Fliesenleger bei der Arbeit: Handwerksbetriebe bleiben oft auf den Kosten für den Ausbau sitzen, wenn die gelieferte Ware fehlerhaft ist. Das soll nun anders werden. Foto: dpa-Zentralbild

Betriebe sollen nicht mehr auf Kosten wegen des unverschuldeten Einbaus fehlerhaften Materials sitzen bleiben.

Berlin - Die große Koalition hat sich nach langem Ringen auf eine Reform der Mängelhaftung im Handwerk geeinigt. Darin wird die Position von Handwerksbetrieben gegenüber ihren Lieferanten und Baustoffhändlern gestärkt.

Die Reform war notwendig, um ein Problem zu lösen, das vielen kleinen Handwerksbetrieben auf den Nägeln brennt: Wenn sich verbautes Material als fehlerhaft erweist, etwa wenn Fliesen brüchig werden, dann ist der Verkäufer bislang nur verpflichtet, Ersatzmaterial zu stellen. Der Handwerker aber, der die Arbeiten mit dem Material vorgenommen hatte, blieb bislang auf den Kosten für den Ausbau des schadhaften Materials und den Einbau des Ersatzmaterials sitzen. Nun aber ist generell ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem Händler vorgesehen.

Die Neuregelung, auf die sich Union und SPD verständigt haben, sieht vor, dass der Handwerker grundsätzlich vom Baustofflieferanten nicht nur neues Material, sondern auch einen Ausgleich für die Ein- und Ausbaukosten verlangen kann. Erfasst sind jetzt auch Fälle, bei denen mangelhaftes Material angebracht, aber nicht eingebaut wurde – etwa beim Auftragen mangelhafter Malerfarbe. Neu ist auch, dass der Handwerker nun darüber entscheiden kann, ob er selbst oder der Lieferant des fehlerhaften Materials dessen Ausbau und den Einbau mangelfreier Ware vornimmt.

Entwurf hat einen mächtigen Pferdefuß

Ganz zufrieden stellt die neue Regelung das Handwerk aber dennoch nicht. Tatsächlich hat der Gesetzentwurf, der noch im März im Bundestag verabschiedet werden soll, aus Handwerker-Sicht einen mächtigen Pferdefuß: Baustoffhändler haben nämlich weiterhin die Möglichkeit, die Haftung für Ein- und Ausbaukosten bei Materialfehler durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auszuschließen. Wichtig für Häuslebauer: Nur wenn der Käufer ein privater Verbraucher ist, soll dieser Ausschluss nicht möglich sein. Um diesen Punkt hatten Union und SPD bis zuletzt heftig gerungen.

Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte unserer Zeitung: „Die SPD-Fraktion wollte diesen AGB-Ausschluss verhindern, doch dann hätte die Union das gesamte Gesetz scheitern lassen.“ Das führe dazu, „dass der Handwerker in langwierigen und teuren Gerichtsprozessen seinem berechtigten Anspruch hinterrennen“ müsse, falls der Baustoffhändler auf den AGB-Ausschluss bestehe. Der Handwerker müsse dann „ein Gericht davon überzeugen, dass ein solcher Haftungsausschluss unbillig und damit unwirksam ist“. Auch der Bundesrat hatte sich in einer Stellungnahme gegen die AGB-Klausel ausgesprochen.

Union sieht kleine Handwerker per se geschützt

Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, widerspricht hier: „Die Rechtsprechung geht davon aus, dass AGB, die gegenüber Verbrauchern unwirksam sind, ebenso zwischen Unternehmern grundsätzlich unwirksam sind, außer in begründeten Einzelfällen.“ Der „kleine Handwerker“ sei also ohnehin schon geschützt. Das sehe auch der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) so. Winkelmeier-Becker sagte unserer Zeitung: „Ich bin gegen ein generelles Verbot solcher AGB-Klauseln, da dieses nämlich auch für Vertragsbeziehungen gelten würde, in denen sich das Verhältnis zwischen Klein und Groß umkehrt: Ich halte etwa einen internationalen Großkonzern nicht für schützenswert vor einem kleinen Lieferanten.“

Im gleichen Gesetzentwurf wird auch eine wichtige Änderung im Bauvertragsrecht vorgenommen. Verbraucher haben demnach künftig das Recht, abweichend vom Bauvertrag Änderungen des Bauwerks zu verlangen, wenn dies dem Bauunternehmer zumutbar ist. Im Gegenzug erhalten Bauunternehmer einen Vergütungsanspruch für die durch die Änderung entstehenden Mehrkosten. Bei Gerichten soll es künftig spezialisierte Baukammern geben, um Bauprozesse zu beschleunigen.