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Wenn er Filme produziert, sprechen die Leute darüber: Nico Hofmann (49) hat Streifen wie "Dresden" oder "Mogadischu" zu TV-Ereignissen gemacht. Wir sprachen mit ihm.

Stuttgart - Wenn er Filme produziert, sprechen die Leute darüber: Nico Hofmann (49) hat Streifen wie "Dresden" oder "Mogadischu" zu Fernsehereignissen gemacht. Seine Firma teamWorx dominiert den europäischen Markt der Event-Filme. Hofmann jagt Themen und Quoten.

Er betritt den Raum und sieht aus wie aus dem Ei gepellt: Der Scheitel sitzt makellos, die Haut gebräunt, das Hemd unter dem Jackett offen, Manschettenknöpfe. Bis in die Accessoires ist er leger-elegant, die Körperhaltung: entspannt. Man müsste das nicht beschreiben, wenn es nicht viel über Nico Hofmann erzählen würde. Andere schwitzen bei einer Sieben-Tages-und-Nacht-Woche, sind unkonzentriert, müde. Hofmann wirkt, als treffe er sich im Urlaub zum zukunftsweisenden Vier-Augen-Gespräch. Vielleicht wird man nur so zu einem der mächtigsten deutschen Filmproduzenten.

Sein Unternehmen teamWorx hat seit 1998 den Thron im europäischen Reich der Event-Films bestiegen. Es ist das Jahr, in dem der Künstler Hofmann zum Produzenten wird. Nach ausgezeichneten Regiearbeiten wie "Der Sandmann" (1995) und "Solo für Klarinette" (1998) ermöglicht ihm die Ufa, eine eigene Firma zu gründen. Die Stoffe hat Hofmann längst im Kopf. "Der Tunnel" (2001) gräbt sich nicht nur von West nach Ost, sondern schafft auch eine eigene Filmsparte: bewegend erzählte Zeitgeschichte mit deutschen Schauspielstars und einem technischen Spektakel, das auch quotenmäßig Hollywood-Niveau erreicht. Große zeitgeschichtliche Stoffe wie die Bombardierung Dresdens (2005), die Luftbrücke der Alliierten (2005) oder die Sturmflug 1962 in Hamburg (2006) folgen. Hofmann ist besessen von Geschichte.

Und von Geschichten - wie schon seine Eltern. Die Mutter recherchierte für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", der Vater schrieb für die "Rheinpfalz" - und Reden für Willy Brandt und Helmut Kohl. "Das hat mich geprägt", sagt Hofmann. Er selbst hat einst beim "Mannheimer Morgen" volontiert und macht auch jetzt ständig Jagd auf Stoffe. Dutzende Zeitungen und Zeitschriften hat er abonniert. Mit professioneller Distanz wühlt er sich durch den Medienwulst zu seinen Geschichten, ständig die Kamera im Kopf. Bei Robert Enke läuft sie an: "Das ist ein Phänomen, wie der Tod eines Torwarts Millionen Menschen bewegt und ein Schicksal zur Projektionsfläche für den Leistungsdruck von Millionen wird. Dazu sein Doppelleben und seine tapfere Frau Teresa." Eine seiner Autoren habe mit ihr bereits wegen der Rechte Kontakt aufgenommen. "Aber wenn Teresa das nicht will, nützt es nichts. Es geht nur mit ihr oder gar nicht."

Ganz oder gar nicht. Das trifft auch auf den Fall der jahrelang entführten Natascha Kampusch zu. Hofmann hält bereits die Filmrechte der Memoiren, die Nataschas Mutter geschrieben hat. Die Diskussionen über den Entführer interessierten ihn nicht, betont er. "Mir geht es um Nataschas Menschwerdung, wie man unter solchen Bedingungen groß wird." Eine universale, exemplarische Geschichte. "Bigger than life", hat das Hofmann oft genannt - überlebensgroß, berührend, eine Projektionsfläche für die eigenen Hoffnungen und Ängste. Kampusch hat noch nicht zugesagt. "Wir warten, ob sie es wirklich will." Man braucht Geduld als Produzent. Fünf Jahre dauerte es, bis er eine Dokufilm über Helmut Kohl realisieren konnte, die das ZDF vor kurzem ausstrahlte.

Wie er es geschafft hat zeigt, weshalb Hofmann so erfolgreich ist: Er ist ein Netzwerker und Stratege. Um den Altkanzler zu erweichen, nutzte er eine private Geburtstagsfeier. Hofmann kennt die Mächtigen in Politik und Wirtschaft, mit wichtigen Verlegern ist er per du. Bei ihm wissen Finanziers, dass Projekte Erfolg haben. Er kann Strippen ziehen, kommunizieren, nimmt die Partner mit Fakten und Charme für sich ein. Auch im Redaktionsgespräch vermittelt er dieses Gefühl von ungeteilter Aufmerksamkeit. "Zuhören und Offenheit" - ja, das seien seine Stärken.

