Alle Entwicklungen zur diplomatischen Krise der Türkei mit den europäischen Nato-Partnern lesen Sie in unserem Newsblog. Foto: Getty

Nazi-Vergleiche, Drohungen, Vorwurf des „Staatsterrorismus“: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan heizt die diplomatische Krise mit den europäischen Nato-Partnern weiter an. Alle Entwicklungen dazu lesen Sie in unserem Newsblog.

Stuttgart/Ankara - Der diplomatische Streit zwischen der Türkei und ihren europäischen Nato-Partnern verschärft sich. Die Türkei hat im Streit um die verhinderten Redeauftritte von Ministern in Deutschland und den Niederlanden mit scharfer Kritik reagiert. Alle Entwicklungen dazu lesen Sie hier:

• Der neue SPD-Chef Martin Schulz nennt Erdogans Nazi-Vorwurf gegen Merkel eine „Frechheit“

• Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der deutschen Bundeskanzlerin nun auch persönlich „Nazi-Methoden“ vor

• Der türkische Außenminister stellt den Flüchtlingsdeal mit der EU infrage. Derzeit werden demnach keine Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückgenommen.

• Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in dem Bundesland verbieten lassen. Eine erneute Absage an türkische Politiker, nachdem bereits in Hamburg und in den Niederlanden Wahlkampfauftritte unterbunden worden sind.

19. März, 19:56 Uhr:

Der neue SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz nannte Erdogans jüngste Äußerungen eine „Unverfrorenheit“. „Dass das Staatsoberhaupt eines befreundeten Landes die Regierungschefin dieses Landes in dieser Form beleidigt, ist eine Frechheit“, sagte er am Sonntag in der ARD. Man müsse Erdogan jetzt sagen, dass ein Staatsoberhaupt eines Nato-Mitglieds und eines EU-Beitrittskandidaten „nicht alle Gepflogenheiten der internationalen Diplomatie mit Füßen treten“ dürfe. „Das tut er aber. Das ist eines Staatsoberhauptes unwürdig“, sagte Schulz. Im ZDF fügte er hinzu: „Herr Erdogan ist auf dem Weg, jede Art der Kontrolle über seiner Rhetorik zu verlieren.“

Die Bundesregierung hat bisher zurückhaltend auf die Verbalattacken aus Ankara reagiert. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete die Angriffe erneut als „absurd“. „Wir sind tolerant, aber wir sind nicht blöd“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). „Ich habe meinem türkischen Kollegen deshalb ganz deutlich gemacht, dass hier eine Grenze überschritten wurde.“

19. März, 14:49 Uhr:

Der türkische Verteidigungsminister Fikri Isik hat in scharfer Form die vom BND geäußerten Zweifel an den Hintergründen des Putschversuchs in der Türkei vom vergangenen Jahr zurückgewiesen. Wenn der Chef des deutschen Geheimdienstes (BND) Zweifel daran äußere, dass die Gülen-Bewegung hinter dem Putschversuch stecke, werfe dies die Frage auf, „ob nicht der deutsche Geheimdienst hinter diesem Putsch steckt“, sagte Isik dem Sender Kanal 7 am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

BND-Chef Bruno Kahl hatte im „Spiegel“ die türkische Darstellung angezweifelt, die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen sei für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Fikri bezeichnete die Äußerungen Kahls zudem als „sehr unglücklich“.

19. März, 14:36 Uhr:

Im Konflikt mit Berlin hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan der deutschen Bundeskanzlerin nun auch persönlich „Nazi-Methoden“ vorgeworfen. In einer vom Fernsehen übertragenen Rede sagte Erdogan am Sonntag an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet: „Du benutzt gerade Nazi-Methoden“. Zuvor hatte er bereits deutschen Behörden „Nazi-Methoden“ vorgeworfen und damit Empörung in Berlin ausgelöst.

Der designierte SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan indes davor gewarnt, Menschen in Deutschland durch Nazi-Vergleiche gegeneinander aufzuhetzen. „Deshalb muss man auch Herrn Erdogan mit klaren Worten sagen, dass das so nicht geht“, sagte Schulz am Sonntag in seiner Parteitagsrede in Berlin an die Adresse Erdogans. Man dürfe nicht hinnehmen, dass türkischstämmige Bürger gegeneinander ausgespielt würden. Dabei dürfe man Erdogan auch darauf hinweisen, „dass seine Strategie früher oder später scheitern wird“, sagte Schulz.

15. März, 22.30 Uhr:

Die Türkei hat das Flüchtlingsabkommen mit der EU teilweise ausgesetzt. Derzeit würden keine Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückgenommen, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Mittwoch dem Fernsehsender 24 TV.

Zugleich drohte er mit der vollständigen Aufkündigung des Flüchtlingspakts. Seine Regierung könne das Abkommen jederzeit einseitig beenden. „Von jetzt an können wir sagen: ‚Wir setzen es nicht mehr um und es ist vorbei’.“ Cavusoglu warf der EU vor, die in Aussicht gestellte Visa-Freiheit für türkische Bürger nicht umzusetzen. „Visa-Freiheit ist ein Muss“, sagte der Außenminister.

