Volle Halle: Nico Reith bei seiner ersten Neujahrsansprache als OB Foto: Eibner-Pressefoto/Andreas Ulmer

Seine erste Neujahrsansprache als Oberbürgermeister nutzt Nico Reith für einen Rückblick, der Mut macht – und einen Ausblick, der Kraft und Zuversicht erfordert.

„Spaß macht’s meistens, aber nicht immer. Was es aber immer macht, ist Sinn“ – dieses erste Resümee zieht Nico Reith, der nun beinahe ein Jahr lang Herrenberger Rathauschef ist, beim gemeinsam von Kirchen und Stadt veranstalteten Neujahrsempfang am späten Sonntagvormittag in der mit mehreren Hundert Gästen sehr gut besuchten Stadthalle.

 

Das vergangene Jahr hat aus seiner Sicht einiges Positives für Herrenberg gebracht: Neben der schließtagefreien Naturfreibad-Saison erinnerte er auch an die Einweihungen zweier neuer Kitas, an die des Betreuungsgebäudes an der Vogt-Heß-Gemeinschaftsschule sowie an die zahlreichen Veranstaltungen, die während des Herrenberger Sommers, aber auch darüber hinaus die Gäustadt mit Leben füllten.

Die Finanzen bereiten Sorgen

Außerdem blickte Reith voraus auf weitere Investitionen im Bereich Bildung und Betreuung sowie auf Wohnbauprojekte, die mit privaten Partnern forciert werden.

Dennoch, so Reith weiter, treibe die Kommunen aktuell – neben der politischen und wirtschaftlichen Lage in Deutschland sowie der Kriege und Konflikte in verschiedenen Teilen der Welt – insbesondere deren „dramatische Finanzlage“ um. Den Umstand, dass Städte und Gemeinden nicht mehr mit ausreichenden finanziellen Mitteln für die an sie übertragenen Aufgaben ausgestattet würden, verdeutlichte er mit einer Grafik zum jährlichen städtischen Defizit im Kita-Bereich seit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz.

Dieses sei innerhalb der letzten zehn Jahre von rund acht auf knapp 19 Millionen Euro angewachsen. „Das sind genau die elf Millionen Euro, die uns im laufenden Betrieb fehlen“, sagte Reith (parteilos), der den Rechtsanspruch gesellschaftlich gleichwohl für richtig hält.

Aktion gegen Populismus

Auch die Diskussion und den im Raum stehenden Bürgerentscheid zu den Windrädern, die auf Herrenberger Markung errichtet werden könnten, griff er auf: Es sei es wichtig, dass – falls ein Eingriff in den Wald erfolgt – dann die gesamte Stadtgesellschaft von den Pachterlösen profitiert und nicht nur einige Privatwaldbesitzer, die es in diesem Areal auch gibt. „Wir müssen nicht alle der gleichen Meinung sein, aber wir müssen einander respektieren. Persönliche Angriffe darf es in unserer Stadt nicht geben“, lautete sein Appell für den Prozess bis zu einem möglichen Bürgerentscheid.

In einem anderen Punkt habe Herrenberg vor einem Jahr gezeigt, dass es gegen die vermeintlich einfachen Antworten und zunehmenden Populismus aufsteht: Bei der Demo für Demokratie und Vielfalt waren im Anschluss an den Neujahrsempfang 2024 rund 6000 Menschen auf der Straße. Zahlreiche Personen aus der Stadtgesellschaft zeigen nun zudem ihr Gesicht und liehen ihre Lippen bei der Herrenberger Video-Version zu Konstantin Weckers „Sage Nein!“, die zum Abschluss des offiziellen Teils des diesjährigen Jahresauftakts Premiere feierte.

Dass die Mitwirkenden damit den Anwesenden aus den Herzen sprechen, zeigte der intensive, lang anhaltende Applaus im Anschluss.