Eine Ankunft mit großen Ambitionen: Das Laesâ startet am Wilhelmsplatz gleich in der obersten Schublade. Gehört das Restaurant auch in diese Kategorie?
Im Laesâ, das ist Konzept, geht es ganz entspannt zu. Auf der einen Seite. Die jungen Mitarbeiter sprechen alle mit Du an, es wird gescherzt, der Gast darf während des Abends in die Küche marschieren und den Jungs beim Arbeiten zuschauen. Auf der anderen Seite geben die Newcomer am Stuttgarter Gourmet-Himmel unumwunden zu: Sie fordern ihre Gäste. Das Menü braucht seine Zeit und einige Erklärungen. Der Besuch ist ziemlich große Oper.
Mutige Preisgestaltung
Eine gefühlt ewige Genese begleitete das Laesâ – vom Pop-up an der Theo-Heuss über den Absprung vom eigens nach Stuttgart geholten Spitzenkoch Denis Jahn bis hin zur langwierigen Sanierung des Murrhardter Hofs am Wilhelmsplatz. Im Laesâ steht nun das Team im Vordergrund mit Emilio Löffler, Moritz Bilsing und Nick Friede in der Küche, der galanten Gastgeberin Paulina Gercken und dem Sommelier Nikolas Reidt, der zu jedem toll ausgesuchtem Wein und jedem aufwendig hergestellten alkoholfreien Getränk einen Roman erzählen kann. Weder bei den Ambitionen noch bei den Preisen wurden Abstriche gemacht. Sechs Gänge kosten 165 Euro, die Weinbegleitung 120 Euro. Das ist mutig, so ganz ohne Meriten, aber im edlen Ambiente des Lokals wirkt es angemessen.
Die Herausforderung gehen die Köche mit Können und Humor an. Als Gruß schicken sie ein Minilaugenbrötchen mit Gänseleber, das die schwäbische Seele des Lokals symbolisiert, der klasse Schaschlik-Spieß mit Wagyu-Rind verortet es in der Altstadt (Brunnenwirt!), die feine Fischpraline zeigt das Niveau. Mit einem Augenzwinkern geht der Prolog weiter, auf die pochierte Auster folgt als Hommage an den Murrhardter Hof eine Maultasche mit Kartoffelsalat, geschmelzten Zwiebeln und Apfelmus. Die Gänseleber zum ersten Gang unterstreicht die kreative, detailversessene Herangehensweise mit einer superzarten, von allen Äderchen befreiten Leber, die mit einer Gaishirtle-Mini-Birne und Brioche kombiniert wird. Reine Harmonie von Frucht und Fleisch!
Der knackig gegarte Fenchel in Verjus mit Haselnüssen kann als interessantes Experiment abgehakt werden, das als eigener Gang zelebrierte Miso-Sauerteig-Brot könnte auch Beilage bleiben. Die Jakobsmuschel auf der Sauce Mornay ist wieder perfekt glasig gegart, das Hauptgericht mit butterweichem Kinn vom Iberico-Schwein mit Schwarzbiersoße und Spitzkohlsalat mit Hirtenkäse ist sehr, vielleicht etwas zu geschmacksintensiv. Das als Zwischengang eingeschobene Landei mit Kaviar, Bucheckern und Meerrettichschaum liefert unglaubliches Umami und bleibt als Publikumsliebling aus der Anfangszeit auf der Speisekarte. Mit einer Zitronentarte legt das Laesâ-Team noch ein wunderbar erfrischendes Finale nach einem genussvollen, spannenden Abend vor.
Laesâ, Wilhelmsplatz 6, S-Mitte, Telefon 07 11 / 33 62 03 81. Geöffnet Donnerstag bis Sonntag ab 18.30 Uhr, Neu ist das Bistro: Freitag und Samstag von 12 bis 17 Uhr. www.laesa.de