Hereinspaziert! Die Räume, die besichtigt werden, liegen auf zwei Ebenen im Mittelteil des Schlosses. Die Eingangshalle, der opulente Treppenaufgang und der Marmorsaal sind prunkvoll ausgestattet und erinnern an die Zeit, als das Schloss für den Herzog gebaut wurde. Foto: 7aktuell.de/Florian Gerlach

Die Portale des Neuen Schlosses in Stuttgart haben sich am Samstag für Besucher geöffnet. Ministerpräsident Kretschmann höchstpersönlich hat die Interessierten durchs altehrwürdige Gebäude geleitet. Wir waren mit der Kamera dabei.

Die Portale des Neuen Schlosses in Stuttgart haben sich am Samstag für Besucher geöffnet. Ministerpräsident Kretschmann höchstpersönlich hat die Interessierten durchs altehrwürdige Gebäude geleitet.

Stuttgart - Ärger mit der Energiewende, Zoff um den Nationalpark und Streit beim Haushalt: Mit den alltäglichen Mühlen des Politikbetriebs will sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) jetzt nicht befassen. Im Anzug mit grüner Krawatte steht er im Marmorsaal des Neuen Schlosses in Stuttgart und erzählt den etwa 50 Besuchern vom „Genussteil, den Orchideenseiten des Regierens.“ Der Landesvater hat am Samstag die Tore seines Schlosses geöffnet, um persönlich durch die historischen Gemäuer im Mitteltrakt zu führen.

Der Mitteltrakt gehört zum Staatsministerium und wird sonst nur für repräsentative Zwecke genutzt - weil der Landtag saniert wird, derzeit auch für den Politikbetrieb. Führungen sollte es eigentlich bis zum Ende der Bauzeit in etwa zweieinhalb Jahren nicht geben. „Eine zu lange Zeit“, findet Kretschmann: „Die Menschen interessiert, wie es hinter den historischen Mauern aussieht“, sagt er.

Das Barockschloss habe den Fürsten einst zur Selbstinszenierung gedient, erzählt Kretschmann. „Das mögen die Leute heute nicht mehr, wenn Politiker Show machen.“ So seien Gäste früher auch nur „ganz oben in der Belle Etage“ vom Fürsten empfangen worden. Und je näher sie dem Herrscher rückten, „desto prunkvoller und prächtiger“ zeigte sich das Schloss. Diese Zeiten seien längst vorbei, heute hole er seine Staatsgäste außen vom Auto ab. „Zumal die meisten Staatsgäste auch hochrangiger sind als ich Provinzfürst.“

Die Räume, die besichtigt werden, liegen auf zwei Ebenen im Mittelteil des Schlosses. Die Eingangshalle, der opulente Treppenaufgang und der Marmorsaal sind prunkvoll ausgestattet und erinnern an die Zeit, als das Schloss für den Herzog gebaut wurde.

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„Das ist mein schönstes Dienstzimmer“, sagt Kretschmann und führt die Besucher an den wuchtigen Schreibtisch aus edlem Kirschholz. „Aber ob es zu mir passt, ist eine andere Frage.“ So ganz wohl scheint er sich der Grünen-Politiker nicht zu fühlen. Den französischen Schreibtisch aus dem Jahr 1780 benutze er nie. „Es wäre ja schade, wenn mir da der Filzstift ausrutscht.“

Weiter geht es zum Thronsaal: Das ovale Zimmer mit den abgehängten Decken erinnert kaum mehr an herrschaftliche Zeiten. Nur das Gemälde von Herzog Carl Eugen zeigt, wer hier einmal regiert hat. „Hier tagt jeden Dienstag der Ministerrat“, erklärt Kretschmann. Und gibt einen Einblick in die Regierungsarbeit: „Meine Devise ist: Im Kabinett wird entscheiden, nicht diskutiert. Aber jeder Regierungschef hat einen anderen Stil.“

„Das ist jetzt wirklich die gute Stube des Hauses“, erzählt Kretschmann im Marmorsaal, seinem Lieblingsraum. „Hier werden nur hochrangige Staatsgäste empfangen.“ Da gehe es dann um die besagten Orchideen des Regierens. „Das wertvollste sind die Silberleuchten. Die wurden in schweren Zeiten oftmals eingeschmolzen, um Münzen draus zu machen. Ein Wunder, das sie uns erhalten geblieben sind.“

Der Spätbarockbau ist eines der letzten großen Stadtschlösser Süddeutschlands und erinnert an die französischen Vorbilder des 17. Jahrhunderts. Der baden-württembergische Herzog Karl Eugen ließ die dreiflügelige Anlage von 1746 bis 1807 in Anlehnung an das berühmte Schloss von Versailles errichten. Später zogen nacheinander drei Könige in das Schloss ein.

Nach der Regierungsübernahme hatte Kretschmann kein Hehl daraus gemacht, dass er mit seinem Büro gerne von der Stuttgarter Halbhöhenlage der Villa Reitzenstein in das Stadtzentrum ziehen würde. Auch das Schloss stand als Amtssitz zu Debatte. Da sei er näher bei den Bürgern, sagte er wiederholt. „Eigentlich sollte eine Bürgerregierung unter dem Volk sein.“ Doch aus den Plänen wurde nichts. Letztlich sei aber wichtiger, wie regiert werde als wo.