Die Fellow Sophie Uli Ullrich hilft ihrem Schützling Martin bei der Erstellung seines Wochenplans und erarbeitet mit ihm sein neues Wochenziel. Foto: factum/Granville

Manche Schüler brauchen weniger Unterstützung, manche etwas mehr. Für diese Fälle bietet die Stiftung Teach First Deutschland die Hilfe durch sogenannte Fellows an. Sie helfen den Kollegen und den Kindern.

Ludwigsburg - Eigentlich wollte Sophie Uli Ulrich nie Lehrerin werden. Und dennoch verdient die 26-Jährige aus Freiburg seit einem Jahr ihre Brötchen an der Ludwigsburger Justinus-Kerner-Schule. Zwar nicht als Lehrerin, aber als sogenannte Fellow, was man in diesem Zusammenhang mit Kumpel oder mit Kollege übersetzen könnte. Als solcher ist Sophie Uli Ulrich über die in Berlin ansässige, gemeinnützige GmbH Teach First Deutschland nun beim Land Baden-Württemberg als pädagogische Assistenzkraft angestellt und unterstützt die Lehrkräfte an der Werkrealschule für die Dauer von zwei Schuljahren.

Es ist kein gewöhnlicher Job, den die junge Frau mit den lockigen Haaren da macht. Vielmehr setzt sie an den Stellen an, an denen Lehrer nicht mehr unbedingt weiterhelfen können; aber nicht, weil sie es nicht könnten oder wollten – sondern weil ihnen schlicht die Zeit dafür fehlt. „Die Fellows sollen nicht die Lehrer ersetzen oder ihnen in die Arbeit reinreden, sondern sie sind die perfekte Ergänzung zu den Kollegen“, betont der Schulleiter Peter Widmeier. Gerne sähe er noch mehr dieser Hilfskollegen an seiner Schule, auch die Lehrer seien begeistert von dem Projekt. Bewilligt wurde ihm vom Land zunächst allerdings nur eine Stelle.

Das Kultusministerium befürwortet das Programm

Derzeit sind landesweit 25 Fellows im Einsatz. „Wir halten dieses Programm für äußerst gewinnbringend und zielführend, wissen aber derzeit nicht, ob wir die Zahl der Fellows in naher Zukunft erhöhen können“, sagte Florian Gleibs vom Kultusministerium in Stuttgart. Die Behörde habe allerdings ein großes Interesse an der Weiterführung des Projekts und auch am Ausbau der Anzahl der Fellows.

Nach Ansicht Widmeiers sind Mitarbeiter, die von außen kommen und nicht den klassischen Weg hin zum Pädagogen durchlaufen haben, eine Bereicherung für das Kollegium und die Kinder und Jugendlichen. „Wenn ein Schüler etwa eine Frage zu einem konkreten Beruf hat, kann das ein Fellow meist besser beantworten als ein Lehrer“, sagt der Rektor. Lehrer sagten aus Sicht der Schüler „doch immer nur das Gleiche“, bei Leuten von außen hörten die Schüler manches Mal besser zu. Sophie Uli Ulrich etwa wäre ein guter Tippgeber für den Beruf des Kochs. „Ich bin in der Gastronomie aufgewachsen und habe viel in dem Bereich gearbeitet. Also kenne ich mich super aus und kann wertvolle Hinweise geben“, sagt sie.

Für Fleiß gibts einen Aufkleber

Die andere Art ihrer Hilfe sieht so aus, dass sie sich einzeln mit den Schülern zusammensetzt und deren Wochenpläne durchgeht. Was steht an, was muss gelernt werden? Welche Aufgaben sind zu machen, was ist das Lernziel für die nächste Woche? Der 13 Jahre alte Martin etwa hat für die vergangene Woche alle Aufgaben abgearbeitet, gibt aber selbst zu, dass er noch immer Probleme mit seiner Handschrift hat. Also schreibt er als Lernziel auf den Zettel: „Meine Handschrift verbessern.“ Auch der 15 Jahre alte Lucas war fleißig und hat alle Aufgaben erledigt; auch für ihn gibt es als Belohnung einen Aufkleber aufs Heft. Er muss allerdings noch an seiner Ordnung arbeiten, die Arbeitsblätter sollten besser sortiert und eingeheftet werden. Der Teenager findet es gut, dass sich seine Fellow um ihn und seine Klassenkameraden kümmert. „Die Betreuung ist eine Erleichterung für mich, ich finde es toll“, sagt er. Durch „Frau Ulrichs“ Motivation und ihre Hilfe könne er sich besser konzentrieren und besser lernen.

Den Schülern ihre Stärken zeigen

Für Sophie Uli Ulrich, die derzeit ihr zweites Schuljahr in Ludwigsburg absolviert, ist der Job als Fellow die ideale Gelegenheit, sich für bessere Bildungschancen für alle Kinder einzusetzen. Die Erfolge sehe man zwar nicht immer sofort, sondern vor allem in der langfristigen Entwicklung der Schüler. Neben Lernhilfen bietet sie zudem beispielsweise eine Tanz-AG an, sie hilft bei Analphabetismus und nimmt sich viel Zeit für Gespräche mit den Schülern.

Generell gehe es ihr nicht darum, den Schülern den Lernstoff einzupauken. „Ich möchte ihnen aber beibringen, ihre eigenen Stärken zu erkennen, und setze dann die entsprechenden Impulse“, sagt sie.

Das Fellow-Projekt im Land

Fellows im Land
: Teach first Deutschland wurde 2009 gegründet, seit 2010 gibt es auch in Stuttgart ein Büro. Landesweit sind aktuell 25 Fellows im Einsatz, davon zwei in Ludwigsburg (Justinus-Kerner- und Hirschbergschule). Bundesweit gibt es 130.

Auswahl:
Als Fellow können sich alle Hochschulabsolventen mit sehr gutem Abschluss bewerben. Das Bewerbungsverfahren hat mehrere Durchläufe. Wer genommen wird, muss mehrwöchige Fortbildungen und Trainings absolvieren.

Verdienst
: Kooperationspartner der gemeinnützigen GmbH sind die Länder. Bei ihnen sind die Fellows angestellt. Der Verdienst liegt in der Regel zwischen 1800 und 2000 Euro brutto. Die Einsatzzeit beträgt zwei Jahre, der Umzug an den Einsatzort ist Voraussetzung.