuererhöhung“.

Der JU-Bundesvorsitzende Philipp Mißfelder machte in seiner Rede Front gegen die Mindestlohn-Pläne der CDU. Die Union werde in der Diskussion über die Höhe der Lohnuntergrenze den linken Parteien immer hinterherlaufen. „Dann ist der Wettbewerb eröffnet: Wer bietet mehr?“ Der Bundestagsabgeordnete forderte: „Wir müssen die Wirtschaftskompetenz stärken.“

Delegierte fordern Rücktritt von Pofalla

Die etwa 200 Delegierten forderten Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) zum Rücktritt auf. Nach seiner „verbalen Entgleisung“ gegen den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach im Streit um den Euro-Rettungsschirm sei Pofalla „vollkommen untragbar“, heißt es in einem Beschluss des Landestags.

Außerdem forderte die JU den baden-württembergischen Landesverband auf, Bundesbildungsministerin Annette Schavan bei einer erneuten Kandidatur für den CDU-Bundesvorstand nicht zu unterstützen. Die Ministerin und Ulmer Abgeordnete habe mit ihrem Positionspapier zur Abschaffung der Hauptschule nicht die Interessen der Südwest-CDU vertreten.