Trotz ihrer Hoffnungen auf Donald Trump lebt sie noch immer beengt: Roseanne (Roseanne Barr) mit ihrem Ehemann Dan (John Goodman) Foto: ABC

1988 kam es in den USA zur TV-Revolution: Die Sitcom „Roseanne“ rückte Figuren aus der Arbeiterklasse mit ihren Schwächen und Problemen in den Mittelpunkt. 1997 kam das Aus für die Serie, aber nun feiert in den USA eine neue Staffel Erfolge. Der große Reizpunkt: Die Titelheldin ist mittlerweile Fan von Donald Trump.

Stuttgart - Als streitlustige, selbstbewusste Frau aus der Arbeiterklasse hat die Titelheldin der legendären US-Sitcom „Roseanne“ nie ein Blatt vor den Mund genommen. Die Figur, die für die Fans untrennbar mit ihrer Miterfinderin und Darstellerin, der Komikerin Roseanne Barr, verschmolz, hatte stets zu wenig Geld. Aber vor reichen Leuten geschämt hat sie sich in den neun Staffeln und 222 Episoden bis 1997 nie. Sie ging offensiv, trickreich und auch mal illegal damit um, dass ihre Familie mehr Bedürfnisse als Zahlungskraft besaß.

Mancher hätte sich für einen Relaunch dieses Quotenknüllers vielleicht gewünscht, dass Roseanne sich unerschrocken mit Donald Trump und dessen Umgestaltung der USA zum Nutzen der Reichen anlegt. Am 27. März 2018 ist Roseanne nach 21 Jahren zwar auf Amerikas TV-Schirme zurückgekehrt – aber als unerschütterliche Anhängerin von Trump. Auch diesen Zug hat sie mit der mittlerweile 65-jährigen Roseanne Barr gemein.

Ungeahnter Erfolg

Auf Erfolg hofft man immer. Aber den Triumph von „Roseanne“ hätte beim Sender ABC im Zeitalter der Streaming-Konkurrenz keiner zu erträumen gewagt. Die Doppelfolge zum Auftakt lockte 18,44 Millionen Zuschauer, die vierte Folge immerhin noch 13,77 Millionen vor die Bildschirme. Da war nach nur vier Tagen Bedenkzeit eine zweite Staffel der Serie bereits fest bestellt.

Sehen Sie hier den US-Trailer zur 10. Staffel:

Der Aufstieg von Amerikas Fernsehsendern ging nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem größten Wohlstandszuwachs auf breiter Basis einher, den die USA je erlebt haben. Und so rückte das Fernsehen die gutbürgerlichen und die kleinbürgerlichen Milieus in die Mitte seiner Fantasiewelten. Sehr bald, suggerierten die TV-Bilder, würden alle Amerikaner wirtschaftlich abgesichert, nach denselben Werten und mit einem ganz ähnlichen Geschmack leben. Die kleinen Leute, für die gelegentliche Arbeitslosigkeit, ständige Zahlungsnot und immer mal wieder Zoff über grundlegende Werte fest zum Leben gehörten, tauchten nicht auf – als seien sie eine seltene, vielleicht schon ausgestorbene Tierart.

Revolution im TV

„Roseanne“ war beim US-Start im Oktober 1988 eine mittlere Revolution. Die Amerikaner hier waren nicht nur ein wenig ärmer angezogen, sie hatten nicht bloß die schäbigeren Möbel als die bürgerlichen Sitcom-Familien, sie sprachen auch anders, gingen anders miteinander um, erzogen ihre Kinder ganz anders. Keine Frage, „Roseanne“ hat Fernsehgeschichte geschrieben.

Beim Wiedersehen alter Folgen stellt sich aber schon die Frage, ob da wirklich ein immer solidarisches, freches, die Spießbürger provozierendes Bild des Prekariats gezeichnet wurde – oder ob da nicht immer wieder in einer Mischung aus Kitsch und Spott diese kleinen Leute auch an die Kandare genommen wurden. Solange diese Erwachsenen nicht besser mit Geld und mit ihren Konsumwünschen umgehen können, so darf man manchmal folgern, sollte man ihnen auch gar nicht mehr Geld in die Hand geben. Glücklich sind sie letztlich auch so.

Sehen Sie hier einen Ausschnitt aus Jimmy Kimmels Show: Roseanne Barr und John Goodman sprechen über den Neustart von „Roseanne“ (nur auf Englisch):

Dass die Serie gegen Ende hin stark nachließ, dass die finale Staffel auch in den Augen loyaler Zuschauer ein Desaster war – das alles scheint so vergeben und vergessen wie der Tod von Roseannes Mann Dan, der nun in der zehnten Staffel immer noch in Gestalt von John Goodman und ohne weitere Erklärung wieder lebt.

Glückwünsche von Trump

Unrealistisch ist das Vertrauen von Roseanne auf eine Glückswende durch Donald Trump nicht. Der undurchschaubare Selbstvermarkter hat seine Präsidentschaft auch vielen Stimmen aus der Arbeiterklasse zu verdanken. Nur stellt sich die große Frage, ob Barr und ihre Figur recht damit haben, dass diese Wähler noch immer zum Skandalpräsidenten halten.

Trump selbst jedenfalls hat sich via Twitter begeistert über den Erfolg der Wiederbelebung geäußert. Und der vom US-Erfolg der neuen Staffel überrollte deutsche Disney-Channel, wo bisher die alten „Roseanne“-Folgen laufen, hat eine erste, ungenaue Auskunft für die vielen hiesigen Fans: Ab dem Spätsommer seien die neuen Folgen dann auch in Deutschland zu sehen.