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Von Hamburgs Hafencity kann man in Stuttgart noch etwas lernen, findet A7-Reporter Jürgen Bock.

Hamburg - Zwei Wochen ist unser Autor unterwegs auf Deutschlands längster Autobahn, der A7. Größte Stadt an der Strecke ist Hamburg. Dort entsteht mit der Hafencity ein riesiger neuer Stadtteil, von dem man in Stuttgart noch lernen kann.

Zwischen den alten Backsteinhäusern der Speicherstadt duftet es nach Gewürzen. Teppichhändler hieven ihre Ware nach oben. Und während man mal links, mal rechts schauend vorwärts schlendert, bemerkt man kaum, dass sich die Szenerie nach und nach ändert. Plötzlich steht man vor der Baustelle der riesigen Elbphilharmonie. Baukräne dominieren den Horizont. Man ist mittendrin in der Hafencity.

Im früheren Hafen wächst ein riesiger neuer Stadtteil direkt am Wasser. Bürogebäude stehen neben Schiffsanlegern, die öffentlichen Plätze tragen Entdeckernamen. Unkontrolliert wuchert hier nichts. "Das geistige Grundgerüst ist ein Masterplan", sagt Henrike Thomsen von der Hafencity Hamburg GmbH. Dort ist festgeschrieben, dass die Stadt eine gemischte Nutzung will. Die Quartiere sollen unterschiedliche Schwerpunkte aufweisen, der maritime Charakter soll erhalten werden, die Bebauung nachhaltig sein.

Alles muss hochwassersicher sein

Die Umsetzung gelingt. Die Übergänge in die Innenstadt sind fließend, überall gibt es Blicke aufs Wasser, es entstehen zehn Kilometer Promenaden. Die Grundstücke werden nicht nach Höchstpreis, sondern nach Qualität des Konzepts vergeben. Firmengebäude wie die neue Unilever-Zentrale sind öffentlich zugänglich. "Die Stadt gibt sich hier extrem viel Mühe", sagt Thomsen.

Die Parallelen zu Stuttgart 21 drängen sich auf. Auch in Hamburg wird die Innenstadt erweitert - um stolze 40 Prozent. Über ein großes Einkaufszentrum im neuen Quartier hat man in der Hansestadt ebenfalls diskutiert. Doch man hat sich "bewusst dagegen entschieden", sagt Henrike Thomsen. Zwar ist das Überseeviertel, das gerade gebaut wird, als "kommerzielles Herz" gedacht, doch der Handel soll nicht zu geballt sein. Stattdessen wird ein Boulevard in die Innenstadt führen. Etwas weiter soll eine Wissenschaftsstadt entstehen, mit Unifakultäten, einem Design-Forum - und einer Gedenkstätte für die deportierten Juden.

Der Streit um Stuttgart 21 ist auch an der Elbe angekommen. Widerstand gegen die Hafencity aber kennt man dort nicht. "Das liegt wohl daran, dass dieser Teil des Hafengeländes selbst Hamburgern unbekannt war", vermutet Thomsen. Zudem sei die beliebte Speicherstadt durch das Projekt sogar noch aufgewertet worden.

In Hamburg steht das Thema Wasser und Hafen klar im Vordergrund. Zwischen den Gebäuden hat man bewusst alte Ladekräne aufgestellt. Selbst die Straßenlaternen sind ihnen nachempfunden. Doch die Lage an der Elbe bringt auch Nachteile: Alles muss hochwassersicher sein. Zumindest dieses Problem hat Stuttgart nicht. Doch ein Blick nach Norden könnte sich lohnen.