Kurz vor der Polizeireform hatte der damalige Innenminister Reinhold Gall noch ein neues Lage- und Führungszentrum in Waiblingen eingeweiht. Foto: dpa

Die örtliche Bezirksgruppe der Polizeigewerkschaft warnt davor, die Struktur des Polizeipräsidiums Aalen zu zerschlagen. Man befürchtet, zu einer „Endverwendungsdienststelle“ degradiert zu werden.

In die Diskussion um Korrekturen bei der seit 2014 umgesetzten Polizeireform hat sich jetzt die Gewerkschaft eingeschaltet. Diese warnt davor, eine inzwischen „zusammengewachsene, gut funktionierende Struktur“ zu zerschlagen. Die jüngst öffentlich gemachten Empfehlungen einer unabhängigen Expertenkommission umzusetzen, hätte für das Polizeipräsidium in Aalen, in dem seit drei Jahren die Fäden für die Landkreise Schwäbisch Hall, Ostalb und Rems-Murr zusammenlaufen, „weitreichende und überwiegend auch negative Konsequenzen“. So zumindest lässt sich Rolf Kircher vom Landesvorstand der GdP in einer Pressemitteilung der Bezirksgruppe Aalen zitieren.

 

Wird Aalen zur „Endverwendungsdienststelle“?

Wie berichtet, hat die Expertengruppe unter dem Vorsitz des früheren bayrischen Landespolizeichefs Waldemar Kindler eine organisatorische Fusion der Rems-Murr-Ordnungshüter mit jenen aus dem Landkreis Esslingen vorgeschlagen. Dem Aalener Präsidium soll im Gegenzug der Landkreis Heidenheim zugeschlagen werden. Kircher befürchtet, dass das Präsidium dadurch zu einer „Endverwendungsdienststelle mit einem immer älter werdenden Personalkörper“ degradiert würde.

Bei einem Abzug der Rems-Murr-Kollegen nämlich müsste nicht nur, wie bereits geplant, ein neues Führungs- und Lagezentrum gebaut werden, auch die Kriminalpolizeidirektion müsste neu aufgebaut werden. Dazu wären zahlreiche Beamte mit Spezialwissen erforderlich. „Wo diese herkommen sollen, erschließt sich mir beim besten Willen nicht“, sagt Kircher. Das Polizeipräsidium Aalen sei schon jetzt das Schlusslicht aller Flächenpräsidien in Baden-Württemberg, kritisiert er. Mit dem neuen Zuschnitt sei zu befürchten, dass es noch schlechter dastehen könnte.

Entscheidungsweg und Ergebnis noch offen

Auch wenn die Kommunalgrößen und örtliche Abgeordnete in Waiblingen und Esslingen bereits um den Sitz der neu zusammengesetzten Behörde buhlen, ist offiziell noch nichts entschieden. Die Beamten sollen möglichst bald Klarheit bekommen, das ist der erklärte Wunsch des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Aus dem Innenministerium heißt es dazu auf Anfrage, dass die seit Ende März vorliegenden Erkenntnisse und Empfehlungen der „Projektgruppe Evaluation der Polizeistrukturreform in Baden-Württemberg“ zurzeit „sorgfältig analysiert“ würden und „bis zur Sommerpause“ eine Entscheidung herbeigeführt werden solle. Ob diese im Ministerium, im Ministerrat, vom Ministerpräsidenten oder vom Landtag getroffen werde, sei noch zu klären.

Nicht die Meinung aller Polizisten – kommentiert Frank Rodenhausen

Waiblingen - Dass die Bezirksgruppe Aalen der Gewerkschaft der Polizei einen möglichen Abzug der Rems-Murr-Kollegen als kritisch ansieht, verwundert nicht. Tatsächlich würde das Präsidium im Ostalbkreis bei einer Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission nicht besser gestellt. Aber spiegelt die Aussage der Gewerkschaft auch die Meinung der im Aalener Präsidium Beschäftigten wider?

Das wiederum lässt sich pauschal nicht beantworten, denn es gibt auch individuelle Gewinner und Verlierer der 2012 beschlossenen Reform. Ein Polizist, der jeden Tag 70 Kilometer Fahrstrecke von Fellbach nach Aalen auf sich nehmen muss, wird nichts dagegen haben, künftig wieder nach Waiblingen pendeln zu können. Aber auch nicht persönlich in ihren Lebensbedingungen Betroffene würden es aus fachlicher Sicht begrüßen, wenn der Führungsstab künftig dort tagen würde, wo sich die Kriminalitätslage konzentriert – was freilich auch in Esslingen sein könnte.

Dass die Argumente für ein Präsidium ES/WN von Teilen der Belegschaft nur hinter vorgehaltener Hand geäußert werden, hat indes einen nachvollziehbaren Grund. Ihr Chef, der Aalener Präsident Roland Eisele, will zu den potenziellen Neuzuschnitten zwar keine Stellung beziehen – dass er alles andere als begeistert davon sein dürfte, versteht sich aber wohl von selbst.