Nicole Kidman als Sue Brierley und Sunny Pawar als Saroo in dem Film „Lion“. Foto: Universum Film

Schauspielerin Nicole Kidman spricht über ihren neuen Film „Lion“, ihren Oscar und Dreharbeiten in der Heimat.

Toronto - Wenn am Sonntag zum 89. Mal die Oscars verliehen werden, wird Nicole Kidman die Verleihung wieder nervös aus einer der ersten Reihen verfolgen. Denn nach vier Nominierungen und einer Auszeichnung könnte sie ihren zweiten Oscar als „beste Nebendarstellerin“ für das Drama „Lion“ gewinnen. Der Film startet am Donnerstag in den Kinos und zeigt, dass das Leben die besten Geschichten schreibt. Nachdem der fünfjährige indische Junge Saroo versehentlich in einem Zug einschläft, landet er nach einer 1500 Kilometer langen Fahrt in Kalkutta. Dort steckt man ihn in ein Kinderheim, bis er von dem australischen Ehepaar Brierley adoptiert wird. Als Erwachsener will Saroo seine leibliche Mutter wiederfinden.

Frau Kidman, Sie haben „Lion“ in Ihrer Heimat Australien gedreht. Erleben Sie Dreharbeiten dort anders als in Hollywood?
Für mich ist es immer wieder etwas Besonderes, dorthin zurückzukehren. Ohne die australische Filmindustrie hätte ich wahrscheinlich nie eine Karriere gehabt. Ihr verdanke ich sehr viel. Mit vielen Crewmitgliedern habe ich schon gearbeitet, als ich noch eine ganz kleine Nummer war. Ich bin quasi mit ihnen aufgewachsen, und man kennt sich, was irgendwie sehr lustig ist. Die kennen mich, seit ich vierzehn Jahre alt war. Und meine Mutter lebt in Australien. Es ist immer noch meine emotionale Basis.
Was würden Sie der vierzehnjährigen Nicole Kidman heute empfehlen?
„Entspann’ dich, du wirst schon den richtigen Weg finden“, oder etwas in dieser Art. Wenn ich daran zurückdenke, finde ich es aber vor allem vollkommen verrückt, wie schnell die Zeit vergangen ist. Unglaublich. Und ich bin sehr dankbar, dass ich immer noch spielen darf. Das ist ja in unserer Branche nicht selbstverständlich.
Die Arbeit an „Lion“ startete mit einem Grillabend, den Ihr Regisseur organisiert hat. Ist so etwas in der Filmbranche noch üblich oder ist das typisch australisch?
Eigentlich ist es nicht üblich. Deswegen hat es besonders viel Spaß gemacht. Und das Essen war toll, wir haben gute Musik gehört. Anschließend haben wir dann zusammen am Strand Fußball gespielt. Es war eine gute Art, die Dreharbeiten zu beginnen. Und wir haben bei dieser Gelegenheit die echten Protagonisten dieser wahren Geschichte getroffen. Für mich war es sehr wichtig, Sue Brierley kennenzulernen. Denn so konnten wir uns austauschen und auf lockere Art eine Beziehung zueinander aufbauen. Ich fühlte mich so viel sicherer. Denn es ist immer schwieriger, eine real existierende Person zu spielen als einen fiktiven Charakter.
Müssen Sie sich so eine Rolle schwerer erarbeiten als eine erfundene Figur?
Es kommt natürlich auf die Figur an. Zuerst ist da diese Befangenheit, weil diese Frau ja lebt und man mich mit ihr vergleichen kann. Außerdem wollte ich ihr gerecht werden, ihre Essenz auf die Leinwand bringen. Aber als ich das Drehbuch gelesen hatte, war es eigentlich ganz einfach. Ich habe sofort verstanden, was in ihr vor sich geht, was sie fühlt und denkt. Ich habe auch adoptiert, ich bin auch eine Mutter. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen.
Sie hatten als Adoptivmutter einen anderen Zugang zu dieser Rolle?
Auf jeden Fall. Und wie Sue Brierley glaube ich an Schicksal.
Wie definieren Sie Schicksal?
Ich glaube, das Schicksal führt die Menschen zueinander, die zusammengehören, so wie mich und meine Adoptivkinder damals. In unserer Geschichte finden eine australische Familie und ein Junge aus Indien zusammen. Wie ist so etwas möglich? Da müssen doch noch andere Kräfte im Hintergrund wirken, oder?
Sind Sie ein spiritueller Mensch?
Sagen wir es einmal so: Ich bin sehr offen für alles, was mir das Universum bringt.