Die Ukrainerin, die ziemlich biegsam ist, tritt in einer zweiten Nummer auf dem Boden als Schlangenfrau auf. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Das Winterprogramm des Friedrichsbau Varietés feiert an diesem Freitag Premiere. Die „Grande Revue“ bietet eine bunte Mischung aus Darbietungen von Showgirls und spannender Akrobatik.

Stuttgart - Es ist wieder an der Zeit für eine echte Revue, dachte sich der Geschäftsführer des Friedrichsbau-Varietés, Timo Steinhauer; etwas mit Eleganz und Extravaganz, Showgirls, die federleicht über die Bühne schweben, und Akrobaten, die scheinbar ebenso leicht Schwerstarbeit verrichten. Regisseur Ralph Sun hat dem Showkonzept aus längst vergangenen glamourösen Zeiten ein gegenwärtiges Gewand verpasst: die „Grande Revue“ kommt äußerst zeitgemäß daher.

Auftritt Las Vegas Showgirls: Die fünf jungen Damen lassen die Beine in bester Moulin-Rouge-Manier fliegen – und wie schon bei den Mädchen am Pariser Montmartre vor 100 Jahren sind die Absätze hoch, die Beine lang, die Andeutung eines Rockes und das knappe Top plüschig, der Schmuck gleißend im Licht der Scheinwerfer. Das ist in der Tat elegant und schön anzuschauen dazu und zaubert gleichzeitig einen Hauch von Las Vegas in das Varieté auf dem Pragsattel, weil sich eine Sängerin dazugesellt. Cassie McIvor schmettert „Big Spender“, jenen Musicalhit von 1966, den nicht nur Shirley Bassey erfolgreich nachgesungen hat. Die Australierin McIvor, die vor drei Jahren bei der Eröffnung des gigantischen Casino-Komplexes Studio City in Macau im Vorprogramm von Mariah Carey sang und auf allen Kontinenten aufgetreten ist, bringt einen Hauch von großer Welt in die große Revue. „Hey, big Spender“, singt McIvor, „spend a little time with me.“ Gerne verbringt der Zuhörer etwa Zeit mit ihr und lauscht ihrer beeindruckenden Stimme.

Nüchternes Bühnenbild

Regisseur Sun hat die Nummern der Show nicht nur mit neuerer Musik aus den großen Zeiten des Moulin Rouge oder des Lido in die Gegenwart geholt. Das nüchtern gehaltene Bühnenbild, das die Konzentration auf die Akteure fördert, und die nur zu Beginn flauschig wirkenden Kostüme machen zu jeder Zeit deutlich, dass die „Grande Revue“ im Hier und Jetzt stattfindet.

Während unsereins eher widerwillig zur Aluminiumleiter greift, weil dann meist ein handwerklicher Kraftakt bevorsteht, passt zwischen die Brüder Anatoliy und Nikolay Kukharenko und ihre Kletterhilfen kein Blatt Papier. Die beiden Ukrainer mit den raumgreifenden Waschbrettbäuchen rennen die frei stehenden Leitern förmlich hinauf, bis sie der vorletzten Sprosse in einer Höhe zu schweben scheinen, in der unsereins schon Schwindel bekäme, wenn die Leiter an einer Wand lehnte.

Lange Körper, die sich verbiegen

Apropos Schwindel: Der kann den Betrachter schon packen, wenn er Anastasiia Potorochenko bei der Arbeit zusieht. Die Ukrainerin, anders als andere Akrobatinnen von eher großer Statur, klettert geschmeidig wie eine Katze zwei von der Decke hängende Stoffbahnen hinauf, um sich dann grazil in diesen zu winden, mal ein Stück abstürzen zu lassen, bis die Seide sie wieder hält. Kein Wunder ist die Frau, die auch auf den Plakaten und Flugzetteln von „Grande Revue“ zu sehen ist, so dehnbar: Sie trainiert schon lange, ihren Körper zu verbiegen, und zeigt sich in einer zweiten Nummer als Schlangenfrau in Posen, die der menschlichen Natur vermeintlich widersprechen.

Ein wenig frivol moderiert von Hot Mr. C, gibt es in der mit Pause zweieinhalbstündigen Show noch mehr Akrobatik am Luftring, mit Jonglage und sogar in und auf der Badewanne. Neben dieser Nummer der Franzosen Cécile und Roman sind es die jungen Tänzer Indra und Alex, die eine Prise Erotik ins Programm bringen. Wie sie einander umschleichen, aneinanderschmiegen und im Ballettsprung wieder voneinander entfernen, machen sie die Chemie zwischen Liebenden spürbar und fast greifbar. Auch das ist Teil einer echten Revue, wie sie das Friedrichsbau-Varieté mal wieder auf seine Bühne bringen will.