14. März, 16.59 Uhr:

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat die Srebrenica-Bemerkungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf verurteilt. Bei diesen handele es sich um eine „widerliche Verzerrung der Geschichte“, sagte Rutte am Dienstag dem Sender RTL Z. „Wir werden uns nicht auf diese Stufe hinabbegeben. Das ist absolut inakzeptabel“, ergänzte er.

Erdogan hatte den Niederlanden vorgeworfen, einen „verkommenen Charakter“ zu besitzen. Er begründete das mit dem Verhalten niederländischer Blauhelmsoldaten im bosnischen Krieg in den 1990er Jahren, die bei Srebrenica stationiert waren. Im türkischen Fernsehen sagte er: „Wir kennen die Niederlande und die Niederländer vom Srebrenica-Massaker. Wir wissen, ihr verkommener Charakter geht auf ihr Massaker von 8000 Bosniern zurück.“

Mitschuld der Blauhelmsoldaten

Tatsächlich hat ein niederländisches Gericht 2014 eine Mitschuld des niederländischen Blauhelmbataillons festgestellt, das damals bei Srebrenica stationiert war. Die Einheit habe 300 muslimische Männer und Jungen ausgeliefert, urteilte ein Gericht in Den Haag zu einer Zivilklage. Für die Ermordung aller 8000 Männer und Jungen seien die niederländischen Blauhelme aber nicht verantwortlich.

14. März, 15.07 Uhr:

Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in dem Bundesland verbieten lassen. Sie berufe sich dabei auf Paragraf 47 des Aufenthaltsgesetzes, teilte sie am Dienstag mit. Demnach habe jedes Bundesland die Möglichkeit, die politische Betätigung von Ausländern zu untersagen, wenn das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern gefährdet sei. „Innertürkische Konflikte haben in Deutschland nichts zu suchen.

Wahlkampfauftritte, die den inneren Frieden in unserem Land gefährden, gehören verboten“, erklärte Kramp-Karrenbauer. Hintergrund ist der Streit um den Auftritt türkischer Regierungsvertreter im Wahlkampf für das umstrittene türkische Verfassungsreferendum. Im Saarland finden am 26. März Landtagswahlen statt.

Aufgeheizte Stimmung

Angesichts der aufgeheizten Stimmung seien sowohl Bund, Länder wie Kommunen aufgefordert, „den inneren Frieden im Land zu wahren“, teilte das CDU-Präsidiumsmitglied mit. Das Saarland werde nicht abwarten, bis der Bund die Fragen grundlegend regele oder gar eine EU-weite einheitliche Vorgehensweise gefunden sei, kündigte Kramp-Karrenbauer an. „Unsere liberale Demokratie ist kein Hort, um für undemokratische Ziele zu werben.“

Die Ministerpräsidentin betonte, die Entscheidung über Wahlkampfauftritte sollte nicht den Kommunen aufgebürdet werden. „Deshalb müssen wir ein klares und einheitliches Signal senden – auch für die gesamte EU. Dieses Signal sollte auch von den Bundesländern ausgehen.“

14. März, 13.56 Uhr:

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Niederlanden im Streit um die Auftrittsverbote seiner Minister das Massaker im bosnischen Srebrenica angelastet. „Wir kennen Holland und die Holländer noch vom Massaker von Srebrenica“, sagte Erdogan am Dienstag bei einer Veranstaltung in Ankara. „Wie verdorben ihre Natur und ihr Charakter ist, wissen wir daher, dass sie dort 8000 Bosniaken ermordet haben.“ Erdogan fügte hinzu: „Niemand soll uns Lektionen in Zivilisation geben. Dieses Volk hat ein reines Gewissen. Aber deren Gewissen ist pechschwarz.“

Tatsächlich hatten das Massaker in Srebrenica 1995 bosnisch-serbische Truppen verübt. Niederländische Blauhelm-Soldaten der Vereinten Nationen hatten den Angreifern die Stadt zuvor allerdings kampflos überlassen. Bei dem Massaker handelte es sich um den schlimmsten Völkermord nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa.

14. März, 13.20 Uhr:

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Niederlanden „Staatsterrorismus“ vorgeworfen. Bei einer Rede im Präsidentenpalast in Ankara drohte Erdogan im Streit um die Absage mehrerer Wahlkampfauftritte türkischer Ministerden Niederlanden zudem mit weiteren Sanktionen.

Er rief dazu auf, beim Referendum über die Einführung des Präsidialsystems mit Ja zu stimmen, da dies die beste Antwort für „die Feinde der Türkei“ sei.

13. März, 10.10 Uhr:

Angesichts der diplomatischen Krise mit Ankara haben die Niederlande eine neue Reisewarnung für die Türkei ausgegeben. Die Regierung warnt in der Türkei lebende Niederländer vor Menschenansammlungen.