Neuhausen, Denkendorf und Wolfschlugen machen gemeinsame Sache, damit es drinnen warm bleibt und draußen nicht noch wärmer wird. Als Dreierbund tun sie sich für die Kommunale Wärmeplanung zusammen, um Klimaziele zu erreichen.
Um ein Missverständnis gleich mal auszuräumen: Am Ende der Kommunalen Wärmeplanung liegt nicht in jeder Straße ein Rohr, an dem die Bürger sich beziehungsweise ihre Wohnräume wärmen können. Auch wenn sich das viele wünschen. „Kommunale Wärmeplanung ist nicht gleichzusetzen mit der Planung eines Wärmenetzes“, sagt Stefanie Krüger, die gemeinsame Klimaschutzmanagerin der Gemeinden Neuhausen und Denkendorf. Wenn man schon bei der Schlüsselstelle innerhalb der Verwaltung gemeinsame Sache macht, kann man auch das Projekt Wärmeplanung interkommunal angehen, mag man sich in den Rathäusern gedacht haben.
Aber das ist nicht der einzige Grund, im „Konvoi“ – so die offizielle Bezeichnung – mit Wolfschlugen als dritte im Kommunenbund die Zukunft der thermischen Energie anzusteuern. Denn es gibt ja auch die Fördergelder vom Land – aber nicht mehr lang. Bereits im ersten Quartal dieses Jahres soll das Wärmeplanungsgesetz des Bundes in Landesrecht umgesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt ist Wärmeplanung Pflichtaufgabe aller Kommunen. Bisher ist sie das in Baden-Württemberg nur für Stadtkreise und Große Kreisstädte. Für Pflichtaufgaben gibt es Ausgleichsgelder vom Land, sogenannte Konnexitätszahlungen, aber keine Förderung. Und die beläuft sich immerhin auf bis zu 80 Prozent der Kosten für die Beauftragung eines externen Ingenieurbüros oder für Bürgerbeteiligung.
Für Gemeinden unter 5000 Einwohnern schreibt das Land die Konvoilösung mit mindestens drei Beteiligten als Bedingung für eine Förderung vor. Auch wenn Neuhausen, Denkendorf und Wolfschlugen über der Schwelle liegen, sieht man klare Synergien und weitere Vorteile im gemeinsamen Vorgehen. Ebenso wie Wendlingen, Unterensingen, Oberboihingen, Köngen, Wernau, Plochingen und Deizisau, die in einem weit größeren Konvoi fahren. Ebenso Aichtal, Waldenbuch und Steinenbronn in einem sogar landkreisübergreifenden Bund (die beiden letztgenannten Kommunen gehören zum Kreis Böblingen).
„Klarheit für die Bürger“
Was aber bezweckt die Kommunale Wärmeplanung, wenn keine nahen Fernwärmenetze? Sie könnte die Voraussetzung dafür sein – oder den Bürgern „Klarheit verschaffen, wo es keine Wärmenetze geben wird“, sagt Wolfschlugens Bürgermeister Matthias Ruckh. Wirtschaftlich vertretbar seien Netzwerke angesichts der Investitionskosten von einer Million Euro pro Kilometer Wärmeleitung nur in besonderen Fällen.
Einer ist die Biogasanlage, die seit 2017 in Wolfschlugen 50 öffentliche und private Gebäude mit Wärme versorgt. Auch für den Denkendorfer Bürgermeister Ralf Barth sind Wärmenetze nur bedingt sinnvoll. Eine vor Jahren angedachte Fernwärmeleitung zum Kraftwerk Altbach etwa habe sich „schnell als nicht finanzierbar“ erwiesen.
Bestand, Bedarf und Potenzial ermitteln
Grundsätzlich zielt die Kommunale Wärmeplanung auf Klimaschutz: nachhaltige Energieversorgung, damit es drinnen warm bleibt und draußen nicht noch wärmer wird. In zwei Schritten werden „zuerst der Bestand und der Wärmebedarf erfasst, dann die lokal verfügbaren Potenziale der Energieeinsparung, der erneuerbaren Energie und der Nutzung von Abwärme ermittelt“, erklärt Stefanie Krüger. Bürgermeister Ingo Hacker sieht für Neuhausen durchaus noch einige „Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität“. Aber die Weichen seien gestellt, zum Beispiel durch den Ausbau der Photovoltaik (PV) auf den Dächern kommunaler Gebäude. Allerdings gebe es „Rahmenbedingungen, die sich unserer direkten Einflussnahme entziehen, zum Beispiel die Treibhausgasbelastung durch die Autobahn, die in unsere Treibhausgasbilanz einfließt.“ Am Ende des recht sportlich auf nur ein Jahr angelegten Wärmeplanungsprozesses, mit dem das Fellbacher Büro energielenker projects beauftragt wurde, müssen fünf Maßnahmen pro Kommune stehen, die binnen fünf Jahren umgesetzt werden sollen. „Dazu“, sagt Hacker, „verpflichtet uns der Fördergeldgeber.“ Also das Land.
Für Barth könnte in Denkendorf eine der Maßnahmen der PV-Ausbau sein, denn „da haben wir noch eine Strecke vor uns“. Und Wärmenetze könnte er sich vorstellen „für Wohngebiete aus den 80er Jahren, nicht aber für Neubauten, denn die nähern sich heute der Energieautarkie“. In Wolfschlugen erhofft sich Ruckh auf „möglichst reeller Datenbasis“ Antworten auf Fragen wie: „Von welchem Dach kriege ich mit moderner PV wie viel Strom? Rentiert sich eine Gemeinschaftsanlage für das Gewerbegebiet? Wo lohnt sich Erdwärme? Bei Neubauten wird ja schon jetzt viel gebohrt.“ Zwei Veranstaltungen sollen die Bürger mit auf den Weg nehmen. Auch Hacker setzt auf Kommunikation und Beratung. Was übrigens auch für die Kommunen im Konvoi gilt, findet Barth: „Ihre Maßnahmen muss jede Gemeinde selbst umsetzen. Aber wir können uns beraten und voneinander lernen.“
Energiewende und Wärmewende
Bundesrepublik
Mehr als 50 Prozent der insgesamt verbrauchten Energie fließen in Deutschland laut Bundeswohnungsbauministerium in Heizungen und Warmwasseranlagen. 80 Prozent dieser Energie werden nach wie vor durch fossile Brennstoffe erzeugt. Der Gebäudesektor hat damit einen sehr hohen Anteil an klimaschädigenden Emissionen. Die Kommunale Wärmeplanung soll vor Ort Wege zur klimaschonenden Nachhaltigkeit aufzeigen. Das Wärmeplanungsgesetz des Bundes schreibt Kommunen über 100 000 Einwohnern vor, bis 30. Juni 2026 einen Wärmeplan zu erstellen. Für kleinere Kommunen endet die Frist am 30. Juni 2028.
Baden-Württemberg
Mit der Novellierung des baden-württembergischen Klimagesetzes, die noch im ersten Quartal 2025 geplant ist, geht das Bundesgesetz in Landesrecht über. Kommunale Wärmeplanung ist dann Pflichtaufgabe für alle Kommunen. Von den vier bisherigen Pflichtkandidaten im Kreis Esslingen haben Esslingen, Filderstadt und Nürtingen ihre Pläne beim Regierungspräsidium abgegeben, der Kirchheimer Plan ist schon geprüft. Das Klimagesetz des Landes verpflichtet alle Großen Kreisstädte, auch unter 100 000 Einwohnern, schon jetzt zu Wärmeplänen.