Foto: Entwurf: Milla und Partner

Die Landesregierung will ausloten, wie das Neue Schloss für die Bürger geöffnet werden kann, besteht aber auf Nutzung durch Ministerien.  

Stuttgart - Ein Schloss als offener Ort für den Souverän, die Bürger – Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist von der Idee eines Bürgerschlosses angetan. Allerdings sieht er zurzeit nur die Chance, das Konzept des Stuttgarter Kommunikationsgestalters Johannes Milla in Teilen zu verwirklichen.

Diejenigen, für die Johannes Milla das Neue Schloss gerne öffnen würde, sind sich einig. Einen Prachtbau, jederzeit zugänglich für alle – das finden viele Baden-Württemberger klasse. Hunderte von Mails und Briefe an den Stuttgarter Kommunikationsgestalters, auch an die Redaktion der Stuttgarter Nachrichten, dürfen durchaus als Beleg dafür gelten. An prominenten Unterstützern dieser Idee fehlte es im April 2012, als Milla sein Konzept in dieser Zeitung erstmals präsentierte, ebenso wenig, unter ihnen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) oder auch dessen Nachfolger Fritz Kuhn (Grüne). Dafür waren manche, die bei dem Projekt dem Souverän hätten weichen müssen, verunsichert. „Mich bringt hier keiner raus“, soll sich erst kürzlich ein Landesbeamter über die Idee Bürgerschloss mokiert haben.

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Das Neue Schloss wird zum Neuen Bürgerschloss auf einer größeren Karte anzeigen

Der Mann darf vermutlich im Schloss bleiben. Ein Treffen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Johannes Milla in der vorigen Woche lässt sich kaum anders deuten. „Der Ministerpräsident war von der Idee angetan“, sagte zwar ein Sprecher des Staatsministeriums. Aber nach dem Auszug des Kultusministeriums werde wie geplant das Wirtschaftsministerium im Planie-Flügel des Schlosses untergebracht. Das sei „beschlossene Sache“, finanzielle Spielräume gebe es nicht, so der Sprecher. Dessen ungeachtet habe Kretschmann signalisiert, zumindest Teile des Milla’schen Konzepts umsetzen zu wollen. Es werde jetzt „auf höherer Ebene darüber gesprochen, was möglich ist“.

Ein Projekt gegen Politikverdrossenheit

Milla hatte im April vorgeschlagen, das Neuen Schloss zu einer Art Schaufenster Baden-Württembergs zu machen. Die Menschen selbst sollen im neuen Bürgerschloss das Beste des Landes präsentieren können. Eine Art Politiklabor für Kinder und Jugendliche sind Teil des Konzepts, dazu ein gastronomisches Angebot, das die Vielfalt des Landes beim Essen und Trinken widerspiegelt. Wichtiger Bestandteil der Idee: Das Schloss darf nicht mehr unüberwindbarer Riegel zwischen Schlossgarten und Innenstadt, der Ehrenhof nicht länger nur Beamtenparkplatz sein.

Für Milla ist „das Projekt neues Bürgerschloss keine Vision für Zeiten voller Kassen und politischen Schönwetters, sondern als Projekt politischer Bildung und Partizipation dringend notwendig“. Gewissermaßen ein Projekt gegen Politikverdrossenheit. An der Umsetzung einer kleinen Lösung nach der Lesart Kretschmanns würde sich Milla – „ja, natürlich“ – beteiligen. Der Kommunikationsgestalter hat dabei vor allem den Mitteltrakt im Blick, der mit dem Marmorsaal für repräsentative Zwecke der Landesregierung weitgehend dem Ministerpräsidenten vorbehalten ist. Die Idee eines großen Symbols, einer großen gläserne Urne mit so vielen Stimmzetteln, wie das Land Wahlberechtigte hat, wäre also nicht vom Tisch.

Haltung der Landesregierung irritiert Milla

Bei aller Zuversicht nach seinem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten, zumindest ein Teilbürgerschloss zu verwirklichen, irritiert Milla die Haltung der Landesregierung zuweilen. Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) etwa habe ihm zwar mitgeteilt, eine Umsetzung von kleinen Teilen des Konzepts sei in kleinen Schritten denkbar, eine Komplettöffnung aber aus finanzieller Sicht nicht machbar.

Aus Millas Sicht bleibt mit der jetzt offenbar zementierten Neuordnung der Ministerien eine große Chance ungenutzt. Der stellvertretende Ministerpräsident habe „die Jahrhundertchance verstreichen lassen, als Sozialdemokrat mit der 200-jährigen absolutistischen Tradition der Schlossnutzung zu brechen, die mit Herzog Carl Eugen begann“. Von einem ganzen Bürgerschloss, wie es sich Johannes Milla vorstellt, wären vor allem Schmids Ministerien betroffen.