Kann da ein Manfred Rommel widerstehen? Auch mit ihm führte Hofmann über Jahre hinweg Gespräche, um das Leben von "Wüstenfuchs" Erwin Rommel, dem Vater des Stuttgarter Ex-OBs, zu verfilmen. "Manfred Rommel war sehr einverstanden mit dem Weg, den wir gehen", sagt Hofmann. Im Juni beginnen die Dreharbeiten. Der Film, der in Zusammenarbeit mit dem SWR entsteht, soll in der ARD ausgestrahlt werden. Es könnte ein strittiger Film werden zu einer umstrittenen Persönlichkeit. Ein Film, über den man spricht. Der Generationen vor dem Fernseher vereint. Groß soll die Wirkung sein, groß die Reichweite.

Hofmann weiß, wie viele Zuschauer in welcher Minute seine Filme sahen. 12,6 Millionen verfolgten, wie sich Dresden in eine Feuerhölle verwandelte. Seinen Regisseur und Freund Roland Suso-Richter wies er an, die Darsteller der Alliierten zu synchronisieren. Beim Film "Mogadischu", der die Entführung der "Landshut" behandelte, tat er das nicht. 9,7 Millionen Zuschauer hätten in den ersten zwölf Minuten eingeschaltet, rechnet Hofmann vor, davon seien nur 7,4 Millionen geblieben. "Der Hauptgrund waren die Untertitel. Sie kommen nur auf eine hohe Quote, wenn sie alle Bildungsschichten erreichen. Ich hätte mich auch auf die Liebesgeschichte konzentrieren, die Terroristen rausschmeißen und Yvonne Catterfeld einsetzen können - aber das wollte ich nicht." Man spürt, dass ihn die entgangene Quote dennoch ärgert. Aber dieses Mal hat er sich für die Authentizität entschieden. Früher hat man Hofmann vorgeworfen, er streiche zu viel emotionalen Schmalz über die Mattscheiben. Der Vorwurf ist heute kaum zu halten. Die Erzählweisen der teamWorx-Produktionen sind vielfach radikaler geworden.

Vielleicht bezeichnet er deshalb den fiktiven Film "Die Grenze", der März 2010 auf Sat.1 ausgestrahlt wird, als Lieblingsprojekt. An dessen Anfang steht die Weltwirtschaftskrise, die Deutschland in Arm und Reich trennt, bis sich Mecklenburg-Vorpommern vom Rest der Republik abspaltet. Inzwischen ist die Krise reell, als hätte sie sich aus Hofmanns Drehbuch selbstständig gemacht. "Wir sind überrollt worden", sagt er. Doch es klingt nicht, als ob es ihn störe. Dieser Film könne auch Fernseh-Grenzen aufzeigen. Wie weit dürfe man gehen? Wird es ein Aufreger wie Wolfgang Petersens gesellschaftskritische Pseudo-Doku "Smog" (1973)? "Wir hatten mal eine große politische Vision im Fernsehspiel", sagt Hofmann. "Ich würde mich freuen, wenn diese politische Relevanz ins Fernsehspiel zurückkehrt. Die Deutschen wollen nichts mit Politik zu tun haben."

Hofmann, der Aufklärer? Man nimmt das diesem Mann, der die Regeln des Marktes besser zu nutzen weiß als mancher Banker, tatsächlich ab. Hofmann, so scheint es, jagt so leidenschaftlich nach Quoten wie er Themen aufspürt. Auf die Wirkung kommt es ihm an.

Natürlich trommelt er auch für die Filmhochschule Ludwigsburg, an der er lehrt. Zurzeit baut er ein neues Büro auf, Ludwigsburg wird die Talenteschmiede für teamWorx sein. Das weiß auch Günther Oettinger. Zwei Stunden habe er die Chancen der Kreativschmiede Ludwigsburg dem Noch-Ministerpräsidenten erklärt, sagt Hofmann. "Wir können in der Computeranimation und digitalen Bildtechnik in Deutschland die Führung übernehmen. Wenn es in Baden-Württemberg mehr Fördermöglichkeiten gibt", sagt er. "Aber dies gelingt nur, wenn die Verantwortlichen vor Ort sitzen. Mit eingeflogenen Producern aus Berlin oder München wird es keine Erfolgsgeschichte geben."

Dann lässt er sich selbst nach Ludwigsburg fahren, der Chauffeur wartet schon, Hofmann hat keinen Führerschein. Bis Weihnachten ist der Terminkalender minutiös verplant. Nico Hofmann schaut nicht aus wie einer, dem das viel anhaben könnte. Er verlässt das Pressehaus, so wie er gekommen ist: konzentriert und entspannt.