Teile des ökumenischen Zentrums stehen zum Verkauf. Foto: Torsten Ströbele

Ein Teil des ökumenischen Zentrums soll veräußert werden. Die Stadt könnte einspringen.

Neugereut - Die Spatzen pfiffen es schon von den Dächern, nun ist es offiziell: Die katholische Kirchengemeinde in Neugereut möchte sich von ihren Räumlichkeiten im ökumenischen Gemeindezentrum trennen. Das gab Monsignore Oliver Lahl bei einer Gemeindeversammlung vor rund 50 Mitgliedern bekannt.

„Wir müssen ehrlich sein: Wir können uns das ökumenische Gemeindezentrum schon heute finanziell nicht mehr leisten, und wir werden es uns in fünf bis zehn Jahren überhaupt nicht mehr leisten können“, sagte Monsignore Oliver Lahl. Dafür gebe es verschiedene Gründe. Vor allem müsse die katholische Kirchengemeinde auf den stetigen Verlust ihrer Mitglieder reagieren. Auch am noch jungen Stadtteil Neugereut sei diese Entwicklung nicht spurlos vorbeigegangen. 40 Jahre nach der ersten Aufsiedlung seien auch dort die Mitglieder in die Jahre gekommen. „Ein guter Teil unserer Anfangsgemeinde ist in der Zwischenzeit verstorben oder in einem Alter, wo sie nicht mehr selbst aktiv das Gemeindeleben gestalten. Zudem wissen wir, dass die Neubürger in den seltensten Fällen Mitglieder unserer Gemeinde werden.“

Rund ein Viertel der Mitglieder hätte die Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten verloren. Nur noch 3700 Katholiken würden heutzutage in Neugereut leben. Und dafür sei die Infrastruktur vor Ort einfach zu großzügig bemessen. Im ökumenischen Gemeindezentrum am Flamingoweg gehört der katholischen Kirche ein großer Saal, ein Clubraum und die Kirche St. Augustinus.

Stadt Stuttgart könnte der einzige Interessent sein

„Wir würden nun gerne das Gesamtpaket an die Stadt Stuttgart abgeben“, sagt Monsignore Lahl. Allerdings sei ihm wichtig, dass die Räume für die Jugendarbeit erhalten blieben – in welcher Form auch immer. „Es wird sicherlich eine Lösung gefunden, die den Bedürfnissen der Jugendarbeit gerecht wird. Ich bin eher bereit, die Augustinuskirche mit anderen Gruppen zu teilen, als im Jugendbereich Abstriche zu machen.“

Oliver Lahl kann sich zum Beispiel vorstellen, die Kirche und den Clubraum nach dem Verkauf von der Stadt dauerhaft wieder anzumieten. „Wir sind für jeden Lösungsansatz erst einmal offen.“ Und so flexibel sollte sich die katholische Kirchengemeinde auch zeigen, denn so wie die Dinge liegen, könnte die Stadt Stuttgart der einzige potenzielle Interessent für die Räumlichkeiten am Flamingoweg sein. Das liegt vor allem auch daran, dass die evangelische Gemeinde ebenfalls einen Teil des ökumenischen Zentrums besitzt. „Bei uns stehen aber momentan keine räumlichen Veränderungen an“, sagt die Vorsitzende des evangelischen Kirchengemeinderats, Rosemarie Gessmann. Somit steht ein Verkauf des gesamten ökumenischen Gemeindezentrums nicht zur Debatte.

Wenn es nach Monsignore Lahl geht, sollen die Räume der katholischen Kirche künftig als Bürgerhaus genutzt werden. Von der Stadt und dem Stadtteilmanagement der Sozialen Stadt Neugereut wurde bislang eine Erweiterung des Jugendhauses favorisiert, um dort Räume für ein Bürgerhaus zu schaffen. Die Planungen laufen bereits auf Hochtouren. Eigentlich sollte im ersten Halbjahr 2012 ein Architektenwettbewerb ausgelobt werden. Momentan wird an einem Raum- und Betreiberkonzept gearbeitet. Die Zeit drängt also.

Einige Zahlen fehlen noch

„Um sagen zu können, ob das ökumenische Gemeindezentrum überhaupt als Standort für ein Bürgerhaus in Frage kommt, brauchen wir erst einmal noch einige Zahlen von der katholischen Kirche“, sagt Mühlhausens Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler. So sei beispielsweise noch nicht bekannt, von wie viel Quadratmetern hier überhaupt die Rede ist und was die Räume kosten sollen.

„Ich kann dazu leider selbst noch nichts sagen. Die Zahlen werden gerade zusammengestellt“, sagt Monsignore Lahl. „Aber die Fläche, auf der das Gemeindezentrum steht, gehört schon der Stadt Stuttgart. Es handelt sich also nur um den Gebäudekörper, und somit würden keine hohen Kosten anfallen.“ Die Prüfung dieser neuen Standort-Alternative für das Bürgerhaus wird die Umsetzung nun erst einmal verzögern.

Unabhängig von der Diskussion um die Räumlichkeiten im ökumenischen Gemeindezentrum konnte Monsignore Oliver Lahl bei der Gemeindeversammlung noch über eine zweite Entscheidung des Kirchengemeinderats berichten: die Fusion der Kirche St. Augustinus mit der Kirche St. Bonifatius in Steinhaldenfeld. „Wir werden die Verwaltung schlanker machen. Es werden aber keine Pfarrstellen gestrichen“, erklärt Oliver Lahl. Zudem würden selbstverständlich auch in beiden Stadtteilen weiterhin Gottesdienste stattfinden. „Wir haben ja auf jeden Fall hier noch die Kirche St. Monika.“ Aber definitiv müsse das Gemeindehaus und Pfarrbüro in Steinhaldenfeld zusammen mit Neugereut überdacht und neu konzipiert werden.

Termin: Bei der Sitzung aller Arbeitskreise der Sozialen Stadt am Dienstag, 17. April, wird unter anderem über die Entwicklung rund um das Bürgerhaus in Neugereut informiert. Beginn ist um 18.30 Uhr im Raum Olymp der Jörg-Ratgeb-Schule, Seeadlerstraße 3.