Susanne Zander will das Erbe ihrer Mutter bewahren – und die „Leute wachrütteln“ Foto: factum/Granville

Lange war unklar, wie es mit der herausragenden Sammlung Zander weiter geht. Jetzt steht fest: es geht weiter, und zwar gut. Die renommierte Kuratorin Susanne Pfeffer, Leiterin des Fridericianum, hat die Ausstellung in Bönnigheim neu konzipiert. Das Ergebnis überzeugt.

Ludwigsburg - Charlotte Zander, die vor zwei Jahren gestorbene Kunstmäzenin, war eine leidenschaftliche Sammlerin. Das schlug sich stets nieder im Bönnigheimer Schloss, wo sie ihre Sammlung der Öffentlichkeit präsentierte. Sie hätte dort am liebsten alles gezeigt, alle Gemälde, Skulpturen, die mehr als 4000 Werke. Man könnte sagen, und das ist nicht abwertend gemeint: das Museum wirkte wie ein Sammelsurium. Ein herausragendes Sammelsurium, denn eine solches findet sich sonst nirgends auf der Welt. Art brut, Outsider-Kunst, naive Kunst – wie immer man das nennen will: Charlotte Zander hat innerhalb von 60 Jahren im kleinen Bönnigheim ein Konglomerat zusammengetragen, das in Qualität und Quantität einzigartig ist.

Interessiert hat das wenige, jedenfalls zu wenige, weshalb das Museum Verluste erwirtschaftete, obwohl die Stadt das Schloss umsonst zur Verfügung stellt. Als Zander starb, war unklar, wie es weitergehen sollte. Spätestens jetzt steht fest, dass es weitergeht, und es geht gut weiter.

Zander hat eine renommierte Kuratorin nach Bönnigheim geholt

Zum 20-jährigen Bestehen der Sammlung ist am Sonntag im Schloss die Ausstellung „27 Künstler, 209 Werke“ eröffnet worden, und Susanne Zander, die Tochter der großen Mäzenin, hatte dafür einen großen Namen gewonnen. Kuratiert wird die Schau von Susanne Pfeffer, der Direktorin des Museums Fridericianum in Kassel, vom Außenministerium unlängst berufen, den Deutschen Pavillon bei der Kunstbiennale Venedig 2017 zu kuratieren. Sie habe eigentlich wenig Zeit gehabt, erzählt die 42-Jährige, aber für das Projekt in Bönnigheim trotzdem zugesagt. Wegen der großen Chance, die sie hier sehe.

Pfeffer hat sich alles angeschaut, jedes einzelne Werk. Wenn es einen gemeinsamen Nenner in der Sammlung gibt, dann diesen: die Künstler waren nicht ein Teil des Kunstkanons, sondern Autodidakten. Morris Hirshfield war Pantoffelfabrikant und fing erst in hohem Alter an zu malen, Alfred Wallis verkaufte seine Werke lange auf der Straße, Louis Vivin war Postbeamter. Manche konnten von ihrer Kunst leben und erlangten schon zu Lebzeiten Ruhm, etwa André Bauchant, der von Le Corbusier entdeckt wurde, oder Henri Rousseau, gefördert von Picasso. Andere wie Adolf Dietrich wurden im Dritten Reich als Produzenten Entarteter Kunst verfemt.

Surrealistisch, fantastisch, manisch

Pfeffer kennt die Biografien, aber sie will weg von der biografisierten Sicht auf die Kunst. „Ich finde einfach, das ist Kunst“, sagt sie. Kunst, die nicht ohne Grund auf der Documenta oder im Museum of Modern Art in New York gezeigt wird. Und in Bönnigheim. Pfeffer hat das Museum neu konzipiert, reduzierter wirkt es jetzt, präziser. Sie gönnt sich den Luxus, auch mal einen Raum für nur ein Bild zu reservieren. Weisen die Werke im ersten Stock teils deutliche Bezüge zu Positionen des 19. und 20. Jahrhunderts auf, zur Neuen Sachlichkeit oder zum Surrealismus etwa, wird es eine Etage darüber fantastisch und manchmal manisch. Zu sehen in den Porträts von Margarethe Held, die von Gottheiten und Dämonen inspiriert sind und wie in Trance geschaffen wurden. Beklemmend sind Paul Humphreys „Sleeping Beautys“, mit den schlafenden Stars wurde er bekannt.

Es ist die zweite Ausstellung im Museum nach dem Tod von Charlotte Zander. Die erste war eine Hommage an die Mäzenin und wurde von der Tochter selbst kuratiert, die in Köln und Berlin Galerien leitet und nun auch die Geschäftsführerin der gemeinnützigen Gesellschaft ist, in die Zanders Sammlung überführt wurde. „27 Künstler, 209 Werke“ wurde möglich, weil die Gesellschaft unter anderem von der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert wird. Ihr sei es wichtig gewesen, für den Neustart jemanden von außen zu holen mit einem neuen Blick, sagt Zander. „Ich fühle mich den Wünschen meiner Mutter verpflichtet, sie hat Großartiges geleistet. Und wir gehen jetzt einen Schritt nach vorne.“

Dafür hat die Gesellschaft viel investiert. Die Räume wurden gestrichen und gereinigt, beleuchtete Bodenplatten bringen mehr Licht ins Schloss. Auch die Öffnungszeiten wurden verändert – alles mit dem Ziel, mehr Menschen in das Museum zu bekommen. „Wir wollen keine versteckte Perle mehr sein, sondern die Leute wachrütteln: das hier ist wichtige Kunst“, sagt Susanne Zander. Ihre Mutter hätte es nicht besser sagen können.

„27 Künstler, 209 Werke“

Ausstellung
Das neu konzipierte Museum im Schloss Bönnigheim ist donnerstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, auch an Feiertagen – mit Ausnahme der Weihnachtsfeiertage und Silvester.

Sammlung
209 Werke von 27 Künstlern werden nun gezeigt – insgesamt umfasst die Sammlung Zander mehr als 4000 Werke. Wann die aktuelle Hängung wieder verändert wird, ist unklar. Weitere Informationen gibt es im Internet: www.sammlung-zander.de. tim