„Wer will, findet Wege. Wer nicht will findet Gründe“, sagt Foto: Georg Friedel

Der Drogeriemarkt-Gründer Götz W. Werner war Gastredner beim Neujahrsempfang der Freien Wähler im Stuttgarter Norden. Er sprach sich für ein anderes Steuersystem und ein Grundeinkommen für alle aus.

Feuerbach - Um erfolgreich zu sein, muss man nicht unbedingt so aussehen, als habe man Erfolg. Ganz leger ohne Krawatte, ohne Attitüde, sondern mit Jeans und im karierten Hemd trägt der Gründer der Drogeriemarktkette „dm“ seine Gedanken beim Neujahrsempfang der Freien Wähler auf der Bühne im großen Saal des Freien Musikzentrums vor. „Götz Werner ist Pop“, kündigt ihn Jochen Heidenwag von den Freien Wählern in Feuerbach an.

„Freiheit ist, nicht das zu tun, was man soll“

„Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe“, wählt Werner als Schlusssatz seiner Rede. Das könnte auch dem Grundsatzprogramm der Freien Wähler entsprungen sein. Doch Werner ist meilenweit davon entfernt, politische Parolen zu verbreiten. Er hält sich lieber an die Philosophen: „Freiheit ist die Möglichkeit, nicht das zu tun, was man soll“, zitiert der Gastprofessor einen Satz von Jean-Jacques Rousseau. „Das kann man gerne mal in der eigenen Ehe ausprobieren.“ Gelächter im Saal.

Fest steht für ihn, dass die Probleme von heute nicht mit den Denkschemata zu lösen sind, mit dem die Probleme von heute entstanden sind. „Mit dem Strickmuster, mit dem wir bisher gestrickt haben, können wir nicht weiterstricken“, sagt er. Ein Problem sei, dass die heutige Gesellschaft noch immer dem Denken des bismarckschen Sozialstaates von vor mehr als 130 Jahren verhaftet sei. Damals lebten mehr als 60 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft. „Das heißt: Sie waren Selbstversorger.“

Heute ist die Realität eine völlig andere. „Die ganze Welt ist für uns tätig, und wir sind für die ganze Welt tätig.“ Bestes Beispiel ist die globale Textilindustrie. „Wenn jetzt alle hier im Saal diejenigen Kleidungsstücke ausziehen, die nicht hierzulande hergestellt wurden, dann wäre dies eine reine FKK-Veranstaltung.“ Noch größeres Gelächter im Saal.

Plädoyer für ein anderes Steuersystem

Werner bleibt ernst und kommt zur Sache: „Wir sind keine Selbstversorger mehr, sondern eine Konsumgesellschaft.“ Nach seiner Ansicht sollte die Steuer am Konsum und dem, was die Gemeinschaft erwirtschaftet, ansetzen. Stattdessen werde wie ehedem die „Ernte des Einzelnen besteuert“. Sein Ansatz ist, die Verhältnisse zu ändern, die die Initiative des Einzelnen bremsen. Er nennt das: „Eine konstruktive Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen.“ Da ist er dann schnell bei der Steuer- und Einkommensfrage. „Wir machen einen Denkfehler, wenn wir meinen, die Arbeit wird bezahlt. Nein, sie wird durch das Einkommen erst ermöglicht.“