Rezo liefert derbe ab, wie er selbst sagen würde: Er mahnt sauberen Journalismus an. Foto: Rezo/Screenshot

Youtube-Star Rezo hat ein neues Erfolgsvideo: „Die Zerstörung der Presse“. Klingt nach Krawall, ist aber klug – und rechnet nicht nur mit schlampigem Journalismus ab, sondern auch mit der ganzen Blase der Verschwörungsschwätzer.

Stuttgart - Von soviel Neugier für ihre Meinungsbeiträge können viele Medien nur träumen: Der Youtuber Rezo hat am 31. Mai ein neues Video online gestellt, das schon am zweiten Tag auf die 1-Million-Klickmarke zumarschierte. Der Titel „Die Zerstörung der Presse“ verspricht ja auch Krawall und Feuerwerk und soll an den Clip „Die Zerstörung der CDU“ erinnern, mit dem Rezo 2019 selbst weniger netzaffinen Menschen ein Begriff wurde.

Wer Böses im Sinn hat, tut gut daran, diejenigen zu diskreditieren, die darüber berichten. Darum ist unter voller Nutzung moderner Kommunikationsmittel der Generalangriff auf die freie Presse im Gange. Der US-Präsident und russische Propagandaagenturen, deutsche Politradikale und profitorientierte Lügenschleudern, sie alle stellen den seriösen Journalismus als von dunklen Mächten gelenkte Falschinformationsmaschine dar. Hat sich nun auch Rezo diesen Hetzern angeschlossen?

Gegen Verschwörungstheoretiker

Ganz im Gegenteil. Den Youtuber beunruhigt das oft in Spott verpackte Misstrauen gerade junger Menschen gegenüber etablierten Medien. Und so versichert der 27-jährige: „Ich zerstöre in diesem Video gar nichts, sondern möchte Missstände herausarbeiten“.

Dazu analysiert er zunächst einmal, wie Verschwörungstheoretiker argumentieren, polemisieren und scheininformieren. Und dann zeigt er, wie deren Techniken und Finten manchmal auch in etablierten Medien Anwendung finden.

Der studierte Informatiker knöpft sich dabei auch die Boulevardpresse bevor. Er begeht nicht den Fehler, deren Entgleisungen als symptomatisch für den Berufsjournalismus zu nehmen. Aber er mahnt zweierlei an. Erstens dürften den Medien mit Anspruch die Mittel des Boulevards nicht durchrutschen, eben weil einzelne Falschmeldungen oder Verdrehungen schnell das Bild der ganzen Branche verdunkeln. Zweitens brauche es eine klare Abgrenzung gegenüber den schwarzen Schafen der Branche. Man interpretiert Rezo wohl nicht falsch, wenn man sein Video als Aufruf zu fortwährender Medienkritik in den Medien selbst sieht.

Junge Sprache

Gerade unter dem Blickwinkel der Medienkritik darf man Rezos Video aber nicht nur auf den Inhalt reduzieren. Eine Stunde lang spricht der Youtuber frontal in die Kamera, nur gelegentlich unterstützt von eingeblendeten Bildern, Textschnipseln und Statistiken, ohne die Zuschauer zu ermüden. Er formuliert forsch und argumentiert klar, ohne in Alphamännchen-Besserwisserei zu verfallen. Und er nutzt eine junge, von Anglizismen durchsetzte Sprache, die nie aufgesetzt oder albern klingt. Rezo kann sich sicher sein, dass ihn seine junge Zielgruppe versteht, und muss sich nicht groß darum kümmern, ob er ältere Zuhörer mit dem Adjektiv „whack“, dem Substantiv „move“ oder der Wendung „derb abliefern“ konsterniert oder abhängt.

So kann er zwar politische und gesellschaftliche Themen verständlich, energisch und packend aufbereiten. Aber seine Methode taugt eben nicht für generationsübergreifende Massenmedien. „Die Zerstörung der Presse“ weist auch auf dieses Grundproblem: Finden wir in einer in Cliquen, Nischen und Generationskorridore unterteilten Gesellschaft noch eine gemeinsame Sprache, der alle zuhören und die alle nutzen können?